Was kommt danach?

Zuckerrübenanbauer bereiten sich auf Ausstieg aus der Quote vor

Vergangene Woche hatte das Kuratorium für Versuchswesen und Beratung im Zuckerrübenanbau alle Zuckerrübenanbauer unter dem Motto „Fortschritte im Zuckerrübenanbau“ nach Worms zur traditionellen Tagung eingeladen. Rund 450 Landwirte waren gekommen und füllten den Saal im Tagungszentrum Das Wormser. Ab 2017 wird die Quote der Vergangenheit angehören. Dass es dennoch viele Wege für die Zuckerrübe in die Zukunft gibt, das war Thema der Vorträge, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven der Sache annahmen.

Volker Schütthelm, der Leiter der Rübenteilung Offstein von Südzucker, zeigte, dass die Anbauer auf einem guten Weg sind.

Foto: Setzepfand

„Der Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer umfasst eine Anbaufläche von 21 000 ha, die von knapp 2 200 Betrieben bewirtschaftet werden. Wurden zu Beginn der Verbandstätigkeit noch 5 t/ha geerntet, sind es heute 70 t/ha. Und mit der Zuckerfabrik Offstein haben wir einen effektiven, logistisch gut gelegenen Produktionsstandort, der weitere Kapazitäten aufnehmen könnte und derzeit 17 000 t Rüben pro Tag verarbeiten kann und insgesamt 1,5 Mio. t pro Kampagne umsetzt. Das alles war nur möglich, dank enormer Innovation“, bemerkte Walter Manz, der Vorsitzende des Verbands der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer.

Schluss mit Marktstabilität und Versorgungssicherheit

Doch nun gehe nach 49 Jahren 2017 die Ära der Zuckermarktordnung zu Ende. Im Juni vergangenen Jahres wurde von der EU beschlossen, dass sowohl die Quotenregelung als auch der Rübenmindestpreis ab 2017 entfallen. „Beide Instrumente haben Marktstabilität und Versorgungssicherheit für alle am Markt beteiligten gewährleistet“, betonte Manz.

Ab 2017 verzichte die EU auf Mengensteuerungsmaßnahmen, Finanzhilfen und Importkontrollen gegenüber AKP- und LDC-Ländern. „Wir stehen wieder vor großen Herausforderungen, die wir nur erfolgreich bewältigen können, wenn wir den Fortschritt im Zuckerrübenanbau weiter gemeinsam vorantreiben“, fasste Manz seine Eröffnungsrede zusammen.

Um für die zukünftigen volatilen Märkte gerüstet zu sein, müsse die Betriebswirtschaft vor Ort stimmen. Volker Schütthelm von der Südzucker AG, Leiter der Rübenabteilung Offstein, zeigte, dass die Zuckerfabrik Offstein heute schon, strukturelle Vorteile bietet. So bewirtschaften die Anbauer inHessen-Pfalz rund 10 ha. Auch beim Bereinigten Zuckerertrag habe Südzucker von 1991 bis 2013 stetig zugelegt von 7 t/ha auf nunmehr 11 t/ha. „Der hohe Ertragsfortschritt zusammen mit der Reduktion der notwendigen Arbeitszeit pro Hektar hat in den letzten Jahren die Wettbewerbsfähigkeit der Zuckerrübe gegenüber anderen Kulturen deutlich gestärkt“, bekräftigte Schütthelm. Dr. Lang stellte die Auswirkungen einer einseitigen Verteilung der Transportkosten auf Anbauer oder Fabrik dar und hat einen Kompromiss vorgeschlagen, demnach die Kosten 50/50 verteilt werden. „Das hälftige Tragen der Transportkosten bringt eine Erweiterung des Einzugsbereichs der Zuckerfabrik und damit höhere Stabilität der Produktion“, sagte Dr. Lang. Die Strukturen beim Transport seien so vorbereitet, dass ab 2017 alle Rüben von drei verschiedenen Transportorganisationen gefahren werden können. Diese sind als GmbH & Co KG mit vorgelagerter GbR bei allen Gruppen gewerblich organisiert. Damit ist ein uneingeschränkter Kapazitätsaustausch untereinander möglich. Die Rodeeinheiten werden auf diese Transportstruktur abgestimmt. Dieses Jahr soll die Rodestruktur der Pfalz angepasst werden. Schütthelm stellte die Kostenkalkulation eines 3-achsigen Rübenroders vor und zeigte, dass die Betriebskosten gesenkt werden können, wenn der Roder nicht nur 400 ha, sondern 800 ha/Jahr rodet und zwar von 263 auf 237 Euro/ha. „Im Fall einer Ausdehnung der Anbaufläche von Zuckerrüben, müssen wir in Kauf nehmen, dass die Kampagnen länger werden, das ist in unserer Klimazone möglich“, versicherte Schütthelm und erntete ein Raunen im Saal.

