Das meist schwache Bild verfestigt sich langsam

Umfrage zum Stand der Ernte beim Landhandel im LW-Gebiet

Die Ernte ist witterungsbedingt noch nicht komplett eingefahren, dennoch sind erste Ergebnisse zu Mengen und Qualitäten beim Landhandel verfügbar. Zum aktuellen Stand befragte das LW Carl Offergeld, Geschäftsführer der RWZ Rhein-Main, Vertriebsgruppe Hessen, Lars Otto, Agrarhandel Triebstein, Wildeck-Obersuhl und Vorsitzender der VdAW Fachgruppe Landhandel Hessen, sowie Heinz Dippel, Leiter der Agrar-Sparte der Raiffeisen Waren GmbH (RaiWa) in Kassel.

Beim Raps ist es vereinzelt zu Auswuchs gekommen.

Foto: Balser

Zur Frage, wie weit die Ernte im jeweiligen Geschäftsgebiet fortgeschritten ist, beziehungsweise wieviel Getreide und Raps jetzt noch auf den Flächen stehen, stellte Carl Offergeld Anfang dieser Woche fest, dass in den Rand- und Höhenlagen noch etwa 15 Prozent Weizen und Raps stehen, vereinzelt auch noch Sommergerste. Lars Otto schätzt, dass 90 bis 95 Prozent der Ernte eingebracht sind. „Die Ernte war regional sehr unterschiedlich in ihrem Fortgang. Je nach Witterung und Höhenlage stehen noch vereinzelt Bestände auf den Feldern“, so der Landhändler. Auch Heinz Dippel spricht von regional unterschiedlichen Erntefortschritten, was vor allem auf witterungsbedingte Unterbrechungen zurückzuführen sei. Bezogen auf den hessischen Raum ging man in Kassel am Dienstag dieser Woche von rund 15 Prozent nicht geernteter Fläche aus.

Trockenheit im Frühsommer sorgt für leichte Mindererträge

Hinsichtlich der Erntemengen zeichnet sich ein heterogenes Bild ab. „Bei Getreide fehlen in den frühen Gebieten, vor allem in Südhessen, rund 20 Prozent Ertrag. Nördlich des Mains liegen die Erträge bei Getreide im Durchschnitt, vereinzelt sogar leicht darüber. Flächendeckend sind die Raps-Erträge sehr enttäuschend ausgefallen, was den Bedingungen in der gesamten Phase von der Aussaat bis zur Ernte geschuldet ist“, sagt Offergeld. Lars Otto betont die ungleichmäßige Niederschlagsverteilung während der Wachstumsperiode; dadurch ergäben sich sehr unterschiedliche Ertragssituationen. „Dort, wo die Trockenheit ausgeprägt war und zusätzlich auf schwache Bodenbonitäten getroffen ist, fehlen Erträge. Es gibt aber auch Regionen mit guten Er-trägen“, stellt er fest. Dippel bestätigt diese Einschätzungen und rechnet bezogen auf das Vorjahr mit Erträgen, die ungefähr 10 bis 20 Prozent niedriger liegen. Niedrige Hektoliter-Gewichte. Laut Offergeld sind die Qualitäten vor allem beim Weizen in diesem Jahr äußerst heterogen; Partien, die alle Parameter erfüllten, seien eher selten. „Das größte Problem sind die nach den Regenfällen fehlenden hl-Gewichte, bei denen im Schnitt 3 kg/hl zum kontraktlichen Wert fehlen. Aufgrund vereinzelter Auswuchs-Probleme bei Raps sind auch die Ölgehalte schwächer als im Fünf-Jahres-Schnitt“, so der RWZ-Fachmann. Lars Otto berichtet ebenfalls von vereinzeltem Auswuchs bei Raps. Da dies zu Veränderungen im Fettsäuremuster führe, gingen damit Qualitätsprobleme einher. Auch die Ölgehalte im Raps fielen etwas geringer als im Vorjahr aus. Otto weiter: „Bei Getreide stellt sich naturgemäß Auswuchs ein, wenn die Bestände über lange Zeiträume und vor allem bei höheren Temperaturen dauerfeucht sind oder immer wieder durch Regenschauer nass werden. Bei spätreifen Weizensorten waren teilweise noch Backqualitäten zu beobachten; hl-Gewichte und Eiweißgehalten streuen ähnlich wie die Erträge stark. Aus Sicht der RaiWa schwanken die Fallzahlen stark, so Dippel. Einige Partien seien nur als Futterweizen zu vermarkten. „Je nach Abreife kamen nach den großen Regenmengen dennoch gute Fallzahlen auf die Gossen, was teilweise darauf zurückzuführen ist, dass Weizen, je nach Sorte, noch nicht reif war. Weiter stellen wir hohe Proteinwerte fest, wobei die hl-Gewichte im Schnitt 1 bis 2 kg schwächer ausfallen“, so Dippel weiter. Der Ölgehalt beim Raps liege im Durchschnitt bei 42 Prozent.

Markt- und Preisgeschehen

Hinsichtlich einer Einschätzung zu den Markt- und Preisaussichten halten sich die Vertreter der Handelshäuser noch zurück. „Hier dürfen keine vorschnellen Aussagen getroffen werden“, betont Offergeld. Denn die Ernte in Deutschland sei noch lange nicht beendet und habe in einigen Regionen Europas gerade erst begonnen, wie zum Beispiel im Baltikum. Diese Ware stehe in direktem Wettbewerb zur deutschen Erzeugung. Ähnliches gelte für Frankreich, wo sowohl Mengen als auch Qualitäten deutlich über dem Vorjahr liegen dürften. Lars Otto will Mengen und Qualitäten sichten, wenn die Ernte abgeschlossen ist: „Grundsätzliche Aussagen sind derzeit kaum möglich. Mit zunehmender Erntedauer muss im Prinzip jede Partie separat betrachtet und besprochen werden. Die Unsicherheit, welche Mengen und Qualitäten zum Schluss im Silo liegen, erklärt die derzeitige Zurückhaltung an den Märkten“. Für Dippel wird das Markt- und Preisgeschehen durch internationale Daten geprägt, beispielsweise Mengen aus Ãœbersee und Russland. „In diesem Jahr steht die Preisbildung zusätzlich unter besonderem Druck durch die Währungsentwicklung“, analysiert er. Regional würden die Schwerpunkte eher auf den Qualitäten liegen. Backweizen werde stärker nachgefragt und Futtergetreide gerate eher unter Druck.

Individuelle Lösungen bei Nichterfüllung von Kontrakten

„Bei der Erfüllung von Vorverträgen deuten sich bereits Probleme an, da viele Qualitätsweizen-Kontrakte nicht mit entsprechender Ware erfüllt werden können“, so Offergeld. Es gelte allerdings, zunächst die Ernte und die Lieferungen zur Gänze abzuschließen, um dann individuelle und faire Lösungen zu erarbeiten. Otto betont, dass Verträge natürlich einzuhalten und eingegangene Lieferverpflichtungen zu erfüllen sind. „Kann nicht erfüllt werden, liegt es an den Kontraktpartnern, eine einvernehmliche Lösung, beispielsweise über Zukauf, zu finden.“ Ob solche Situationen 2017 zu befürchten seien, müsse noch abgewartet werden. Dippel hält es für möglich, dass einige Kontrakte nicht mit den entsprechenden Qualitäten erfüllt werden können. Diese Differenzen würden mit den marktüblichen Abschlägen abgerechnet. Allerdings sei darauf zu achten, dass sich die Preise von Back- und Futterweizen aufgrund zunehmend schlechter Qualitäten auseinander entwickelten.

KB – LW 33/2017