Im Milchviehbetrieb hilft bereits der Vorkühler viel Geld zu sparen

Leuchtturmbetriebe im bundesweiten Projekt vorgestellt

Landwirte können durch die Steigerung der Energieeffizienz einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Aus dieser Erkenntnis wurde im Jahr 2015 das Projekt „Klimaschutz durch Steigerung der Energieeffizienz in der Landwirtschaft“ beschlossen, das in elf Bundesländern durchgeführt wird. Projektpartner in Hessen ist der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen.

Informierten über realisierbare Maßnahmen mit dem Ziel, eine höhere Energieeffizienz­ in der Landwirtschaft zu erreichen, von links: Carla Schied (Projektleiterin LEL), Anika Schlameuß (Projektbetreuerin LEL), Lars Hild (Leuchtturmbetrieb Hild GbR, Nieder-Seemen), Karl-Heinz Wiech (LLH-Energieberater, Fulda), Tim Kurzenknabe (Kurzenknabe GmbH, Espenau).

Foto: Dr. Hildebrandt

Bundesweit wurden im Zuge dieses Projektes in 18 land­wirt­schaftlichen Betrieben, darunter zwei in Hessen, Energiemaßnahmen beraten, durchgeführt und umgesetzt. Teilergebnisse und der spätere Abschlussbericht mit den gewonnenen ökonomischen und ökologischen Vorteilen sollen im Internet auf www.energieeffizienz-landwirtschaft.de so­wie durch Fachberichte und Vorträge veröffentlicht werden.

Vorbild für die künftige landwirtschaftliche Praxis

Karl-Heinz Wiech, Energiebe­rater beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, erläuterte die Bewertung der Energieeffizienzberatung (18 Punkte) bei Förderprojekten im Agrarinvestitionsprogramm (AFP). Zum Projekt selbst, das von Projektleiterin Carla Schied und Anika Schlameuß von der Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume in Schwäbisch Gmünd (LEL) vorge­stellt wurde, informierte Schlameuß über Ziele des Projekts, mittels der beispielhaften Umsetzung technischer Maßnahmen eine höhere Ener­gie­ef­fi­zienz­ zu erreichen, zum Klimaschutz beizutragen, indem die Ergebnisse vorgestellt und kommuniziert werden und eine Verbreitung in der landwirtschaft­lichen Praxis finden.

Um dies zu erreichen, arbeite man in vier sich ergänzenden Maßnahmenbündeln. Zunächst habe man Leuchtturmbetriebe benannt, die durch die Energieberatung der Projektpartner betreut und ausgewertet werden. Die Ergebnisse werden anschließend veröffentlicht. Als zweite Aufgabe werde die Entwicklung und Bereitstellung von Arbeitshilfen und Materialien zur Unterstützung der Beratung und zur Umsetzung der Energieeffizienzmaßnahmen verfolgt. Weiterhin folge eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit zur Motivation der Praxis für die Investition in besonders energieeffizien­te Maßnahmen bei der Planung und Umsetzung von Vorhaben und zur Information der Öffentlichkeit. Als weiteren Schritt geht es dann um die Konzeption und Durchführung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen.

Standard-Beratungen und Fortbildungen einrichten

Als sogenannte Leuchtturmbetriebe wurden solche Betriebe gewählt, auf denen bereits beson­dere Energieeffizienzmaßnahmen umgesetzt wurden oder noch umgesetzt werden. Neben regelmäßigen Veröffentlichungen zum Fortgang und den Erfolgen des Projekts werden auf diesen Betrieben Veranstaltungen durchgeführt, die durch gelungene Vorhaben eine Motivation der landwirtschaftlichen Praxis zur Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen erreichen soll. Mit standardisierten Beratungstools aus den beteiligten Bundesländern soll eine Art Werkzeugkasten für die Energieeffizienzberatung in der Landwirtschaft geschaffen werden, der allen Beteiligten zur Verfügung steht. Durch Fortbildungsveranstaltungen mit einer Basisqualifikation, über Workshops und Praxistage sollen Multiplika­toren geschult werden, welche zur weiteren qualifizierten Verbreitung der Ergebnisse führen. So soll ein Prozess in Gang gesetzt werden, mit dessen Hilfe Elemente der Energieeffizienzberatung auch in den Lehrstoff von Fachschulen einfließen.

