Mehr Klarheit im deutschen Wald

Novelle des Bundeswaldgesetzes fast am Ziel

Bundestag beschließt Gesetz mit wichtigen Änderungen, Waldbegriff wird neu definiert, Haftung für Waldbesitzer gelockert und Betätigung forstwirtschaftlicher Vereinigungen erweitert, das sind einige Schlagworte zur Novelle des Bundeswaldgesetzes. Leider gibt es auch etliche Defizite, die besonders die Forstbetriebesgemeinschaften betreffen, die noch immer nicht gemeinschaftlich die Flächen bewirtschaften dürfen.

Nun ist auch endlich geklärt, dass die Kurzumtriebsplantagen nicht zu Wald zählen, sondern zur landwirtschaftlichen Nutzfläche.

Foto: Setzepfand

Die seit Jahren diskutierte Änderung des Bundeswaldgesetzes ist auf der Zielgeraden. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP sowie der Linken hat der Bundestag am Donnerstag die Novelle beschlossen. Ein kleines Fragezeichen steht allerdings noch hinter dem Bundesratsverfahren. Aller Voraussicht nach werden die SPD-geführten Länder die Anrufung des Vermittlungsausschusses beantragen. Ob es dazu kommt und sich damit das Inkrafttreten des Einspruchsgesetzes verzögert, ist allerdings angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Länderkammer nicht wahrscheinlich, selbst wenn bis zum Bundesratstermin am 9. Juli die angestrebte rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen im Amt sein sollte.

Waldbegriff neu definiert

Kernelement der Gesetzesänderung ist eine Neudefinition des Waldbegriffes. Kurzumtriebsplantagen und Agroforstsysteme zählen künftig nicht mehr zum Wald, sondern zur landwirtschaftlichen Nutzung. Dies gilt auch für Almweiden mit lichter Bestockung. Gelockert wird die Verkehrssicherungspflicht. Nach der Neuregelung haften Waldbesitzer künftig nicht mehr für waldtypische Verfahren. Forstwirtschaftlichen Vereinigungen wird mit der Novelle der Verkauf des Holzes ihrer Mitglieder ermöglicht. Darüber hinaus werden die Vorschriften zur Bundeswaldinventur angepasst, insbesondere um den Verpflichtungen im Rahmen der Klimaberichterstattung Rechnung zu tragen. Klargestellt wird schließlich, dass auch nach der Neuorganisation der Bundesforstverwaltung und einiger Landesforstverwaltungen sowie deren Umwandlung in Anstalten des öffentlichen Rechts die betreffenden Wälder Staatswald bleiben.

Union und FDP zeigten sich zufrieden mit der Verabschiedung der Novelle, auf die sich die Große Koalition in der vergangenen Legislaturperiode nicht hatte verständigen können. Die agrarpolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen, Peter Bleser und Dr. Christel Happach-Kasan, sprachen von einem „historischen Erfolg für eine nachhaltige Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes Holz in Deutschland“.

Eigene Verantwortung beim Erholen

Damit verbunden seien vielfältige ökologische Verbesserungen und eine deutliche Stärkung der rund 1,9 Mio. heimischen Waldbesitzer. Mit dem Ausschluss von Kurzumtriebsplantagen und Agroforstflächen vom Waldbegriff werde die Basis geschaffen für Zusatzeinkommen in der Land- und Forstwirtschaft und eine noch bessere Klimabilanz durch die damit verbundene Nutzung des höheren CO2-Reduktionspotenzials von Holz, so die Politiker in einer gemeinsamen Presseverlautbarung. Außerdem werde klargestellt, dass die Nutzung des Waldes als Erholungsraum hinsichtlich der waldtypischen Gefahren in eigener Verantwortung erfolge. Das freie Betretungsrecht des Waldes für die Allgemeinheit bleibe durch diese Klarstellung erhalten. Es werde eine rechtlich erforderliche Grenze der „Verkehrssicherungspflicht“ für die heimischen Waldbesitzer gezogen. Die Koalitionsfraktionen hätten in der Gesetzesänderung zudem eine besondere Berücksichtigung der Belange der Denkmalpflege verankert und Wettbewerbsbeschränkungen für forstwirtschaftliche Vereinigungen beseitigt.

