In diesem Jahr zählte jeder Bodenpunkt

In diesem Jahr zählte jeder Bodenpunkt

Um über den Verlauf der Getreideernte in Hessen – insbesondere in den Regionen Schwalm-Eder und dem Altkreis Hofgeismar – zu informieren, hatte der Regionalbauernverband Kurhessen am Montag auf den Betrieb Otto in Malsfeld-Mosheim zu einem Pressegespräch eingeladen. Nach vorläufigem Ergebnis ist die Mähdruschernte 2017 laut Karsten Schmal, Präsident des Hessischen Bauernverbandes, in Hessen besser ausgefallen, als erwartet.

Stellten die Ernteergebnisse 2017 vor (v.l.): Ralf Desel, Geschäftsführer der Geschäftsstelle Hofgeismar des Regionalbauernverbandes (RBV) Kurhessen, Philipp Rudolph, Vorstandsmitglied im RBV Kurhessen, Betriebsleiter Klaus Otto, Norbert Klapp, Vorsitzender RBV Kurhessen, und Karsten Schmal, Präsident des Hessischen Bauernverbandes.

Foto: Krämer

Hessens Bauern hatten in diesem Jahr mit widrigen Wetterbedingungen zu kämpfen. Die extreme Trockenheit im Frühjahr und die Unbeständigkeit im Juli und August mit zum Teil heftigen Gewittern und Starkregen führte dazu, dass die Getreideernte immer wieder unterbrochen werden musste, so Schmal. Mancherorts seien die Felder so vernässt gewesen, dass Mähdrescher mit Kettenfahrwerken benötigt wurden.

Auf 22 000 ha Schäden durch Hagel und Starkregen

Nach Angaben der Vereinigten Hagelversicherung haben in Hessen 800 landwirtschaftliche Betriebe Schäden durch Hagel und Starkregen auf einer Fläche von 22 000 Hektar gemeldet. Hitzewellen um den 20. Juni und Anfang Juli führten dazu, dass Weizen-, Triticale- und Roggenbestände bedingt durch die Trockenheit im Frühjahr in manchen Gebieten notreiften. In der zweiten Augustwoche waren Weizen und Raps fast überall reif, die Bestände konnten durch wiederholte Regenfälle jedoch nicht abtrocknen und somit nicht geerntet werden. „Insbesondere beim Winterweizen stimmen die Erträge, die Qualitäten lassen jedoch zu wünschen übrig“, sagte Schmal. Anstatt Backweizen konnte vielerorts nur Futterweizen eingebracht werden, womit erhebliche Erlöseinbußen verbunden sind. Trotz der widrigen Bedingungen wurden in Hessen 2,067 Mio. t Getreide geerntet. Damit sei der Schnitt der letzten Jahre um 1 Prozent übertroffen worden. Die Erträge waren jedoch regional sehr unterschiedlich. So liegt die Getreideernte im Schwalm-Eder-Kreis 10 bis 15 Prozent unter dem langjährigen Schnitt. „Hier haben einfach die Spitzenerträge gefehlt, keiner hat über 10 t/ha geerntet“, so Norbert Klapp, Vorsitzender des RBV Kurhessen.

1,7 Prozent mehr Winterweizen angebaut

Mit einer Anbaufläche von 161 700 ha ist der Winterweizen mit Abstand die wichtigste Getreideart in Hessen. Die Fläche hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 2 700 ha ausgedehnt, das sind 1,7 Prozent. So wurden 56 Prozent der hessischen Getreidefläche von 288 000 ha zur diesjährigen Ernte mit Weizen bestellt. Die Erträge schwanken mit 6 bis 9 t/ha sehr stark, abhängig von der Niederschlagsverteilung und den Bodenverhältnissen. Gute Standorte konnten ihren Vorteil des besseren Wasserhaltevermögens gänzlich ausspielen und in befriedigende Erträge umwandeln, sagte Schmal. „Man konnte in diesem Jahr jeden Bodenpunkt an der Ernte sehen“. Der Durchschnittsertrag liegt mit 7,7 t/ha im Bereich des langjährigen Mittels, jedoch haben die Qualitäten gelitten. Ebenfalls auf Vorjahresniveau fielen die Erträge mit im Schnitt 6,9 t/ha bei der Wintergerste aus. Die Anbaufläche ist um mehr als 2 000 ha auf 65 400 ha zurückgegangen.

Rapserträge 6 Prozent unter dem Vorjahr

Der Raps als bedeutende Ölfrucht wurde in diesem Erntejahr in Hessen auf rund 58 000 ha angebaut. Die Erträge liegen mit 2,5 bis 4,5 t/ha im Schnitt 6 Prozent unter den Vorjahresergebnissen. Doch nicht alle Kulturen mussten Ertrags- oder Qualitätseinbußen aufgrund des Wetters hinnehmen, einige konnten davon auch profitieren. So bot das trockene Wetter im Juni und Anfang Juli für die Heuernte optimale Bedingungen. „Schwieriger war es dagegen bei der Silagebereitung. Für den ersten Schnitt im Mai gab es nur ein kleines Zeitfenster, der Grünlandaufwuchs nach dem trockenen Frühjahr war auch deutlich geringer als im Vorjahr“, so Schmal. Von den reichlichen Niederschlägen profitieren die Kartoffel- und Zuckerrübenbestände, die Ertragserwartungen sind laut Schmal entsprechend hoch, bei Zuckerrüben wird von einer Rekordernte ausgegangen. Auch die Silomaisanbauer freuten sich über die Niederschläge – die Maispflanzen haben sich dadurch sehr gut entwickelt. Auf eine überdurchschnittliche Kohl­ernte im Schwalm-Eder-Kreis in diesem Jahr ging Klapp ein. „Die letzten drei Jahre haben wir das Kontingent nicht erfüllen können, in diesem Jahr gibt es eine Bombenernte, sodass nicht alles verarbeitet werden kann und der reife Kohl auf dem Feld kaputt geht“, so Klapp.

Getreideertrag von im Schnitt 71,8 dt/ha in Hessen

Insgesamt sei für 2017 von einer unterdurchschnittlichen Ernte zu sprechen, die trotzdem besser ausgefallen sei, als erwartet. Mit einem durchschnittlichen Getreideertrag von 71,8 dt/ha liegt Hessen im Bundesländer-Vergleich im Mittelfeld, Schleswig-Holstein liegt mit 87,8 dt/ha an der Spitze, Brandenburg mit 50,2 dt/ha am Schluss. Der gastgebende Betriebsleiter Klaus Otto beobachtet das steigende Ernterisiko aufgrund des Wetters schon seit Jahren und hat deshalb vor einiger Zeit in einen zweiten Mähdrescher investiert, um das kurze Zeitfenster für die Ernte bestmöglich zu nutzen. Sein Getreide war am 8. August bereits zu 99 Prozent eingefahren, bevor nochmals 100 mm Regen herunterkamen. „Wer hiernach noch ernten musste, der hatte erhebliche Probleme“, so Otto. Der Betriebsleiter baut Zuckerrüben, Weizen, Gerste, Raps und Mais an und erzeugt Biogas. Seit 1968 hält er Legehennen, seit 1996 auch einen Teil nach Bio-Vorschriften und seit 2015 werden eigene Bio-Junghennen aufgezogen. Die Abwärme des Küken-Aufzuchtstalles ist ans Fernwärmenetz angeschlossen und wird unter anderem zum Trocknen des Getreides verwendet. Die Eier werden teilweise regional über einen Hofladen, ein Verkaufsauto und Automaten vermarktet.

jk – LW 36/2017