Das Rindviehfutter wird knapp

HBV-Erntegespräch im Landkreis Waldeck-Frankenberg

Die lange Trockenheit hat die Erträge der Betriebe in Hessen geschmälert. Die zügige Ernte verhinderte zwar Einbußen in der Qualität, aber die Landwirte treiben derzeit weitere wirtschaftliche Sorgen um. Vor allem sind dies der Preisverfall und eine zu erwartende Futterknappheit im Winter für die Milcherzeuger.

Von links: Gerhard Glänzer, Sohn Gerhard und Gattin Elke, Karsten Schmal, Matthias Eckel, Friedhelm Schneider, Heiko Kieweg, Heinrich Heidel, Wilhelm Spangenberg und Stephanie Wetekam waren die Teilnehmer des Erntegespräches vorige Woche auf dem Betrieb der Familie Glänzer in Berndorf.

Foto: Wilhelm Figge

Die Ernte ist eingefahren – Anlass für die Spitzen der Kreisbauernverbände Waldeck und Frankenberg, sich in der vergangene Woche mit Landesverbands­präsident Friedhelm Schneider (HBV) zum Erntegespräch auf dem Betrieb der Familie Glänzer in Berndorf zu treffen. Es ist der letzte Ort, den Schneider dieses Jahr für solch ein Gespräch besucht, naturgemäß ernten Waldecker und Frankenberger spät.

Über sechs Monate hat es nicht genug geregnet

Das Fazit des HBV-Präsidenten fällt für ganz Hessen gleich aus: Sechs zu trockene Monate in Folge haben herbe Auswirkungen auf die Erträge. Je nach Getreideart und Standort sind sie um bis zu 30 Prozent gesunken, auch beim Winterweizen, der mehr als die Hälfte der hessischen Getreidefläche einnimmt. Auf flachgründigen Böden habe sich der Mangel an Niederschlag am stärksten ausgewirkt, sie hielten das Wasser schlecht.

Das Erntegespräch fand auf dem Betrieb von Gerhard Glänzer statt. Der Betriebsleiter berichtete von einer sehr guten Gerstenernte – hessenweit ist sie durchschnittlich zehn Prozent niedriger als im Vorjahr. Sein Raps hat hingegen wie in ganz Hessen unter der Trockenheit gelitten: 3,4 t/ha seien kein guter Ertrag.

Immerhin sei das Wetter zur Ernte vergleichsweise gut gewesen, sagte HBV-Präsident Schneider: „Wir haben fast alles trocken reingebracht.“ Die diesjährigen Verhältnisse schonten die Mähdrescher und das Stroh sei „richtig schön weiß-gelb“.

„Im Mai hatten wir Angst, dass es schlimmer ausgeht“, ergänzte Heinrich Heidel, Vorsitzender des Frankenberger Kreisbauernverbands und Vizepräsident des HBV, so seien die Landwirte „mit einem blauen Auge davongekommen“. KBV-Geschäftsführer Matthias Eckel hielt fest, dass es mit einer verregneten Ernte anders ausgesehen hätte.

Futtermangel trifft sehr viele Milcherzeuger

Der Waldeckische Vorsitzende und HBV-Vizepräsident, Karsten Schmal, wies auf die problematische Grundfutterversorgung hin – in Nordhessen spielt die Tierhaltung eine große Rolle und in den höheren Lagen insbesondere Rinderhaltung. „Es gibt Wiesen im höheren Upland, die haben keine grüne Farbe mehr“, berichtete Schmal.

Stellvertretender Kreislandwirt Heiko Kieweg stimmte zu: „Wenn 2014 nicht so ein futterreiches Jahr gewesen wäre, ständen Landwirte jetzt mit dem Rücken zur Wand.“ Daher hat der Hessische Bauernverband eine Grundfutterbörse eingerichtet. Auch der Aufwuchs von ökologischen Vorrangflächen darf nach Verbandsintervention als Futter dienen.

Ein Problem, das derzeit alle Bauern bewegt, ist der Preisverfall: HBV-Präsident Schneider berichtete, dass der Milchpreis um 30 Prozent gesunken sei, der von Schweinen um rund ein Fünftel. „Wenn sich Groß- und Einzelhandel noch mehr konzen­trieren, wird die Situation noch schwieriger“, befürchtet Heinrich Heidel. Die Bauern müssten öffentlich darstellen, was ein Ferkel in der Produktion koste, um die Situation zu verbessern. „Im Moment zahlen die Bauern drauf“, sagte Schneider. Bei der Preisentwicklung sah auch Schmal in den nächsten drei Monaten kein „Licht am Ende des Tunnels“. Ebenfalls das Russlandembargo und die Wirtschaftskrise in China seien Probleme.

Betriebe sind von starken Schwankungen betroffen

Der HBV-Präsident forderte von der Politik ein Soforthilfeprogramm und Schritte, um die Betriebe zu entlasten: Die Landwirtschaft sei starken Gewinnschwankungen unterworfen, das Schaffen einer Risikoausgleichsrücklage soll die Liquidität erhalten. Auch die Zahlung von Prämien schon am Jahresende hilft laut Heidel, die Liquidität vieler Betriebe zu sichern. „Die Stimmung in der Landwirtschaft ist schlecht“, hielt Schmal fest, die Investitionsbereitschaft sei deutlich gesunken. Die Betriebe seien mit Aufgaben überfrachtet, ergänzte Stephanie Wetekam, Geschäftsführerin des Waldecker Kreisbauernverbandes. Zwischen Vermarktung, Dokumentation, Tierschutz und der Vielzahl an Gesetzen und Verordnungen sei das nicht leicht, stimmte KBV-Frankenberg Geschäftsführer Matthias Eckel zu.

Eine weitere Belastung machte Schmal aus: „Was die Bauernfamilien fast noch mehr belastet als die Preise, ist die oft negative Darstellung der Nutztierhaltung.“ Die Landwirte wür­den sich dieser Diskussion annehmen, ergänzte Schneider.

Wilhelm Spangenberg, Fachdienst Landwirtschaft, ärgerte sich über einen ARD-Beitrag über billige Milch und kurzlebige Kühe, die nur fünfeinhalb Jahre alt würden. Angesichts der 18-jährigen Rekordkuh in Volkmarsen tue das weh. „Wir dürfen so etwas nicht durchgehen lassen“, mahnte er. HBV-Präsident Schneider warb für mehr Öffentlichkeitsarbeit seitens des Berufs­standes, wie etwa mit der „Aktion heimische Landwirte“.

Figge – LW 36/2015