Die Pflanzkartoffelverordnung wird neu aufgestellt

Teil 2: Beschaffenheitsprüfung

In der vorherigen Ausgabe des LW wurde über die Neuregelungen für die Vermehrung von Pflanzkartoffeln im Rahmen der Kategorien, Klassen und Feldgenerationen sowie in der Feldbesichtigung berichtet. Nach erfolgreicher Besichtigung werden die Kartoffeln zunächst der Virustestung und abschließend der Prüfung auf weitere Knollenkrankheiten sowie äußere Mängel unterzogen. In der Pflanzkartoffelverordnung werden diese Prüfungsschritte auch insgesamt mit Beschaffenheitsprüfung umschrieben, die im Folgenden von Willi Thiel, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, näher erläutert werden.

Qualitätsverschärfungen sind unter anderem durch die Hinzunahme der Parameter Rhizoctonia-Pusteln und Pulverschorf vorgenommen worden.

Foto: Thiel

In der Virustestung werden höhere Anforderungen an Pflanzkartoffeln gestellt. Dagegen gibt es nun keine gesetzlichen Vorgaben mehr hinsichtlich des Auftretens von Rhizoctonia in der Feldbesichtigung. Rhizoctonia ist eine pilzliche Erkrankung, die sich unter anderem äußerlich durch Wipfelrollen zeigt. Der Fuß ist in der Regel durch den Pilz angegriffen worden und stört oder unterbindet den Wasser- und Nährstofftransport in den oberirdischen Teil der Kartoffelpflanze. Berücksichtigt wird diese Erkrankung, die neben Auflaufproblemen über Missbildungen und Schäden wie Dry Core auch qualitative Schäden verursachen kann, zukünftig aber dennoch. Das Vorfinden von Rhizoctonia-Pusteln an den Pflanzgutknollen ist als neues Kriterium in die Beschaffenheitsprüfung aufgenommen worden.

Anforderungen bei zertifiziertem Pflanzgut verschärft

In Tabelle 1 sind die Anforderungen an die Beschaffenheit des Pflanzgutes hinsichtlich des maximalen Virusbesatzes dargelegt. Auch hier sind auf den ersten Blick nur wenige Veränderungen gegenüber dem bisherigen Zustand erkennbar. Bei genauerem Hinschauen ist festzustellen, dass die Anforderungen, insbesondere bei Zertifiziertem Pflanzgut, insofern verschärft wurden, dass auch dort die bisherige Differenzierung „leichtes/schweres Virus“ mit einem Umrechnungsfaktor von 4:1 nicht mehr existiert. Somit wurde auch bei Z-Pflanzgut eine weitere spürbare Qualitätsverbesserung festgelegt. Für den Vermehrer bedeutend ist, dass auch bei Basispflanzgut der Klassen SE und E, wo bislang auch 4 Prozent Virus (davon maximal zwei schwer) enthalten sein durften, eine Reduzierung auf generell 2 Prozent erfolgt ist.

Auch hier ist es sinnvoll, dass Deutschland den gegebenen EU-Rahmen bei Basispflanzgut der Klasse E nicht in Gänze ausgeschöpft hat, wonach 4 Prozent Virus möglich gewesen wären, da eine Produktion von Z-Material mit maximal 2 Prozent Virus aus derartigem Ausgangsmaterial außerordentlich erschwert worden wäre. Außerdem wird durch den Wegfall der schwer/leicht-Regelung in der Virusansprache der Weg frei, innovative Untersuchungstechniken in der Virustestung, wie beispielsweise das PCR-Verfahren (Polymerase-Chain-Reaction), aufzunehmen. Bei diesem Verfahren kann in kürzerer Zeit mit hoher Verlässlichkeit über die Identifizierung der Erbsubstanz (hier RNA-Isolierung) eine Bestimmung des Virus erfolgen. Vor diesem Hintergrund plant die Landwirtschaftskammer Niedersachsen eine Umstellung der Virustestung, die bislang schwerpunktmäßig auf der Augenstecklingsprüfung basierte, auf das PCR-Verfahren zur Ernte 2018.

Zusätzliche Anforderungen in der Knollenbonitur von Pflanzgut

In Tabelle 2 sind die Anforderungen an die Beschaffenheit des Pflanzgutes dargelegt. Diese Prüfung bildet den Abschluss des Anerkennungsverfahrens. Vom amtlich verpflichteten Probenehmer wird während oder nach der Aufbereitung eine repräsentative Pflanzgutprobe von mindestens 25 kg je Partie (Höchstgewicht 500 dt) gezogen. Dies erfolgt ähnlich wie die Feldbesichtigung nach bundesweit abgestimmten und anerkannten Richtlinien. Diese Mischprobe wird sodann auf die in der Tabelle genannten Qualitätskriterien geprüft. Für die Beurteilung der inneren Mängel werden zusätzlich 50 äußerlich gesund wirkende Knollen geschnitten.

Bei der Beurteilung der weiteren Knollenkrankheiten und äußeren Mängel sind die größten Veränderungen gegenüber der bisherigen Rechtslage zu verzeichnen. Zum einen sind zusätzliche Qualitätsparameter wie Rhizoctonia-Pusteln, Pulverschorf und stark geschrumpelte Knollen, letzteres im Zusammenhang mit Silberschorf, hinzugekommen. Zum anderen wurden einzelne Qualitätsparameter strenger gefasst, beziehungsweise Begrifflichkeiten bei Kartoffelschorf (Bild 4) oder bei den äußeren Fehlern wie „sofern der Pflanzgutwert beeinträchtigt wird“ gestrichen. Dieser Zusatz war sicherlich in der Vergangenheit in der Anwendung auch nicht frei von subjektiven Einflüssen, so dass dies ausdrücklich zu begrüßen ist.

Bei Basis- und bei Z-Pflanzgut ist der Grenzwert für Fäule von 0,5 Prozent zwar beibehalten worden, aber dadurch, dass dieser bei Nassfäule auf 0,2 Prozent begrenzt wurde, ist eine weitere Verschärfung der Qualitätsanforderungen gegeben. Weitere Qualitätsverschärfungen sind durch die Hinzunahme der Parameter Rhizoctonia-Pusteln (Bild 1) und Pulverschorf (Bild 2) vorgenommen worden, was fachlich unumstritten ist.

Diskussionen hat es jedoch bei dem Parameter „stark geschrumpelte Knollen“ (Bild 3) gegeben, weil ein strenger Zusammenhang zwischen Schrumpelungsgrad und Beeinträchtigung von Keimkraft und Triebkraft momentan nicht belegbar ist. Einerseits gehören sehr stark geschrumpelte Knollen nicht ins Pflanzgut und werden auch ausgelesen. Andererseits ist das Auftreten von Silberschorf bei Pflanzkartoffeln, insbesondere aber bei Speiseware, schon langjährig ein Thema. Im Qualitätsanforderungsprofil des Lebensmitteleinzelhandels sind zunehmend Tendenzen zu erkennen, den Befall mit Silberschorf auf der Knollenoberfläche mit bestimmten Grenzwerten zu belegen. Vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch im Pflanzkartoffelbereich ähnliche Anforderungen etabliert werden.

 – LW 17/2016