Die Nutztiere sind unverzichtbar

Ausschuss Tierische Produktion der Kammer tagte

Die 80. Sitzung des Ausschusses Tierische Produktion der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz konnte ohne Einschränkungen stattfinden. Der Vorsitzende des Ausschusses, Manfred Zelder, begrüßte die Teilnehmer in den Räumen des DLR Eifel und dankte DLR-Leiterin Dr. Anja Stumpe für die Möglichkeit, die Sitzung dort durchzuführen.

Einem Bauernhof ohne Tiere fehlt das Herz, sagte mal ein weiser Landwirt. Für eine Kreislaufwirtschaft sind die Nutztiere unersetzlich.

Foto: Uschi Dreiucker_pixelio.de

Zelder berichtete darüber, dass sich die Verantwortlichen der DLRs, der Landwirtschaftskammer, des Hofgutes Neumühle und des Geflügelwirtschaftsverbandes (GWV) Anfang Juli bezüglich eines Beratungsangebotes für Geflügelhalter ausgetauscht haben. Anläßlich der Jahresversammlung des GWV Ende September in Koblenz haben die Beteiligten ihr Beratungsangebot vorgestellt. Die Fortsetzung des Tiergesundheitsdienstes für kleine Wiederkäuer wurde beim zuständigen Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität beantragt und von dort positiv beantwortet.

Nicht-essbare Biomasse muss veredelt werden

Kurzfristig hat die Landwirtschaftskammer auf Anregung des Ausschussvorsitzenden Zelder zur Reduzierung der Ko-Finanzierung der EU bei Tierseuchenausbrüchen Stellung genommen und das zuständige Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität gebeten, sich für eine Beibehaltung der bisherigen Regelung einzusetzen.

Die Diskussion um Nutztiere werde von Narrativen bestimmt, wie Nutztiere seien Nahrungskonkurrenten, sie belasten die Umwelt, Kühe seien Klimakiller und ähnliches. Prof. Dr. Wilhelm Windisch führte in seinem Beitrag anschaulich aus, dass bei der Diskussion wichtige Inhalte nicht berücksichtigt und nicht gesehen werden. Er traf folgende Feststellungen:

  • Die Landwirtschaft produziert Biomasse, nur ein kleiner Teil der Biomasse ist essbar, der größte Teil muss veredelt und essbar gemacht werden.
  • Weltweit gesehen ist nur der Strafraum eines Fußballfeldes ackerfähig und die zum Anbau von Ackerfrüchten notwendige Fläche werde täglich kleiner. Grasland ist demgegenüber in großem Umfang verfügbar und eine fundamentale Quelle an Biomasse, die allerdings nicht-essbar ist.
  • Nutztiere liefern Nahrungseiweiß und Kilokalorien aus der begrenzten Fläche ohne Nahrungskonkurrenz. Da sie außerdem wertvollen Dünger liefern, sind sie ein wichtiger Bestandteil der Kreislaufwirtschaft. Sie fördern die Pflanzenproduktion und erzeugen zusätzliche Lebensmittel.
  • Die Kreislaufwirtschaft der nicht-essbaren Biomasse ist umwelt- und klimafreundlich
  • Die Umweltwirkungen der Nahrungsproduktion erreichen ihr Minimum nur mit Nutztieren
  • Wiederkäuer sind auf den ersten Blick umweltschädlich, sie bilden jedoch aufgrund der Nutzung nicht-essbarer Biomasse die Basis für eine nutzbringende Kreislaufwirtschaft.

Prof. Windisch berichtete von einer Studie aus der Schweiz, die einen Rückgang in allen Bereichen erwarten lässt, am höchsten bei der Geflügelhaltung und Eierproduktion. Für die Fütterung stellt er die Verwendung heimischer Futtermittel und einen noch stärkeren Einsatz von Nebenprodukten in den Vordergrund. Die Futtereffizienz muss optimiert werden, sowohl durch maximale Futterqualität als auch durch minimale Verschwendung und Verluste. Hier gibt es in den meisten Betrieben noch Verbesserungspotenziale. Insgesamt machte Prof. Windisch deutlich, dass die Tierhaltung für eine nachhaltige und klimaschonende Landwirtschaft unverzichtbar ist.