Der Parlamentarische Staatssekretär vom Bundeslandwirtschaftsministerium, Dr. Gerd Müller, wies die Kritik von Umweltverbänden an der Regelung zu den Almweiden zurück. „Mit dieser Regelung wird die Bewirtschaftung und Offenhaltung der ökologisch wertvollen Almflächen sichergestellt und die besondere Bedeutung der Alpwirtschaft anerkannt“, erklärte Müller. Betroffen seien ausschließlich Flächen, die einen lichten Baumbestand aufwiesen und derzeit zur Weidehaltung genutzt würden. Diese Klarstellung gebe den Alm- und Alpbauern die notwendige Rechtssicherheit für den aus landeskulturellen und ökologischen Gründen wertvollen weiteren Betrieb ihrer Almen und Alpen.

Länder regeln Bewirtschaftung

CDU/CSU-Berichterstatter Alois Gerig wies erneut die Forderung nach einer Verankerung der guten fachlichen Praxis im Bundeswaldgesetz zurück. „Aufgrund der regionalen Besonderheiten in der Waldstruktur ist es zweckmäßig, dass die ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung wie bisher durch die Länder geregelt wird“, so Gerig in seiner zu Protokoll gegebenen Bundestagsrede. Insgesamt würden mit der Änderung des Waldgesetzes wichtige Weichenstellungen vorgenommen. Der Anbau von Energieholz werde auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt und somit der Ausbau der Erneuerbaren Energien unterstützt.

Die agrarpolitische Sprecherin der Linken, Dr. Kirsten Tackmann, begründete die Zustimmung ihrer Fraktion zu der Novelle damit, dass mit den Gesetzesänderungen zumindest die dringendsten Verbesserungen vorgenommen würden. SPD und Grünen warf sie hingegen „Totalverweigerung“ vor. Allerdings halte es auch die Linke für erforderlich, den Begriff „ordnungsgemäße Forstwirtschaft“ im Sinne einer naturnahen Waldbewirtschaftung im Gesetz zu definieren. „Die Novelle des Bundeswaldgesetzes hätte die Leitplanken für eine naturnahe Waldbewirtschaftung setzen müssen“, unterstrich Tackmann. Das sei jedoch mit Schwarz-Gelb nicht zu machen. Trotzdem enthalte die Gesetzesnovelle auch eine Reihe wichtiger Forderungen ihrer Fraktion. Positiv sei, dass Agroforstsysteme und Kurzumtriebsplantagen vom Waldbegriff ausgenommen würden und die Verkehrssicherungspflicht der aktuellen Rechtsprechung angepasst werde. Kleinprivatwaldbesitzer würden nun besser unterstützt. Der Berichterstatter der Linksfraktion, Alexander Süßmair, begrüßte, dass die Koalition einen Hinweis aus der Sachverständigenanhörung zur kartellrechtlichen Behandlung von forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen aufgegriffen habe.

Die Sprecherin für Waldpolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Cornelia Behm, geht davon aus, dass das Bundeswaldgesetz weiter auf der Tagesordnung bleiben wird. Dies gelte auch für die Verkehrssicherungspflicht. Sowohl Waldbesitzer als auch Naturschützer erwarteten von der Politik eine spürbare Lockerung der Verkehrssicherungspflicht im Wald, um dort mehr Totholz zu ermöglichen. Diese Erwartung habe die Koalition enttäuscht. Unzureichend seien auch die Erleichterungen für die forstwirtschaftlichen Vereinigungen. Zwar dürften sie zukünftig Holz vermarkten und seien vom Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb ausgenommen. Die Durchführung forstwirtschaftlicher Maßnahmen werde ihnen aber weiter verwehrt, monierte Behm. Die Koalition sei hier „auf halber Strecke stehen geblieben“.

Wirtschaftliche Funktionen gestärkt

Der Deutsche Bauernverband (DBV) begrüßte den Gesetzesbeschluss. Die Änderungen betonten die wirtschaftlichen Funktionen des Waldes ebenso wie seine Schutz- und Erholungsfunktionen. Die Neuregelung der Haftungsfrage für Waldbesitzer gehe in die richtige Richtung. Außerdem komme dem Wald durch seine CO2-Speicherleistung eine außerordentlich große Bedeutung bei der Bewältigung des Klimawandels zu. Der DBV hält es für richtig, dass die Kurzumtriebsplantagen, soweit sie auf landwirtschaftlichen Flächen angelegt sind, nicht zum Wald zählen sollen. Sofern Kurzumtriebsplantagen auf Forstflächen angelegt würden, dürfe dies nicht zu einer Umwandlung von Forst- in Landwirtschaftsflächen führen. Positiv sei auch, dass in der Flur gelegene kleinere Flächen, die mit einzelnen Baumgruppen oder mit Hecken bestockt seien oder als Baumschulen Verwendung fänden, nicht zum Wald im Sinne des Bundeswaldgesetzes gehören sollten. Diese Regelung trage dazu bei, dass die genannten Flächen wirklich geschützt würden und erhalten blieben, erklärte der Bauernverband. Mit der Klarstellung zu den Almweiden werde den Bergbauern die Teilhabe an landwirtschaftlichen Förderprogrammen sichergestellt.

