„Der Landwirt kann wählen zwischen Strom oder Feuer“
Aufpassen bei Arbeiten mit Großmaschinen bei Freileitungen
Erntearbeiten wie Mähdrusch, Strohabfahren, Maishäckseln oder das Rübenroden werden heute in Windeseile erledigt. Und zwar oft mit Hightech-Maschinen, die der Höhe eines Bungalows kaum nachstehen. Ihr Einsatz birgt aber neue Gefahren, dessen sich der Landwirt bei der Arbeit auf den Ländereien bewusst sein sollte. Insbesondere wenn Stromleitungen unterÂfahren werden. Welchen Sicherheitsabstand sollte man beachten? Wie verhält man sich, wenn ein Strommast gerammt, beziehungsweise die Leitung berührt oder abgerissen wurde? Darüber sprach das Wochenblatt mit Volker Müller von der Oberhessischen Versorgungsbetriebe AG (OVAG).

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Bei welchen Arbeiten sollte man besonders aufpassen?
Bei welchen Arbeiten sollte man besonders aufpassen? Müller nennt hier vier typische Gefahrensituationen: Zur Zeit sind es die MähÂdrescher. Beispielsweise kann beim Ausfahren des Abtankrohrs die FreiÂÂleitung berührt oder aber der Sicherheitsabstand von 3 m unterschritten und damit die Maschine unter Strom gesetzt werden.
Besonders gefährlich sind auch die Arbeiten im September/Oktober mit den Maishäckslern, die das Häckselgut auf die teilweise 4 m hohen Ladewagen schleudern. Wird ein Feld angeschnitten muss das Häckselgut oft besonders hoch geblasen werden, wenn der Ladewagen nicht unmittelbar neben dem Selbstfahrerhäcksler laufen kann. Ist der Häckselgutstrahl nahe der Freileitung, kann sich ein gefährliÂcher Stromkreis bilden.
Sehr gefährlich seien auch die Rübenarbeiten im Herbst, erläutert Müller. Außer, dass beim Rangieren der Zuckerrübenroder am Vorgewende diese den FreiÂleiÂtunÂÂgen nicht zu nah kommen, sollte ferner darauf geachtet werden, dass der Rübenhaufen weit von der FreiÂÂleiÂtung liegt, so dass die Lademaus nicht in Kontakt mit der StromÂleiÂtung treten kann.
Es gibt außerhalb dieser typiÂschen Gefahrenlagen zur Ernte, Situationen auf die geachtet werden sollte. Zum Beispiel wenn Dünger, Kalk oder Mutterboden am Feldrand abgekippt wird. Dann kann beim Hochstellen der einige Meter langen landÂwirtÂschaftÂlichen Kipper oder LKW-AnÂhänÂger die Freileitunung tangiert werden. „Der Supergau wäre das Umfahren eines Mastes“, berichtet Müller.
Was ist zu tun, wenn alles unter Strom steht?
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Bei den Arbeiten mit landwirtschaftlichen Maschinen in der Nähe von elektrischen Freileitungen komme es zwar selten zu Unfällen. Wenn jedoch ein Unfall passiert, führe dies fast immer zum Totalschaden der Maschine. „Gerät die Arbeitsmaschine hierbei in Brand, hat der Landwirt möglicherweise nur noch die Wahl zwischen Strom und Feuer“, so Müller. Nach den einschlägigen VorÂschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz sei folgendes zu beachten, wenn es beim Annähern an eine Freileitung zur Berührung oder zu einem Überschlag kommt. So soll die MaÂschiÂne nicht verlassen werden. Denn sie steht gegenüber dem Erdreich unter gefährlicher Spannung, und es bildet sich ein sogenannter Spannungstrichter aus. Auf der Maschine ist man, solange kein Brand entsteht, in der Regel sicher. Wie ein FaradayÂscher Käfig schirmt die Kabine den Fahrer vor der elektriÂschen Spannung ab. Er muss die MaschiÂne aus dem Gefahrenbereich fahÂren, muss aber in der Kabine sitzen bleiben. Kann er die MaÂschine aber nicht mehr aus dem GefahÂrenbereich bringen, ruft er vom Handy aus in der Kabine den NotÂruf 112 an. Am schnellsten geht es, wenn die Rufnummer des Netzbetreibers im Handy gespeichert ist. Auch ein Notfallaufkleber ist sinnvoll. Wichtig ist, zur Hilfe herbeieilende Personen zu warnen, nicht in den Spannungstrichter zu laufen. Im SpannungsÂtrichter, der circa 20 m im Erdreich um die Maschine verläuft, nimmt die Spannung spiralförmig ab.
Brennt die Maschine und der Landwirt muss das Gerät verlasssen, soll er mit einem möglichst weiten Satz von der Maschine springen und dann mit den Füßen auf dem Boden gelandet mit sehr kleinen Schritten den Spannungstrichter verlassen, weil eine gefährÂliche Schrittspannung entsteht. Moe