„Die RED II bringt politische Brisanz mit sich“

Heißer Herbst wegen Umsetzung in nationales Recht

Florens Hans Dittrich.

Foto: T. Hedrich

Das LW Hessenbauer hat Florens Hans Dittrich, Referent für Klimaschutz und Nachhaltigkeit beim Bundesverband Bioenergie (BBE), zu den Folgen der neuen EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeit von Bioenergtie befragt, die bis Juni 2021 in nationales Recht umgesetzt werden muss.

LW: Herr Dittrich, Sie sind beim Bundesverband Bioenergie mit den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit betraut. Warum ist die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (kurz: RED II) für Sie und die Bioenergiebranche ein Hauptthema in diesem politischen Herbst?

Florens Hans Dittrich: Die neugefasste RED II legt einen neuen, gemeinsamen Förderrahmen für erneuerbare Energien fest, der bis Mitte 2021 auch in Deutschland umgesetzt werden muss und unter anderem umfangreiche Nachhaltigkeitsvorgaben für die Bioenergie beinhaltet. Zusätzlich zu Biokraftstoffanlagen müssen künftig also auch Bioenergieanlagen oberhalb eines gewissen Schwellenwertes, die Strom, Wärme oder Kälte produzieren, ab 2021 ihre Nachhaltigkeit nachweisen. Fällt ein Betreiber in das Anwendungsregime der RED II, ist von der Erfüllung der Nachhaltigkeitskriterien auch abhängig, ob der Betreiber weiterhin Vergütungen wie etwa durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz erhalten kann. Das macht offensichtlich, wie relevant die politischen Prozesse zur nationalen Umsetzung der RED II für die Bioenergiebranche und alle damit verbundenen Akteure sind.

LW: Wie sehr sind Land- und Forstwirte von den Nachhaltigkeitskriterien der RED II betroffen?

Dittrich: Wie groß die Betroffenheit der Bioenergiebranche – und damit vieler Land- und Forstwirte – schlussendlich sein wird, ist stark von den Gesetzesentwürfen und anschließenden Verhandlungsergebnissen abhängig. Das gilt insbesondere in Bezug auf die Schwellenwerte, die festlegen, ab welcher Leistungsklasse die Nachhaltigkeitskriterien eingehalten werden müssen. In der RED II selbst ist vorgesehen, dass Anlagen ab einer Gesamtwärmefeuerungsleistung von zwei Megawatt (MW) bei Biogas- und Holzgas-Blockheizkraftwerken und 20 MW bei Biomasseheiz(kraft)werken mit fester Biomasse künftig ihre Nachhaltigkeit nachweisen müssen. Die Richtlinie bietet den Mitgliedsstaaten jedoch die Möglichkeit, strengere Vorschriften bei der nationalen Umsetzung zu definieren, sodass auch gegebenenfalls kleinere Anlagen die Regelungen anwenden müssen. Gehen wir von einer Eins-zu-eins-Umsetzung der Schwellenwerte der RED II aus, könnten nach aktuellen Schätzungen der Bioenergieverbände rund 3 500 Biogasanlagen und 100 Biomasseheiz(kraft)werke künftig die Kriterien erfüllen müssen – sowie deren Substratlieferanten. Und das ist eine Menge! Als Bioenergieverbände gehen wir außerdem davon aus, dass die Übertragung der RED II in nationales Recht sich angesichts ihrer Tragweite in Deutschland auf einige Gesetze und Verordnungen auswirken und an vielen Stellen Änderungen bedingen wird. Dementsprechend schätzen wir, dass im deutschen Recht essenzielle Regelwerke wie das EEG und damit zusammenhängende Rechtsakte betroffen sein werden, zum Beispiel auch die Biomassestrom- und die Biokraftstoffnachhaltigkeitsverordnung. Ebenso wird es Änderungsbedarf beim Bundesimmissionsschutz-Gesetz geben sowie den umsetzenden Verordnungen (BImSchV). Kurzum: Die RED II bringt politische Brisanz mit sich und der Herbst kann nochmal heiß werden.

LW: Wer ist zuständig für die Umsetzung der RED II und welchen zeitlichen Rahmen gibt es?

Dittrich: Am 1. Januar 2021 wird die neugefasste RED II ihre Vorgängerversion ablösen. Entsprechend müssen die EU-Mitgliedsstaaten die Vorgaben bis zum 30. Juni 2021 ins nationale Recht übertragen haben. In Deutschland wird der Beginn der Verhandlungen zur Umsetzung nach der aktuellen politischen Sommerpause unter Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erwartet. Fachlich zuständig für das Thema Nachhaltigkeit ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Da in erster Linie Land- und Forstwirte Betreiber von Bioenergieanlagen und Produzenten von Einsatzstoffen sind, ist indirekt auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft betroffen.

Um die Belange der Bioenergie zu vertreten, begleitet wir mit dem Hauptstadtbüro Bioenergie, einer Kooperation von Bundesverband Bioenergie, Deutscher Bauernverband, Fachverband Biogas und Fachverband Holzenergie, die politischen Prozesse zur RED II. Interessierte können gerne Kontakt zum Hauptstadtbüro Bioenergie aufnehmen unter hauptstadtbuero@bioenergie.de oder dem Twitter-Account @HB_Bioenergie folgen.

LW – LW 40/2019