„Die Mähdrusch-Kosten sind enorm gestiegen“

Lohnunternehmer müssen scharf kalkulieren

Die Getreideernte spielt seit Jahrzehnten eine herausragende Rolle für die Lohnunternehmen der Region. Mit dem ersten „Drescher“ fing es in vielen Betrieben in den 60er und 70er Jahren an. In einigen Gebieten wurde durch das attraktive Dienstleistungsangebot der Lohnunternehmen die Eigenmechanisierung der Landwirtschaft stark eingegrenzt. Entsprechend haben die Landwirte die verfügbare Zeit und das Kapital in Unternehmensbereichen investiert, die eine rentablere Verwendung versprachen. Andererseits hat die große Nachfrage dazu geführt, dass in einigen Lohnunternehmen die Druschflotte auf zehn und mehr Maschinen angewachsen ist.

Lohnunternehmer bieten Schlagkraft und Know-how.

Foto: Wesenberg

Heute ist allerdings festzustellen, dass man sich in Lohnunternehmen zunehmend die Frage stellt, inwieweit man sich in dem Arbeitsfeld noch engagieren sollte. Die Arbeitspreise verharren seit vielen Jahren auf einem (zu) niedrigen Niveau, die Wetterabhängigkeit ist so hoch wie in fast keinem anderen Arbeitsfeld und die Erntekampagnen werden immer kürzer.

Lohnt sich das Lohndreschen noch?

„Lohndrescher“ sind in einer unglücklichen Lage, weil in der Landwirtschaft insgesamt große Erntekapazitäten zur Verfügung stehen. Den Betrieben laufen auf der einen Seite die Kosten (Maschinen, Energie, Personal) davon, auf der anderen Seite sind die für eine Kostensenkung erforderlichen Steigerungen in der Saisonleistung (Stunden beziehungsweise Hektar) kaum zu realisieren.

Hessische Lohnunternehmen erreichen derzeit einen Marktanteil von etwa 50 Prozent beziehungsweise einen Gesamtumsatz von über 25 Mio. Euro pro Jahr; viel Potenzial also, aber auch viel Wettbewerb – letztlich auch mit der Eigenmechanisierung der Landwirte. Offensichtlich investieren die Ackerbau­betriebe, um das Wetterrisiko

zu senken und um über die Maschineninvestition ihre Steuerlast zu senken. Die gute Ertragslage in der Landwirtschaft hat sicherlich auch eine entsprechende Wirkung auf die Ma-schinenpreise.

Im Wettbewerb auch gegen die Eigenmechanisierung

Im Vergleich zu anderen Arbeitsverfahren ist das Besondere in der Getreideernte zudem, dass die Erntetechnik aufgrund ihrer technischen Reife prinzipiell sehr lange genutzt werden kann (>20 Jahre) und Mietmaschinen den Druck noch verstärken. Außerdem verkürzt der zunehmende Winterweizenanteil das Erntezeitfenster.

Folgende Berechnung der Verfahrenskosten zeigt, welchen Einfluss der Parameter „Saisonleistung“ auf die Höhe der Maschinenkosten bei einem Mähdrescher der mittleren Leistungsklasse hat. Die Be­rech­nungen erfolgen generell mit Nettopreisen unter Berücksichtigung eines Anschaffungspreises von 280 000 Euro, einer Nutzungsdauer von 15 Jahren und eines Dieselverbrauchs von 44 l/Stunde.

Die Tabelle zeigt erwartungsgemäß, dass mit zunehmender Saisonleistung die Verfahrenskosten pro Stunde im Mähdrusch sinken. Bei den Maschinenkosten werden entsprechend der Jahresleistung unterschiedliche Restwerte und Reparaturkosten einkalkuliert. Wegezeiten und -kosten werden ebenfalls bei Maschinen- und Personalkosten berücksichtigt.

Gesamtkosten zwischen 126 und 164 Euro/ha

Der Mähdrescher verursacht in diesem Beispiel Verfahrenskosten zwischen 251 Euro und 328 Euro pro Betriebsstunde je nach Auslastung. Bei einer Flächenleistung von 2 ha pro Stunde resultieren daraus Gesamtkosten in Höhe von 126 bis 164 Euro/ha. Zwischen günstigster und teuerster Variante liegen in diesem Beispiel bereits Welten. Ungünstige Strukturbedingungen können diese Kosten noch deutlich in die Höhe treiben, wie die Grafik zeigt.

