Am Kreislaufprinzip orientieren

Über Agrarethik und Sachstand zur Düngeverordnung

Am Eröffnungstag der Landwirtschaftlichen Woche Nordhessen in Bau­natal fand eine Vortragsveranstaltung des ökologischen Landbaus statt, zu der Hans-Jürgen Müller als Vorsitzender des Fachausschusses Ökologischer Landbau im Kuratorium für das landwirtschaftliche und gartenbauliche Beratungswesen rund 100 Teilnehmer begrüßte.

Dr. Uwe Meier sprach über „Agrarethik – Landwirtschaft mit Zukunft.“

Vorträge wurden von Dr. Uwe Meier (ehemals Julius Kühn-In-stitut, Braunschweig) zum Thema „Agrarethik – Landwirtschaft mit Zukunft“ und von Dr. Jörg Hüther vom hessischen Landwirtschaftsministerium gehalten, der über den aktuellen Sachstand der Dün­geverordnung informierte. Dr. Ute Williges moderierte eine lebhafte Diskussion zu den Vorträgen.

„Ernähren kann die globale Landwirtschaft alle Menschen auf unserer Erde. Mit vielerorts modernen, intensiven Produktionsmethoden werden qualitativ sehr hochwertige Nahrungsmittel in ausreichenden Mengen er­zeugt.“, so Meier. Die Landwirtschaft nutze bei der Produktion die Umwelt und müsse sie sich daher in einem zukunftsfähigen Zustand erhalten.

Gelinge es ihr nicht, ein zukunftsfähiges Gleich­gewicht zwischen Nehmen und Geben zu finden, entziehe sie sich selbst und den Menschen die existentielle Grundlage. Der Referent wies auf die externalisierten Kosten der Nahrungsmittelproduktion hin, die neben ökonomischer Bewertung auch ökologisch und ethisch betrachtet werden sollten.

An Beispielen erläuterte der ehemalige Pflanzenschutzexperte welche Kosten und Folgewirkungen durch den Einsatz von Betriebsmitteln entstehen und welche Belastungen durch die Nahrungsmittelerzeugung und Bioenergieproduktion in Europa sowie weltweit entstehen. Meier griff elementare Fragen der Agrarethik – einer jungen transdisziplinären Wissenschaft auf und forderte einen wissenschaftlich-ethischen Disput, der konsequent unter Berücksichtigung aller Argumente der Wissenschaft, der Ökonomie und der Gesellschaft zu führen sei. Mit Respekt und Ehrfurcht vor dem Lebendigen und unter Berücksichtigung des kulturellen Ordnungswissens seien Widersprüche zwischen Nachhaltigkeit und gängigen land­wirtschaftlichen Produktionsverfahren aufzuarbeiten und ethische Leitbilder zur nachhaltigen ökologischen, sozialen und kulturellen Entwicklung zu erarbeiten. Hinsicht­lich der momentanen agrarwirtschaftlichen Rea­lität würden aus ökonomischen Grün­den allzu oft zentrale Prinzipien, wie die „Gu­te Landwirtschaftliche Praxis“ oder Verbraucherinteressen geopfert. Insofern müssten alle Beteiligten über mehr Informationen zu einem „ethischen Konsum“ aufgerufen werden und po­litische und agrar­wirt­schaft­liche Entscheidungen an lebensdienlichen Maßstäben ausgerichtet werden, sagte der Referent. Letztlich sei dies möglich durch die Einführung einer kriterienbasierten Zertifizierung auf agrarethischer Grundlage und einer Reform bei der Ausbildung künftiger Landwirte und Gärtner.

