Das Jahr 2018 war nur ein Vorgeschmack

Rostkrankheiten im Getreide – aktuelle Situation

Zu Recht stellen sich Landwirte die Frage, wie sich die durch den Klimawandel veränderte Witterung auf das Auftreten von Schadorganismen auswirkt. Um die Antwort zu finden, sind neben Klimaveränderungen Faktoren wie Erregerpopulation, Sorteneigenschaften und Anbaubedingungen zu berücksichtigen. Für Gelbrost (Puccinia striiformis), Braunrost (Puccinia triticina) und Schwarzrost (Puccinia graminis) soll dies im Folgenden beispielhaft dargestellt werden.

Gelbrost, typisches Befallsbild mit aufgereihten, gelben Sporenlagern entlang der Blattader.

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In Studien zum Klimawandel wird eine Erwärmung prognostiziert. Besonders in den Herbst- und Wintermonaten ist zukünftig mit höheren Temperaturen zu rechne. Bei den Niederschlägen wird davon ausgegangen, dass diese vorrangig in den Wintermonaten von November bis März fallen, gefolgt von einer Frühsommer- und Sommertrockenheit. Das Jahr 2018 hat uns somit als „Vorbote“ dieser Prognose das Wetter der Zukunft gezeigt.

Auftreten und aktuelle Situation

Der Gelbrost (Puccinia striiformis) der seit 2014 eine Renaissance erlebt, tritt nun zum Teil epidemisch auf. Ursache ist das Vorkommen neuer Rassen, welche die bisher bestehenden Sortenresistenzen überwinden. Am verbreitetsten ist dabei der Warrior-Typ der 11 von 14 Resistenzmechanismen, welche in den Getreidesorten verankert sind, durchbrechen kann. Zudem ist dieser Gelbrosttyp in der Lage, wesentlich mehr Sporen zu bilden. Dadurch kann sich der Warrior-Typ gegenüber früheren Gelbrosttypen schneller und stärker verbreiten.

Zusätzlich trifft die veränderte und aggressivere Gelbrostpopulation nun auf günstige Witterungsbedingungen. Die Ausbreitung erfolgt über Wind, wobei auch sehr weite Distanzen überwunden werden. Im Herbst erfolgt eine Ãœbertragung durch die sogenannte „Grüne Brücke“ von befallenen alten Getreidebeständen auf junge Pflanzen von Frühsaaten und Ausfallgetreide.

Gelbrost mag es kühl und feucht

Der Gelbrost benötigt zur Entwicklung eher kühle und feuchte Bedingungen. Daher kam er bis etwa 2010 vorzugsweise im Norden Deutschlands vor. Für den Gelbrost liegt das Temperaturoptimum für eine rasche Entwicklung zwischen acht und zwölf Grad Celsius. Das mildere Klima (wie 2017/2018) im Zeitraum Herbst-Winter-Frühjahr ermöglicht aktuell Infektionen auch in südlichen Regionen, die vor rund einem Jahrzehnt auf Grund der kühleren Temperaturen kaum vorkamen.

Positiv ist zu nennen, dass das Bundessortenamt sofort nach dem Starkauftreten 2014/15 reagiert hat und die Einstufungen der Sorten gegenüber der veränderten Gelbrostpopulation angepasst wurden. Aktuell sind mehr als 60 Prozent der Sorten mit einer guten bis sehr guten Widerstandskraft gegenüber Gelbrost (BSA-Note mind. 4 und besser) ausgestattet. Weiterhin erfolgt jährlich eine Aktualisierung der Sortenbewertung.

Intensiver Braunrost-Befall mit braunen Sporenlagern, die lose verteilt über das Blatt erscheinen.

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Bisher keine Fungizidresistenzen beim Gelbrost

Auch positiv ist die Verfügbarkeit von Fungiziden. Bisher treten keine Fungizidresistenzen bei Gelbrost auf. Bei anfälligen Sorten ist eine Behandlung mit zugelassenen Präparaten bei Feststellung des ersten sporulierenden Befalls angeraten. Bei resistenten und hochresistenten Sorten kann geringer Befall zu einem sehr frühen Zeitpunkt toleriert werden, insbesondere, wenn keine Sporulation (gelbe Sporenmasse) festgestellt wird. In diesen Fällen kann beispielsweise beim Auftreten weiterer Pathogene, wie Septoria-Blattflecken, die Mittelwahl so erfolgen, dass beide Erreger dezimiert werden.

Zahlreiche Sorten mit Braunrost-Resistenz

Der Braunrost (Puccinia triticina) an Weizen tritt in unseren südlichen Anbaugebieten regelmäßig auf. Denn Braunrost benötigt höhere Temperaturen als Gelbrost für eine optimale Entwicklung. Das Optimum liegt bei 14 bis 20 Grad Celsius, die für ein epidemisches Massenauftreten notwendig sind. Jedoch ist Braunrost auch in der Lage, sich in einem breiten Temperaturspektrum von fast 0 bis 30 Grad Celsius zu entwickeln. Dann aber langsamer und weniger intensiv. Die Ausbreitung erfolgt ebenfalls durch Wind insbesondere im Herbst über die „Grüne Brücke“.

In den Beständen ist Braunrost häufig bereits im Herbst bis hin zum Frühjahr vorhanden. Bleibt aber in der Regel auf einem geringen Level und wird in der Praxis kaum wahrgenommen. Beim Eintreten optimaler Witterungsbedingungen im Frühsommer kommt es dann rasch zur Massenvermehrung und teils zu starken Epidemien.

Schwarzrost: Typischer Stängelbefall durch aufreißen der Epidermis werden Sporen freigesetzt.