Einsparpotenziale rund um das Melken nutzen

Blick in den 2 x 16 Side-by-Side-Melkstand des Betriebes Caspar. Hier wurden zahlreiche Energieeffizienzmaßnah­men umgesetzt, die gemeinsam von Henning Caspar und Tim Kurzenknabe erläutert wurden. Im Stall zählen dazu die LED-Leuchten sowie im Melkzentrum die Kühleinrichtungen, ferner die LED-Beleuchtung im Melkstand.

Foto: Dr. Hildebrandt

Am Beispiel der Milchviehhaltung (bei den Leuchtturmbetrieben werden auch die Betriebszweige tierische Veredelung, erneuerbare Energi­en, Pferdehaltung und Weinbau betreut) stellte LLH-Berater Wiech heraus, dass die Energieeinsparpotenziale in der Milchviehhaltung hauptsächlich im Strom- und Wärmeverbrauch rund um das Melken bestehen.

Ein Betrieb mit 120 Milchkühen verbrauche durchschnittlich 114 kWh Wärme/Kuh und Jahr und 353 kWh Strom/Kuh und Jahr. Die möglichen Einsparpotenziale bei der Milchkühlung durch Vorkühler, Aufstellungsorte und Auslegung könnten bis zu 60 Prozent erreichen. Vergleichbares Einsparpotenzial sei für Vakuumpumpen bekannt, bedingt durch die richtige Wahl des Pumpentyps, der Frequenzsteuerung, der Organisation von Melkzeiten und der Auslegung der Melkanlage. Einsparpotenziale bestünden auch bei der Reinigung der Melkanlage durch effiziente Warmwasserbereitung über Wärmerückgewinnung und Abwärmenutzung.

Jahresstromkosten um 3 700 Euro verringert

Bei der Stall- und Anlagenbeleuchtung können Energiekosten ebenfalls von bis zu 60 Prozent gespart werden, zum Beispiel durch den Austausch von energiefressenden Beleuchtungskörpern und die Nutzung von Zeitschaltungen und Bewegungsmeldern. Dazu gebe es weitere Ansatzpunkte zur Energieeinsparung bei Begleitheizungen für Tränkewasser, Ventilatoren, Motoren, Druckluftanlagen, Fütterung, Kälbertränkeautomaten, Entmistung und Güllepumpen. In der hessischen Energieberatung würde der Ist-Zustand beim Energieverbrauch festgestellt und mit KTBL-Daten und der Gesamtheit der erhobenen Daten verglichen. So erkenne der Betrieb seinen Stand und eventuelle Ansatzpunkte hier Veränderungen im Sinne einer besseren Energieeffizienz durchzuführen. Es zeige sich, dass die größten Einsparpotenziale bei der Melkarbeit, der Reinigung, der Milchkühlung und der Beleuchtung liegen. Nach einer Betrachtung von Einsparmöglichkeiten beim Dieselverbrauch kommt Wiech zum Ergebnis, dass die Bedeutung der Energie als Produktions- und Kostenfaktor im Bewusstsein jedes Landwirts sein müssen, da sie unmittelbar kostenwirksam sind.

Die Hild GbR aus Nieder-Seemen und der Betrieb von Walter Lang aus Stockhausen stellten im Anschluss ihre Milchviehbetriebe und ihre Maßnahmen zur Umsetzung einer höheren Energieeffizienz vor. Lars Hild erläuterte, dass in seinem Betrieb mit 260 Milchkühen durch Optimierung der Milchkühlung, wobei für 5 500 Euro ein Vorkühler eingebaut wurde, der jährliche Stromverbrauch von 45 900 kWh auf 29 000 kWh gesenkt werden konnte. Durch diese Absenkung wurden die Stromkosten um 3 718 Euro im Jahr gesenkt, womit sich die neue Anlage bereits nach 1,5 Jahren amortisiert habe. Geplant sei der Austausch von 44 Leuchstofflampen und 22 Natriumdampflampen durch 56 LED-Lampen. Rechnerisch würden hierdurch 5 000 kWh/Jahr (1 100 Euro) eingespart. Die Armortisationsdauer betrage hierbei 10,2 Jahre.