Leider liegen für die Wegekosten (Maschine und Personal) eines Mähdreschers keine exakten Daten vor. Unter der Annahme, dass für die reinen Fahrtkosten etwa 80 Euro/h (für die Maschine und das Personal) anzusetzen sind, ergeben sich für Mähdrescher bei einer Saisonleistung von 150 h die in der Grafik gezeigten Kostenverläufe. Der Zeitaufwand für das Wechseln (inkl. An- und Abbau) der Flurstücke ist mit 20 Minuten veranschlagt. Entsprechend fällt bei unterschiedlichen Strukturen (s. Grafik, 4/6 ha bedeutet zum Beispiel 4 Teilflächen à 6 ha = 3 Flurstückwechsel) das Ergebnis aus.

Die Grafik zeigt sehr deutlich, dass kleinere Strukturen (Bsp.: 24-1 ha = 24 Teilflächen à 1 ha) die Gesamtkosten erheblich in die Höhe treiben. In der Berechnung werden die „Nutzungskosten der Wegezeiten“ bewusst nicht mit berücksichtigt. Es ist aber klar, dass in der Umsetzzeit von 20 Minuten grundsätzlich Fläche (rund 0,66 ha) beerntet werden könnte.

Vorteile und Risiken der Eigenmechanisierung

Die gewählten Rechenbeispiele erheben selbstverständlich nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Sicher ist aber, dass sich die Kosten des Mähdrusches in der jüngeren Vergangenheit enorm verteuert haben – diese Feststellung gilt für Lohnunternehmen und Landwirte gleichermaßen. In den letzten zehn Jahren ist das Lohnniveau um mindestens 25 Prozent gestiegen, der Preis für die Maschine um mindestens 50 Prozent und die Kosten für Dieselkraftstoff sind um etwa 100 Prozent teurer geworden.

Deutlich hinzuweisen ist auf die Tatsache, dass in diesem Beitrag nur die Kosten berechnet wurden. Unterstellt man die („normale“) Absicht der „Gewinnerzielung“, müssen die Preise entsprechend um 5 bis 10 Prozent angehoben werden.

Natürlich eröffnet der eigene Mähdrescher dem Landwirt prinzipiell gute Möglichkeiten, die besten Druschzeiten in der Ernte optimal auszunutzen. Allerdings findet dieser Vorteil auch seinen Preis in höheren Verfahrenskosten der Erntemaschine. Günstige Verfahrenskosten sind, wie die hier vorgestellten Berechnungen zeigen, nur durch eine entsprechend hohe Auslastung zu erreichen, die aber auch in der Eigenmechanisierung zu höheren Getreidefeuchten mit den unerwünschten Trocknungskosten führen kann. Außerdem ist zwingende Voraussetzung für die Eigenmechanisierung, dass betriebsseitig ein qualifizierter Drescherfahrer zur Verfügung stehen muss.

Hohe Anforderungen an Schlagkraft und Einsatzsicherheit

Beim Lohndrusch ist hingegen neben dem zeitgemäßen Arbeitspreis dringend die Frage nach einer faireren Form der Abrechnung zu diskutieren. Einflussgrößen, wie Tageszeit, Flächen- und Betriebsstruktur oder Kornertrag sind kostenbestimmend, werden in der Praxis aber äußerst selten für die Preisgestaltung herangezogen. Darüber hinaus sind Kornfeuchte und Getreidequalitäten wichtige Größen in der Bewertung eines optimal terminierten Mähdreschereinsatzes.

Auch in der Getreideernte sind Lohnunternehmer wichtige Partner der modernen Landwirtschaft. Derzeit sind viele Ansatzpunkte zu erkennen, die eine effizientere Zusammenarbeit zwischen Dienstleister und Landwirt ermöglichen. In wachsenden Ackerbaustrukturen werden in der Ernte hohe Anforderungen an die Schlagkraft und Einsatzsicherheit der Mähdrescher gestellt. Darüber hinaus entscheidet in dieser Arbeitsspitze insbesondere das vorhandene (oder immer häufiger nicht vorhandene) qualifizierte Personal über Eigenmechanisierung oder Lohndrusch.

Dr. Martin Wesenberg, Landesverband der Lohnunternehmer Hessen  – LW 24/2015