Die Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie prüfen

Pflanzenbaureferent Dr. Jörg Hüther vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucher­schutz informierte über den aktuellen Sachstand der Düngeverordnung. Er wies darauf hin, dass im Vorfeld einer beabsichtigten Fortschreibung der Düngeverordnung in der jüngeren Vergangenheit eine Evaluierung vorgenommen wurde, um dabei den Nutzen der bisherigen Regelungen festzustellen und eine Grundlage für die Fortschreibung des deutschen Aktionsprogramms zur Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie zu haben. Ferner sollten die Ergebnisse auch Hinweise geben, ob zum Beispiel die „Derogationsregelung“ (Ausnahme für bestimmte Grünlandflächen von der Begrenzung der N-Zufuhr aus tierischen Ausscheidungen auf 170 kg N/ha) fort­geführt werden solle.

Dr. Jörg Hüther vom hessischen Landwirtschaftsministerium informierte über die Dün­geverordnung.

Foto: Ernst-August Hildebrandt

Die Evaluierung sollte darüber Aufschluss geben, inwieweit eine Analyse der Wirksamkeit von freiwilligen Agrarumweltmaßnahmen möglich wird. An der Evaluierung waren Vertreter von Bundesbehörden sowie der Länder als auch Experten vom Julius Kühn- und von Thünen-Institut beteiligt. Gegenstand der Evaluierung waren eine Analyse des Ist-Zustandes, der Forderungen von Dritten, die Ableitung des Handlungsbedarfs und die Definition von Prüfalternativen (Hand­­lungsoptionen, die nicht per se empfohlen werden können).

Die Diskussionspunkte wurden in sechs Regelungsbereiche gegliedert: Düngebedarfsermittlung, zur Diskussion in diesem Regelbereich stehen verpflichtende Dokumentationen der Bedarfsermittlung, abhängig vom Ertragsniveau bundesweit einheitliche Sollwerte und die Einführung von Düngungsobergrenzen nach dem Vorbild von Dänemark, Belgien und den Niederlanden.

Bei Standort-/Bodenzustandsspezifischen Restriktionen werden Haftungsregelungen beim Abschwemmen auf benachbarte Flächen, Grenzstreueinrichtungen für Geräte zur Mineraldüngerausbringung (bis 2020) und ergänzend die Berücksichtigung von Informationen zur Wetterla­ge, Bodenzustand und Eignung für die Düngerausbringung im Winterhalbjahr diskutiert.

Zu Sperrfristen, Lagerdauer, Aus­bringung nach Ernte der Hauptkultur besteht Einvernehmen, dass nach der Ernte der Hauptkultur keine Ausbringung auf Ackerland erfolgen soll. Ausnahmen bestehen darin, dass bis zum 30. September auf Raps und Zwischenfrüchte organische und mineralische Dünger ausgebracht werden dürfen, wenn die Saat bis zum 15. September erfolgte oder auf Feldgras, das bereits im Frühjahr etabliert war. Keine Sperrfrist soll für Mineral­dünger und für Festmist von Huf- und Klauentieren gelten. Nach der Ernte von Mais, Kartoffeln, Raps, Zuckerrüben und Körnerleguminosen soll vor dem Winter keine Ausbringung erfolgen, bei Düngebedarf darf im Herbst lediglich Mineraldünger eingesetzt werden. Die Sperrzeiten sollen allgemein für Acker- und Grünland sowie Sand- und Lössböden wie in den Niederlan­den vom 1. September bis zum 31. Januar gelten. Auf regionaler Ebene können sie um zwei Wochen verschoben werden.

Neue Anforderungen an organische Düngemittel

Die Lagerdauer für organische Düngemittel soll mindestens für sechs Monate möglich sein. Da­zu sollen die Baugenehmigungen an neue Sperrfristen angepasst werden. Gewerbliche An­lagen ohne eigene Ausbringungsflächen sollen eine Lagerkapazität von neun Monaten vorhalten. Für Altanlagen werden bis 2020 Übergangsfristen eingeräumt. Bei Ausbringtechnik und Einarbeitung werden künftig strengere Anforderungen gestellt. Auf bewachsenen Flächen soll die Ausbringung streifenförmig erfolgen.

Bei bewachsenen Ackerflächen ab 2020 mit Schleppschlauch, bei Grünland und Feldgras ab 2025 mit Schleppschuh. Als Ausnahme darf der Breitverteiler nur noch auf Grünland am Hang eingesetzt werden.