Frequenzsteuerung der Vakuumpumpe

Der Ökobetrieb von Walter Lang hält 157 Milchtiere und hat ebenfalls durch die Optimierung der Milchkühlung (Einbau eines Milchvorkühlers) deutlich bei den Stromkosten (5 800 kWh, ent­sprechen 1 276 Euro/Jahr) einsparen können. Weitere Einsparpotenziale (minus 4 500 kWh, entsprechen 990 Euro im Jahr) konnten durch Nachrüstung einer Frequenzsteuerung an der vorhandenen Vakuumpumpe realisiert werden. Hinzu kommt im Betrieb Lang die Nutzung von 12 054 kWh Eigenstrom bei einem aktuellen Preisvorteil von 6 Cent je kWh. Der Nettoinvestitionsbedarf von 25 000 Euro für die PV-Anlage hat sich seinen Ausführungen nach in einem Zeitraum von 12,2 Jahren armortisiert. Umrüstungen bei der Beleuchtungsanlage sollen angegangen werden, wenn Leuchtkörper ersetzt werden müssen. In einer Gesamtschau zwischen Vorher und Nachher wies er auf Energieeinsparungen von 13 000 kWh, Kosteneinsparungen von 4 300 Euro und eingesparte CO2-Emissionen von 12 520 kg pro Jahr hin.

Moderne LED-Konzepte für Ställe und Hallen

Henning Caspar aus Heimertshausen stellte seinen neuen, modernen Kuhstall mit energieeffizienter Technik vor.

Foto: Dr. Hildebrandt

Tim Kurzenknabe von der Firma Kurzenknabe GmbH Werksvertretungen in Espenau stellte LED-Beleuchtungskonzepte für Tierställe und Hallen vor, die mit dem Lufolight LED-System ausgestattet sind, das von der Elkom-Elektronik GmbH entwickelt wurde. Er erläuterte die Anforderungen von Tier und Landwirt an die Beleuchtung und verglich Beleuchtungssysteme wie Energiesparlampen, Leuchtstoffröhren, Hochdruckentladungslampen, Retrofitlampen und LED-Röhren mit Blick auf Kriterien wie Licht­emis­sio­nen, Leistungen und Kosten sowie auch Gefahren für Tiere und Betreiber. Anhand von Bildbeispielen zeigte er Unterschiede der Stallausleuchtung nach Umrüstungen von bisherigen Beleuchtungssystemen und LED-Leuchten und wies darauf hin, dass keine Feuchtigkeit in den Leuchten eindringen darf. Weiterhin, dass stark schwankende Umgebungstemperaturen keinen Einfluss auf die Funktionalität haben dürften. Ammoniakhaltige Luft darf nicht in die Lampe eindringen, weil dadurch die Leuchtdioden zerstört werden können. Deshalb ist darauf zu achten, dass die Lampengehäu­se aus beständigen Materialien angefertigt sind, riet Kurzenknabe. LED-Leuchten müssten diese Forderungen erfüllen, einen hohen Wirkungsgrad erreichen indem sie 30Prozent der Energie in Licht umwandeln und neben guter Farbwiedergabe auch eine hohe Lebensleistung erreichen.

Weitere Energiesparmöglichkeiten bieten die Installation eines Lichtmanagers und automatisches Ein- und Ausschalten aller ansteuerbaren Lampen wie auch deren Beleuchtungsstärken regeln könne.

Milchviehbetrieb in Heimertshausen besichtigt

Im Anschluss fand die Besichtigung des Deichhof der Caspar GbR in Heimertshausen statt. Der Betrieb mit 310 Milchkühen wurde von Betriebsleiter Henning Caspar vorgestellt. Bei einem 2015 erstellten Neubau für 170 Kühe mit Melkzentrum (zwei mal 16 Side-by-Side-Melkstand) wurden zahlreiche Energieeffizienzmaßnahmen umgesetzt, die vom Betriebsleiter gemeinsam mit Tim Kurzenknabe erläutert wurden. Dazu zählen die installierten LED-Leuchten und im Melkzentrum die Kühleinrichtungen für die Milch, die in einem 25 000 Liter fassenden Silotank gelagert wird sowie eine individuell angepasste LED-Beleuchtung im Melkstand. Der Landwirt erläuterte seine Entscheidungen für Wahl der jeweiligen Technik und in Bezug auf die Stallgestaltung, die aus seiner Sicht den Anforderungen des Betriebes entsprechen müssen.

Dr. Ernst-August Hildebrandt – LW 44/2017