Aufgabenschwerpunkte beim Hofgut Neumühle

Dr. Christian Koch hat im Frühjahr 2022 die Leitung des Hofgutes Neumühle in Münchweiler an der Alsenz übernommen. Das Hofgut Neumühle sieht sich als flexibler, kundenorientierter Dienstleister für Land- und Tierwirte ebenso wie für Verbraucher. Dr. Koch ist selbst auch wissenschaftlich sehr engagiert und arbeitet eng mit nationalen und internationalen Einrichtungen zusammen. Er berichtete von den verschiedenen Projekten, bei denen das Hofgut beteiligt ist. Aktuell stehen einige Umbaumaßnahmen an. So wird der alte Kuhstall zur Nutzung für die Eigenleistungsprüfung von rund 100 Bullen der verschiedenen Fleischrindrassen umgebaut. Nachdem die Stationsprüfung für seltenere Rassen wie Glanrind, Pinzgauer, Piemonteser und Gelbvieh bereits seit 2020 mit guten Ergebnissen auf dem Hofgut läuft, sei das Fleischrinder Herdbuch Bonn nach Schließung der Prüfstation in Eickelborn im vergangenen Jahr mit dem Wunsch vorstellig geworden, auch die Prüfung der intensiven Rassen Charolais, Limousin, Blonde d'Aquitaine und Fleckvieh auf der Neumühle durchzuführen.

Tierseuchen in RLP – wie ist die aktuelle Situation?

Dr. Silvia Eisch-Wolf vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität berichtete über die aktuelle Situation bei der Afrikanischen Schweinepest (ASP), bei der Blauzungenkrankheit und der Geflügelpest. Auf der Internetseite www.tsis.fli.de werden alle Meldungen über das Auftreten von Tierseuchen zeitnah erfasst und dem Nutzer ein aktueller Überblick gegeben. Bei der ASP konzentriere sich das Geschehen auf den Grenzraum Deutschland-Polen. Es gab in den letzten Monaten aber auch Vorkommen bei Hausschweinen in Baden-Württemberg und im Emsland.

Bezüglich Blauzungenkrankheit sprach Dr. Eisch-Wolf den Antrag von RLP zur Verkleinerung des Restriktionsgebietes an. Voraussichtlich zu Beginn des neuen Jahres ist mit dem Bescheid zu rechnen, dass nur noch die Landkreise im ehemaligen Regierungsbezirk Trier in der Restriktionszone verbleiben.

Dramatische Auswirkungen vor allem im Norden Deutschlands hat inzwischen die Geflügelpest. Da es keinen in der EU zugelassenen Impfstoff gebe ist die Gefahr des Eintrags für ganz Deutschland hoch.

Aus aktuellem Anlass spricht Dr. Eisch-Wolf den Zukauf von Tieren mit fraglichem Status bei BHV1 an. Jeder Betrieb sollte sich des Risikos beim Zukauf bewusst sein und notwendige Schritte zum Erhalt seines Frei-Status einhalten. Bezüglich der Reduzierung der Ko-Finanzierung der EU bei Maßnahmen im Tierseuchenfall bemerkte Dr. Eisch-Wolf, dass es noch keine Hinweise für 2023 gebe.

Antibiotika-Minimierungskonzept – was ändert sich?

Bianca Ziehmer vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau stellte die anstehenden Änderungen im Tierarzneimittelgesetz (TAMG) vor. Das Ziel der Gesetzesänderung sei es, den Einsatz von Antibiotika in landwirtschaftlichen Betrieben besser zu erfassen und dauerhaft zu senken. Dabei soll das nationale Minimierungskonzept nicht mehr nur für Masttiere gelten, sondern auf weitere Nutzungsarten, wie Milchkühe, Jung- und Legehennen, Sauen und Eber zur Ferkelerzeugung ausgedehnt werden. Im Vergleich zum bestehenden System werden die Tierhalter hinsichtlich der Meldeverpflichtung entlastet, da die Tierärzte Meldeverpflichtungen bekommen.

In der Diskussion wird angesprochen, dass seitens der Tierärzte erhebliche Bedenken zur Durchführbarkeit der Meldungen angemahnt wurden. Ob eine beim HI-Tier vorhandene Schnittstelle von der Tierärzteschaft genutzt werden kann, sei noch zu klären. Auch von den Landwirten wird die Vorgehensweise kritisch hinterfragt. Es ist vorgesehen, sieben Jahre nach in Kraft treten der Regelungen, also ab dem 31. Dezember 2029, eine Evaluierung zu den Antibiotikaabgabemengen, -verbrauchsmengen, den Therapiehäufigkeiten und der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen durchzuführen. Auch wenn bezüglich Antibiotika die Meldeverpflichtung vom Tierhalter auf den Tierarzt übergeht, bleiben die Dokumentationspflichten bei anderen Arzneimitteln zur Anwendung bei Lebensmittel liefernden Tieren bestehen.

Manfred Zelder informierte, dass Patrick Steinke, Vieh- und Fleischhandelsverband Hessen und Rheinland-Pfalz, auf der konstituierenden Sitzung des Tierschutzbeirates zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde.

Gertrud Werner, lwk rlp – LW 1/2023