Zuckerrübe bleibt konkurrenzfähig – viele Faktoren sprechen dafür

Die Zuckerrübe ist und bleibt konkurrenzfähig: Einsparpotenzial liegt auch noch im Anbau, wie der Düngung, dem optimalen Pflanzenschutz sowie der Sortenwahl. Dies zeigten (v.l.): Dr. Fred Fürstenfeld, Harald Bauer, Axel Siekmann, Dr. Matthias Daub und Dr. Klaus Bürcky.

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Dass es außer den Deckungsbeiträgen auch noch weitere Kriterien für den Anbau der Zuckerrübe nach 2017 gibt, das zeigte Dr. Lang. Durch die Abgabe der Vermarktung an die Verbände, die gute Beratung und den schnellen Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Praxis – mittlerweile werden bereits 60 Prozent nematodentolerante Zuckerrübensorten ange­baut – sei den Anbauern viel Arbeit genommen, die sie ansonsten selbst bewerkstelligen müssen.

Es gebe noch viel Potenzial die Zuckerrübe zukünftig zu stärken. Ein Thema sei die Infrastruktur der Wirtschaftswege. Professor Axel Lorig vom Landwirtschaftsministerium in Mainz verdeutlichte, dass die aktuellen Wirtschaftswege meist vor 30 bis 50 Jahren gebaut wurden für Achslasten von 3 t und Fahrzeugbreiten bis 2,2 m. „Heute haben die landwirtschaftlichen Fahrzeuge nicht selten 10 t Achslast und Breiten bis 3 m. Noch dazu sind Geschwindigkeiten von 60 km/h und mehr möglich. Sie werden nicht umhinkommen, hier ihren finanziellen Beitrag leisten zu müssen, auch wenn die Wirtschaftswege zunehmend multifunktional auch von vielen Erholungssuchenden genutzt werden und daher viel Konfliktpotenzial bieten“, sagte Lorig. Rheinland-Pfalz werde sich auf ein Kernwegenetz von 6 000 km beschränken, das in 30 bis 40 Jahren mit rund

3 Mrd. Euro erneuert werden soll.

Dr. Christian Lang, Geschäftsführer des Verbandes Hessisch-Pfälzischer Zuckerrübenanbauer, forderte eine solidarische Verteilung der Transportkosten zwischen Anbauer und Südzucker.

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Dr. Klaus Bürcky vom Kuratorium für Versuchswesen und Beratung im Zuckerrübenanbau forderte die Anbauer auf, die Ertragsreserven der Zuckerrübe auszuschöpfen. Dies könne laut Dr. Fred Fürstenfeld vom Bodengesundheitsdienst, Ochsenfurt, durch das Einsparen von Düngemittel auf zu gut versorgten Böden der Versorgungsstufe D/E erfolgen. So konnte in den vergangenen 15 Jahren bei Phosphor in Rheinland-Pfalz der Anteil der überversorgten Böden von 45 Prozent auf 30 reduziert werden. „Doch 60 Prozent der Böden in Rheinhessen sind überversorgt, sie sind bisher beratungsresistent. Ich empfehle jedem Anbauer sich über EUF schlau zu machen über die Versorgungsstufen der Schläge“, sagte Fürstenfeld. Das Optimum sei die Versorgungsstufe C. Bei Kalium habe es im gleichen Zeitraum keine Veränderung in der Nährstoffversorgung gegeben.

Die Zuckerrübenberater Axel Siekmann und Harald Bauer von der

Arbeitsgemeinschaft Zuckerrübe Südwest sprachen über „Bekämpfungsstrategien gegen Blattkrankheiten“. Vor allem ging es um Cercospora, die Blattkrakheit, die mittlerweile ertragsrelevant werde. „Zwar war der Befallsdruck im Jahr 2013 gering, doch 2012 sehr hoch. Es kommt auf die Terminierung der ersten Fungizidspritzung an. Die Blätter müssen zur Spritzung noch vital sein, eine höhere Luftfeuchtigkeit fördert die Fungizidaufnahme, doch hohe Temperaturen reduzieren den Bekämpfungserfolg“, stellte Bauer fest, weshalb an heißen Tagen morgens früh gespritzt werden sollte. Mit toleranten Sorten könne man eventuell eine Spritzung sparen. Bei starkem Befall sollte zuerst mit Strobilurin und anschließend mit Azol behandelt werden, bei geringem Befall reiche es, nur Azol zu verwenden.

Derzeit sind 16 nematodentolerante Sorten am Markt, sagte Dr. Matthias Daub vom Julius-Kühn-Institut. Man gehe weg von der Nematodenbekämpfung, hin zu einer Tolerierung der

Nematoden. Für diese und weitere pflanzenbaulichen Hinweise und betriebswirtschaftliche Rechnungen bietet der Verband mobile Beratungsapps und das Rohstoffportalan, auch dies Maßnahmen, den Zuckerrübenanbau attraktiv zu halten.

zep – LW 4/2014