In der Düngeverordnung soll auch die Einarbeitung der organischen Dünger festgelegt werden, die spätestens vier Stunden nach der Ausbringung abgeschlossen sein soll. Darüber hinaus sollen Ausbringgeräte einer Zertifizierung bezüglich der Verteilungs- und Dosiergenauigkeit unterworfen werden, die für Neu­geräte ab 2015 und für Altgeräte ab 2020 gelten soll. Die maximalen Abweichungen dürfen bei Gülle 10 Prozent, Mist 15 Prozent und bei Mineraldünger 5 Prozent betragen. Mineraldüngerstreuer sollen danach auch über Grenzstreueinrichtungen verfügen.

Die Diskussion der Nährstoffvergleiche will einen N-Überschuss von 60 kg N/ha und Jahr im dreijährigen Mittel beibehalten und einen P-Überschuss im sechsjährigen Mittel bei Versorgungsstufe A und B von maximal 60 Kg/ha und Jahr und bei Versorgungsstufe C von maximal 20 kg/ha tolerieren. Bei D und E darf keine P-Düngung erfolgen, womit nach Hüther die P-Versorgung zum limitierenden Faktor wird. Die Ausbringungsobergrenzen werden bei 170 kg N/ha und Jahr bleiben und für alle organischen Düngemittel gelten.

Dabei stehe Deutschland unter besonderem Druck, da es gegen die Nitratrichtlinie der EU verstoße. Mehr als 50 Prozent der Messstellen in D wiesen nach dem Nitratbericht 2012 Nitratgehalte über 50 mg/L auf. Bei 40 Prozent der Messstellen sei zudem eine Zunahme der Nitratkonzentrationen festgestellt worden. Hüther stellte fest, dass wegen dieser Tatsachen Deutschland seine Düngeverordnung schon längst hätte anpassen müssen. Der Wissenschaftliche Beirat der Agrarpolitik (WBA) und der Wissenschaftliche Beirat für Düngungsfragen (WBD) beim BMELV sowie der Sachverständigenrat für Umweltfragen(SRU) würden als Inhalte einer überarbeiteten Düngeverordnung umfassende und aussagekräftige Nähr­stoffbilanzierungen in einer Hoftorbilanz, eine Verlängerung der Sperrfristen, die Ausweitung der Lagerkapazitäten, eine Verschärfung der Anforderungen an die Ausbringtechnik und die Einarbeitung, eine Limitierung der Phosphorzufuhr, die Verbesserung der Kontrolle und d die Verschärfung der Sanktionen bei Verstößen fordern.

Zulässige Überschüsse bei Nährstoffen begrenzen Eckpunkte des (noch nicht abgestimmten) aktuellen Entwurfs würden dem weitgehend Rechnung tragen, wobei der Stickstoffdüngebedarf als standortbezogene Obergrenze gelten soll, ein Aufbringverbot innerhalb eines Abstandes von einem Meter zur Böschungsoberkante oberirdischer Gewässer gelten wird und neue Sperrfristen erlassen werden: Ackerflächen, nach Ernte der Hauptfrucht bis 31. Ja­nuar; Dauergrünland/Feldfutter, 15. November bis 31. Januar; Ausnahmen für Winterraps, Zwischenfrüchte und Gemüse; Festmist von Huf- und Klauentieren vom 1. Dezember bis 15. Januar. Die Hoftorbilanz soll nicht aufgenommen werden. Zulässige Überschüsse beim Nährstoffvergleich sollen bei Stickstoff auf maximal 60 kg H/ha und Jahr im dreijährigen Mittel und beim Phosphat auf maximal 20 kg P2O5/ha und Jahr im sechsjährigen Mittel begrenzt werden. Bei Überschreiten dieser Werte müsse eine Düngeberatung erfolgen und eine Düngebedarfsermittlung vorgelegt werden.

Dr. Hildebrandt, LLH – LW 4/2014