Mit Junglandwirten den Meinungsaustausch suchen

Schmal besucht Friedrich-Aereboe-Schule in Griesheim

Anfang März besuchte der Präsident des Hessischen Bauernverbands, Karsten Schmal, die Friedrich-Aereboe-Schule in Griesheim. Im Rahmen einer 90-minütigen Diskussion, an der die Schüler sowie das Lehrerkollegium teilnahmen, wurden Themen rund um die Landwirtschaft sowie aus der Verbandsarbeit erörtert.

Zu einer impul­siven Diskussionsstunde in der Friedrich-Aereboe-Schule in Griesheim trafen sich die angehenden Landwirte und ihre Lehrkräften mit HBV-Präsident Karsten Schmal (6.v.r.).

Foto: Friedrich Georg Hartmann

Karsten Schmal stellte sich und seinen landwirtschaftlichen Betrieb mit Milchviehhaltung und Ackerbau vor und skizzierte Gründe seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten. In der Diskussionsrunde ging es unter anderem um die Frage, welche Initiativen der Hessische Bauernverband zur Gewinnung von Nachwuchskräften ergreift. Schmal betonte das hohe Engagement der Landjugend in Hessen und dass die Kooperation des Hessischen Bauernverbandes mit der Landjugend weiter intensiviert werde.

Als Beispiele sprach er hierbei über den Zukunftsausschuss, die regelmäßigen Junglandwirte­stamm­tische (siehe Terminrubrik im LW) sowie die Andreas-Hermes-Akademie mit deren Angeboten zur Fortbildung des landwirtschaftlichen Nachwuchses.

Kritisch wurde angemerkt, dass vielfach die Ausbildung an den Fachschulen sowie an den Hochschulen theoretisch zwar auf sehr hohem Niveau erfolge, jedoch teils zu wenig Bezug zur Praxis gehalten werde. An einigen Hochschulen könne man Landwirtschaft studieren, ohne ein landwirtschaftliches Praktikum zu absolvieren.

Mehr Engagement im Ehrenamt nötig

Auch wurde die häufig nur geringe Bereitschaft zur Übernahme ehrenamtlicher Tätigkeiten kritisiert. Auch örtliche Sängervereine, Sportclubs sähen sich diesem gesamtgesellschaftlichen Trend ausgesetzt. Um dem entgegenzusteuern, solle eine landwirtschaftliche Fachschule zukünftig auch ihre Aufgabe darin sehen, ver­stärkt kooperative Inhalte wie Öffentlichkeitsarbeit und soziale Medien in ihren Lehrplan einzubinden.

Wie hoch der öffentliche Druck auf die Landwirtschaft ist, wurde beispielhaft an der aktuellen Diskussion rund um „Glyphosat im Bier“ dargelegt. In diesem Zusammenhang sprach Schmal kritisch an, dass man diese Diskussion auch als Landwirt weiter verschärfe, wenn man zum Beispiel eine nach dem Glyphosateinsatz gelb werdende Fläche wochenlang unbearbeitet liegen lasse.

Investitionen werden Betrieben schwer gemacht

Starken Gegenwind erhielten Landwirte bei Genehmigungsverfahren für Stallgebäude. Es stünde mittlerweile an der Tagesordnung, dass sich zu jedem geplanten Stallbau mindestens eine Gegeninitiative bilde, die das Verfahren unterbinden wolle. Zusätzlich würden die Genehmigungsverfahren von Landkreis zu Landkreis sowie von Kommune zu Kommune unterschiedlich gehandhabt, was investitionswilligen Landwirten die zukünftige Betriebsentwicklung enorm erschwere.

Aber es sei auch festzustellen, dass es die Landwirtschaft in den letzten Jahren versäumt habe, die Verbraucher mitzunehmen und über die landwirtschaftliche Praxis aufzuklären. Wie gut man andererseits die Öffentlichkeit erreichen könne, veranschaulichen aus seiner Sicht viele Betriebe mit Direktvermarktung. Schmal ermutigte die Schüler dazu, an Projekten wie dem „Bauernhof als Klassenzimmer“ teilzunehmen und dadurch gezielt positive Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Unterstützung hierbei könnten unter anderem die jeweiligen Kreis- und Regionalbauernverbände bieten.

Diskussionsforen mit gesellschaftlichen Gruppen

Zur Diskussion um das Thema Tierwohl erläuterte HBV-Präsident Schmal den „Runden Tisch Tierwohl“, an dem der HBV sowie weitere Landwirte in entsprechenden Arbeitsgruppen teilnehmen. Wie herausfordernd diese Diskussionen sein können, machte er daran deutlich, dass neben weiteren landwirtschaftsnahen Organisationen wie ZBH, HVL und LLH auch Umweltverbände wie BUND und NABU teilnehmen. Trotz aller Kontroversen sei dies eine wichtige Plattform für Landwirte.

Die Beschäftigung von Arbeitskräften in der Landwirtschaft und die Auswirkungen des Mindestlohns ist besonders im südhessischen Raum von großer Bedeutung. Es wurde berichtet, welcher bürokratische Aufwand damit einhergehe, beispielsweise bei der Arbeitszeiterfassung von Saison-Arbeitskräften. So können die steigenden Lohnkosten künftig zum Ersatz von Arbeitskräften durch Technik führen. Es werde immer schwieriger, geeignetes Personal zu finden, zumal es gerade in Südhessen attraktive außerlandwirtschaftliche Alternativen für Arbeitnehmer gebe.

Im weiteren Verlauf wurde die Milchmarktkrise angesprochen, deren Ursache vor allem im Russland-Embargo gesehen wird. Der russische Markt sei ein wichtiger Pfeiler für die heimische Milchwirtschaft, auf den nicht länger verzichtet werden solle. Im Hinblick auf anstehende Preisverhandlungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel könne dies ein entscheidendes Signal sein, um zukünftig bessere Milchpreise erzielen zu können.

Aktuell plant der Hessische Bauernverband eine Radiokampagne, die über den Sender Hit­radio FFH ausgestrahlt werden soll. Hierdurch soll einer breiten Öffentlichkeit ein besserer Zugang zur modernen Landwirtschaft ermöglicht werden. Vor dem Hintergrund breit angelegter, finanziell aufwendiger Medienkampagnen wie denen von NABU oder BUND sei dieser Schritt enorm wichtig, um vom bloßen Reagieren, zum Beispiel auf Meldungen wie „Glyphosat im Bier“, hin zum Agieren kommen zu können.

Hartmann, llh – LW 11/2016