Der Ökopunktehandel kommt in Schwung

Bedarf steigt weiter an – auch Kreisverwaltungen in der Pflicht

Der Handel mit Aufwertungsrechten für die Natur wird „Ökopunktehandel“ genannt. Obwohl es dieses Instrument in Hessen seit Jahren gibt, konnte bisher noch kein Durchbruch erzielt werden, um die positiven Effekte spürbar werden zu lassen. Das teilte in der vergangenen Woche die Hessi­sche Landgesellschaft aus Kassel (HLG) mit. Mit Blick auf die wachsen­de Nachfrage nach Ökopunkten und einer flächensparenden Kompensation bei Eingriffen in die Natur rufe die HLG zur engeren Zusammenarbeit der Unteren Naturschutzbehörden mit der Landgesellschaft auf, heißt es.

Landrat Dietrich Kübler zur Eröffnung der Beiratssitzung der Ökoagentur.

Foto: HLG

Wer in Natur und Landschaft eingreift, muss diesen Eingriff wieder ausgleichen – das ist ein Grundprinzip des Deutschen Naturschutzrechts. Statt Schäden an der Natur nachträglich wieder gut zu machen, können auch Maßnahmen zugunsten der Natur vorlaufend vor dem eigentlichen Eingriff durchgeführt werden: Bei dieser „Ökokonto“- Regelung wird erst ein Guthaben auf dem „Konto der Natur“ angelegt, das später abgebucht wird. Seit Anfang 2012 hat die Hessische Landgesellschaft (HLG) das Flächenmanagement für Hessen Mobil (Hessische Straßenbauverwaltung) übernommen und damit landesweit einen noch besseren Ãœberblick über die Nachfrage nach Ökokonten erlangt. Das Thema des Ökopunkte­handels stand auch im Mittelpunkt der jüngsten Beiratssitzung der Ökoagentur, wie die HLG weiter mitteilt. So habe man dieses Jahr bei einer Vielzahl von Straßenbauprojekten Ökopunkte von Kommunen, Stiftungen und auch von zahlreichen Privatpersonen heranziehen können. Der Landrat des Oden­waldkrei­ses, Dietrich Kübler, habe als Vorsitzender des Fachbeirats Ökoagentur der HLG zur jüngsten Sitzung die Entwicklung begrüßt. „Der große Charme von Ökokonten ist, dass hier Naturschutz in der Regel nur im Einvernehmen, vor allem mit der Landwirtschaft, erfolgt. Nicht zuletzt können Eigentümer und Bewirtschafter durch den Verkauf der generierten Ökopunkte einen wirtschaftlichen Mehrwert erzielen“, sagte Kübler.

Flächensparender Konsens nötig

Gleichzeitig nimmt Kübler die Kreis­verwaltun­gen in die Pflicht, damit dieses Instrument noch effizien­ter eingesetzt wird. Dazu heißt es in der Mitteilung weiterhin: „Als Ökokonto-führende Stellen sollten die Unteren Na­turschutz­behör­den der Kreise mit der HLG enger zusammen arbeiten. Denn nur wenn Anbieter und Vor­habenträger voneinander wissen, kann dieses System des Vertragsnaturschutzes funktionieren“, so Kübler. Ökokonto-Maßnahmen haben den Vorteil, dass sie in der Regel weniger Flächen benötigen, als nachträglich durch­ge­führ­­te Maß­nahmen. Außerdem können die Projekte ohne Pla­­­­nungs­druck und ideologische Befindlichkei­ten mit allen Eigen­tümern, Nutzern und Interessen­gruppen sorgfältig abgesprochen werden. Bei aller Euphorie ist wichtig darauf hinzuweisen, dass die Zuordnung von Ökokonten einigen Regeln folgt: Der Ökopunkt an sich ist nur die Verrechnungseinheit. Er steht stets für den naturschutzfachlichen Wert einer Öko­kontomaßnahme und nicht zuletzt auch für deren Dauerhaftigkeit und Qualität in Bezug auf die Naturschutzgesetzgebung. Diese hinter den Ökopunkten stehenden Maßnahmen werden letztlich einem Eingriff zugeordnet. Deshalb muss der Ökopunkteanbieter gerade bei öffentlichen Eingriffsvorhaben einen Eintrag ins Grundbuch dulden. Außerdem muss er geeignete Vorkehrungen treffen, um eine dauerhafte Pflege und Bewirtschaftung der Naturschutzmaßnahmen zu garantieren. Der in Schwung kommende Ökopunktehandel bringt auch für öffentliche Vorhaben Vorteile: Große, abgestimmte und fertige Maßnahmen können in die Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren eingebunden werden. Damit sind pauschal alle Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach §7 Hessischer Natuschutzgestzgebung abgegolten.

Als Vermittler fungieren

Die HLG fungiert als Ökoagentur für Hessen jetzt mehr denn je als Vermittler zwischen Eingreifern und Anbietern von Ökokonten. Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien (Windkraft, Stromtrassen) wird in den nächsten Jahren der Bedarf an Kompensationsmaßnahmen steigen, die optimaler Weise in gro­ßen Ökokonto-Projekten gebündelt werden. Dazu ermunterte Landrat Kübler alle Ökokonto-Inhaber, die neue Registrierungs­möglichkeit auf der Website der HLG zu nutzen. Hier können sich alle eintragen, die Ökopunk­te anbieten wollen. Die automatisierte Registrierung ist unter folgender Webadresse möglich: www.hlg.org/oekoagentur/registrierungoekokonto/. Eine Garantie für eine erfolgreiche Vermittlung könne zwar nicht gegeben werden, aber die Chancen dafür werden deutlich erhöht.

Zum Ökopunktehandel in Hessen

Wieviel Ökopunkte in Hessen im Jahr gehandelt werden, ist eine unbekannte Größe, da hierzu das Landes­natur­schutz­­re­gis­ter (NATUREG) keine vollständigen Daten enthält. Dieses sollte die Daten beinhalten, wie es die Hessische Kompensationsverordnung im §4 „Zentralregister“ vorsieht. Eine Sicherung von Kompensationsmaßnahmen auf die geforderten 30 Jahre, oder sogar auf „unendlich“ – die Definition wäre dann „dauerhaft“, spielt eine zentrale Rolle im Naturschutzrecht. In allen Planverfahren, besonders in den großen wie Bundesautobahnbau, Flughäfen, Projekten der Bahn, Energieversorgung und weiteren, wird ein Nachweis der Sicherung monetär (Nachweis von Pflegeleistun­gen) sowie auch grundbuchlich gefordert. Hierbei wird in die Abteilung zwei des Grundbuches eine dingliche Sicherung eingetragen, die den Naturschutzzweck des Grundstückes verbindlich beschreibt und sichert.

LW