„Ich möchte niemanden verprellen“
Landwirtschaftsministerin Hinz stellt sich in Südhessen vor
Die neue hessische Landwirtschaftsministerin Priska Hinz (Bündnis 90/Die Grünen) hat bei ihrem ersten Auftritt vor Landwirten um Vertrauen geworben und ihren Wunsch nach Zusammenarbeit formuliert. Sie wolle gemäß dem Koalitionsvertrag zwischen CDU und Grünen Bewährtes weiterführen aber auch Akzente setzen. Hierbei geht es insbesondere um die stärkere Förderung des ökologischen Landbaus, wie die Ministerin am Montag bei der Eröffnung der Landwirtschaftlichen Woche Südhessen in Gernsheim ankündigte.

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Dazu soll ein ökologischer Aktionsplan aufgestellt werden, inklusive einer Informations- und Motivationskampagne. Allerdings wolle sie keine Veränderung mit der Brechstange, sondern im Dialog mit der Landwirtschaft, so die Ministerin. „Ich möchte niemanden verprellen“. Vielmehr wolle sie einen fairen Ausgleich zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft. Auch die konventionelle Landwirtschaft könne und müsse tier- und umweltgerecht sein, sagte die Ministerin.
Hessen im Ökolandbau führend
Offenbar mit Blick auf die grüne Agrarpolitik ihrer Amtskollegen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen erkannte sie an, dass Hessen einen niedrigen Viehbesatz habe und dass es keine „Vermaisung“ und keine Grünlandverluste gebe. Zudem sei Hessen in punkto Ökolandbau schon führend. Das heiße allerdings nicht, dass alles zum Besten stehe.
In weiten Teilen ihrer Ansprache hielt sich die neue Ministerin an den Wortlaut des Koalitionsvertrags. So solle der Zukunftspakt, der 2012 zwischen dem Hessischen Bauernverband und der damals schwarz-gelben Landesregierung geschlossen wurde, erhalten bleiben. Allerdings soll der Pakt auf eine breitere Basis gestellt werden, Vertreter anderer Gruppierungen, die die Ministerin nicht nannte, sollen eingebunden werden.
Zufrieden mit Ergebnis der Agarministerkonferenz
Im Hinblick auf die Ausgestaltung beziehungsweise auf die nationale Umsetzung der GAP-Reform zeigte sie sich zufrieden. „Ich glaube, wir haben in der Agrarministerkonferenz eine gute Einigung hinbekommen.“ Wichtig sei für sie, den Landwirten Planungssicherheit zu geben.

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Hessen werde sich für den Erhalt der Zweiten Säule mindestens im heutigen Umfang einsetzen. Zwar habe die EU die Haushaltsmittel gekürzt; durch den neuen Verteilungsschlüssel im Bund erhalte Hessen aber trotzdem mehr Geld, so Hinz. „Da hat meine Vorgängerin offenbar gut verhandelt“, sagte sie. „Dafür danke ich Lucia Puttrich.“
Im Rahmen der Zweiten Säule soll insbesondere die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete weiter angeboten werden. Mit Hilfe des Umweltprogramms soll die extensive Haltung von Rindern, Schafen und Ziegen gefördert werden. Bei der Agrarinvestitionsförderung soll bei Stallbauten eine besondere Förderung geleistet werden, wenn die Tierhaltungsbedingungen über den gesetzlichen Standards liegen.
HBV reicht Hände zur Zusammenarbeit
Die neue Ministerin bezeichnete es als ihre vordringliche Aufgabe zu Beginn ihrer Amtszeit, mit den Landwirten ins Gespräch zu kommen. „Mich interessieren Ihre Nöte und Probleme.“
Der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, bot der Ministerin in seiner anschließenden Ansprache „beide Hände der Zusammenarbeit an“. Er betonte dabei, dass der Hessische Bauernverband rund 90 Prozent der Betriebe repräsentiere. Mit Blick auf Südhessen skizzierte er die Probleme der Landwirtschaft, besonders den Flächenverlust durch Infrastrukturmaßnahmen, Ausgleichsflächen und Waldzuwachs. Gerade die ertragreichsten Flächen des Landes gingen dadurch verloren. Die Landwirte könnten regionale Märkte versorgen, stünden aber gleichzeitig auf den Märkten in Konkurrenz zu Importware aus Europa und Übersee. „Die Bauern in Hessen haben bewiesen, dass sie gut und nachhaltig produzieren können“, stellte Schneider fest. Global stünden sie vor der Herausforderung, bald über 9 Mrd. Menschen ernähren zu müssen. Dies müsse auf den Flächen geschehen, „die heute zur Verfügung stehen, denn Ackerland ist nicht vermehrbar.“
In Anspielung auf den von den Grünen im Wahlkampf propagierten Veggieday wandte er sich gegen eine „arrogante Manier“ vorzuschreiben, was die Menschen essen sollten. Der HBV-Präsident stellte für die Landwirte klar, dass sie das produzierten, was die Märkte verlangten. Die Landwirtschaft bekenne sich dabei zu Produktions-, und Sozialstandards, zum Schutz von Natur und Umwelt, zur Initiative Tierwohl und zur Transparenz in den Ställen, egal ob konventionell oder ökologisch ausgerichtet. „Wir Bauern in Hessen fordern Spielraum, um produzieren zu können, jeder auf sein Art und angemessen unterstützt durch EU, Bund und Land.
Die neue Präsidentin des Landfrauenverbandes Hessen, Hildegard Schuster, hob die wichtige Rolle der Frauen auf den Betrieben hervor und wies auf das Engagement des Verbandes bei der Weiterbildung zur Agrarbürofachfrau hin. Das Geld werde mit Blick auf die Agrarantragstellung und die Einhaltung von Cross Compliance immer mehr im Management des Betriebes verdient, so Schuster. Sie forderte die Ministerin auf, für Planungssicherheit zu sorgen. Schuster verwies auch auf die Rolle der Landfrauen bei der Vermittlung von Wissen im Bereich Landwirtschaft und Nahrungsmittel. Diese Wissensvermittlung sei wichtig, weil der Verbraucher immer weniger von Landwirtschaft verstehe.
CM – LW 5/2014