Überfällige Regelungen

Zufrieden äußerte sich auch der Deutsche Forstwirtschaftsrat (DFWR). „Nach dem endlosen Hin und Her in der letzten Legislaturperiode ist es nun gelungen, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das dem Wald, den Waldbesitzern und den vielfältigen Ansprüchen der Gesellschaft an den Wald umfassend gerecht wird“, unterstrich DFWR-Präsident Georg Schirmbeck. Das Waldgesetz greife dringend notwendige Änderungen im Bereich der forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse auf. Diese Zusammenschlüsse und damit der kleine Waldbesitzer würden gestärkt, indem sie jetzt Holzprodukte gemeinsam vermarkten dürften. Weiterhin werde der Anbau von Kurzumtriebsplantagen auf landwirtschaftlichen Flächen geregelt, und diese Flächen würden aus dem Waldbegriff ausgenommen. Diese Regelung sei seit Jahren überfällig und werde von allen Interessengruppen gefordert, „die es mit dem Anbau von Biomasse ernst meinen und den Anteil Erneuerbarer Energien steigern wollen“. Auch bei den Pflichten zur Verkehrssicherung im Wald komme es zu einer eindeutigeren rechtlichen Formulierung für die Waldbesitzer. Waldtypische Gefahren müssten zukünftig von allen Besuchern der Forsten beachtet werden, und der Waldbesitzer werde von der Haftung hierfür freigestellt. Für nicht notwendig hält Schirmbeck die Forderung der Naturschutzverbände, verbindliche Regelungen zur Bewirtschaftung des Waldes im Bundeswaldgesetz festzuschreiben. Der Aufbau stabiler Wälder, der Schutz des Bodens und die Förderung der bio­logischen Vielfalt seien für jeden Waldbesitzer selbstverständliche Ziele zu einer langfristigen und nachhaltigen Sicherung seines Eigentums. age

Auswirkungen des neuen Bundeswaldgesetzes

Interview mit Karl Fischer, Vorsitzender der FBG Kreis Waldeck

LW: Zu welchen Änderungen in den FBGs führt das neue Bundeswaldgesetz?
Fischer:
Das neue Bundeswaldgesetz stellt überwiegend eine Erleichterung und Vereinfachung für uns Waldbesitzer dar. Es führt zu einer Stärkung der forstlichen Vereinigungen, vor allem im Hinblick auf eigenhändlerische Tätigkeiten, wie die Veräußerung von Erzeugnissen ihrer Mitglieder. Bisher war es notwendig, für die Vermarktung ein eigenes Holzunternehmen zu gründen, bei uns das Holzunternehmen Waldeck.

LW: Welche Probleme bleiben?
Fischer:
Der Punkt der Verkehrssicherungspflicht ist nicht klar genug definiert. Da in Deutschland jedem Bürger per Forstgesetz das freie Betretungsrecht der Wälder, also auch von Privat- und Kommunalwald, gestattet wird, muss klar herausgestellt werden, dass dieses auf eigene Gefahr geschieht und dass bei einem Unfall, der nicht vorsätzlich herbeigeführt wurde, der Waldbesitzer nicht in Haftung genommen werden kann.

LW: Welche Folge hat die Klärung des Begriffs „Wald“ für die Bioenergie?
Fischer:
Kurzumtriebsplantagen und Agrofrostsysteme, die ausschließlich der Erzeugung von Biomasse dienen, zählen zukünftig nicht mehr zum Wald. Das begrüßen wir, auch um hier eine klare Trennung zwischen stofflicher und energetischer Verwertung aufzuzeigen. Mit Karl Fischer sprach Elke Setzepfand

Die FBG Kreis Waldeck wurde 1973 gegründet und besteht aus 1 700 Mitgliedern mit einer Waldfläche von mittlerweile 92 000 ha. Davon ist ein Drittel Körperschafts- und Kommunalwald, 15 400 ha Staatswald, 19 000 ha Domanialwald und 24 800 ha Privatwald. Das Mitglieder eigene Holzunternehmen arbeitet rund 75 000 fm/Jahr auf und vermarktet diese auch.