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Beim Braunrost sind ausreichend Sortenresistenzen vorhanden. Insbesondere neu zugelassenen Sorten verfügen über gute bis sehr gute Braunrostresistenz (BSA-Note 4 und besser). Für Braunrost zugelassene Fungizide in Deutschland wirken bisher gut. Der Behandlungsbeginn richtet sich nach der Schadschwelle 33 Prozent befallene Halme (entspricht 17 von 50 Halmen, 1/3 der Halme) ab BBCH 37 (Ende Schossen; Erscheinen des Fahnenblattes). Die Terminierung kann leicht mit Prognosemodellen erfolgen, die unter www.isip.de und pflanzenschutz.rlp.de verfügbar sind.

Schwarzrost ist sehr wärmeliebend

Der Schwarzrost (Puccinia graminis) ist in Deutschland bisher vorrangig an Roggen bekannt. Jedoch wurden in Untersuchungen des Julius Kühn Institutes verstärkt Auftreten auch in Weizenbeständen festgestellt. Die Ursachenforschung ist in vollem Gange. Als Komponenten sind zu einem die höheren Temperaturen der letzten Jahre zu nennen. Denn der Schwarzrost ist sehr wärmeliebend mit einem Optimum bei 15 bis 22 Grad Celsius.

Zum anderen wurde auch sexuelle Vermehrung an Zwischenwirten in Deutschland registriert. Folglich können neue Rassen mit veränderten Umweltansprüchen entstehen. Eine epidemische Ausbreitung, ähnlich wie bei Gelbrost 2014, ist denkbar. Vorausgesetzt, es bildet sich ein entsprechender Schwarzrosttyp, der auf optimale Bedingungen trifft.

Der Anteil resistenter aktuell zugelassener Sorten liegt bei zirka 40 Prozent. Ein höherer Anteil wäre wünschenswert. Doch die Sortenzüchtung steht hierbei vor einer Herausforderung, denn Sortenresistenzen gegenüber Schwarzrost sind schwierig einzuzüchten, und der Erreger ist sehr variabel. Derzeit sind keine Fungizide gegen Schwarzrost in Weizen zugelassen. Entsprechende Zulassungen oder Zulassungserweiterungen wären wünschenswert.

Rostpilze gehören zu den Gewinnern des Klimawandels

Zukünftig stehen strategisch kluge, vorbeugende, pflanzenbauliche Maßnahmen der Landwirte im Vordergrund, um die Getreidebestände vor Rostbefall zu schützen. Als Gegenmaßnahmen gegen Rostpilze gilt es, den Infektionsweg über die „Grüne Brücke“ vermeiden. Dies ist durch das Entfernen von Ausfallgetreide und die Vermeidung früher Saaten möglich. Denn von abgereiften, befallenen Beständen und Pflanzenresten kann Sporenmaterial die jungen Pflanzen infizieren (ein Hauptübertragungsweg für Braun- und Gelbrost).

Überversorgte Pflanzen sind anfälliger gegenüber pilzlichen Erregern. Bei Rosten gilt dies insbesondere für hohe Stickstoffversorgung.

Viele Sorten im Anbau senken das Risiko

Die Sortenvielfalt in Anbaugebieten sollte aufrechterhalten werden. Denn wird die Sortenresistenz einer Sorte gebrochen und ist diese im Anbaugebiet (und darüber hinaus) mehrheitlich vertreten, ist das Ausbreitungs- und Schadenspotenzial sehr hoch. Verschiedenen Sorten mit unterschiedlichen Resistenzeigenschaften verringern diese Gefahr. Der Resistenzstatus des ausgewählten Getreides wird durch die Bundes- und Landesbehörden beachtet, und die entsprechenden Informationen werden an die Landwirte weitergegeben. Bei der Sortenwahl sind Sorten mit einem hohen Anteil an horizontaler Resistenz und einer BSA- Note von vier und besser zu bevorzugen.

Der Befallsstatus im Feld sollte durch Beobachtungen und Bonituren erfolgen. Sehr gute Hilfestellung erhält der Landwirt durch verschiedene Prognosemodelle (s.v.).

Bekämpfungsschwellen für den Einsatz von Fungiziden sollen aus ökologischer und ökonomischer Sicht beachtet werden. Ist ein Fungizideinsatz notwendig, sollte der Einsatz auf das notwendig Maß beschränkt bleiben. Bei Braun- und Gelbrost sind bisher keine relevanten Resistenzen in unserem Anbaugebiet bekannt. Alle gegen Braunrost und Gelbrost zugelassenen Fungizide wirken. Bei Schwarzrost sind keine zugelassenen Fungizide verfügbar.

Ausblick und Aktivitäten

Der Pflanzenschutzdienst des Landes Rheinland-Pfalz beobachtet vom Schossen bis zur Abreife landesweit Referenzstandorte und stellt diese Informationen tagesaktuell unter www.isip.de und pflanzenschutzdienst.rlp.de zur Verfügung. Durch die Beteiligten an Resistenz-Monitoring-Programmen für Roste werden jährlich die aktuellen Resistenzinformationen von Praxisflächen erhoben.

2018/19 wurde zusätzlich ein Fangsortiment im Rahmen eines Europäischen Verbundprojektes aufgepflanzt, um die Diversität der aktuellen Rostpopulationen (an verschiedenen Getreidearten) zu bestimmen. Diese In-formationen dienen dazu, die

Maßnahmen gegen Roste in Getreide zu optimieren. Die Offizialberatung ist so in der Lage, die Empfehlungen rasch den geänderten Bedingungen anzupassen und jahres- und regio-nalspezifisch Empfehlungen unter den Gesichtspunkten des Integrierten Pflanzenschutzes abzugeben.

Uwe Preiß, Dienstleistungs­zentrum ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Bad Kreuznach – LW 12/2019