Auch Saatgut wird knapper

Vermehrer befürchten Ertragseinbußen und höhere Sortierungsverluste

Die andauernde Trockenheit hat viele Aspekte. Nach der voraussichtlich geringer ausfallenden Ernte muss auch wieder gesät werden. Ob es ausreichend Saatgut für die nächste Saison geben wird, hat das LW die Vorsitzende des Saatbauverbandes Hessen, Annette Seifert-Ruwe, gefragt.

Annette Seifert-Ruwe.

Foto: Schlag

LW: Frau Seifert-Ruwe, rechnen Sie aufgrund der anhaltenden Trockenheit mit Problemen bei der Saatguterzeugung, insbesondere im Hinblick auf Menge und Qualität?
Annette Seifert-Ruwe:
Wie im Konsumbereich werden wir durch die anhaltende Trockenheit auf jeden Fall Ertragseinbußen beim Saatgetreide haben und zwar bundesweit. Sollte nicht bald eine Änderung der Wetterlage eintreten, werden wir zudem noch eine schlechte Kornausbildung bekommen, was zu hohen Sortierabgängen führt und die verfügbaren Mengen weiter reduziert. Die Keimfähigkeiten könnten durch eine Notreife beeinträchtigt sein. Außerdem haben wir nur geringe Bestände an überlagertem Z-Saatgut durch die gute Nachfrage im vergangenen Jahr.

LW: Durch die voraussichtlich geringere Ernte von Konsumgetreide und aufgrund der Erfüllung von Vorerntekontrakten könnte mangels Masse und gegebenenfalls Qualität der Nachbau sinken und damit den Z-Saatgutbedarf der Ackerbaubetriebe erhöhen. Wie sehen Sie das?
Seifert-Ruwe:
Die Z-Saatgut-Wirtschaft ist seit Jahren bemüht, den Saatgutwechsel in den landwirtschaftlichen Betrieben zu erhöhen und wird deshalb auch in der Lage sein, eine größere Nachfrage zu erfüllen.

LW: Gibt es eine Verknappung bei bestimmten Sorten? Was raten Sie den Landwirten im Hinblick auf den Saatgutbezug?
Seifert-Ruwe:
Wir können jetzt noch nicht genau sagen, welche Sorten wie stark unter der Trockenheit leiden. Sorten, die mit dem knappen Wasserangebot besser zurechtkommen, werden in den Versuchsergebnissen besser abschneiden und dann – auch als Jahreseffekt – stärker nachgefragt werden. Deshalb wird es – wie in jedem Jahr – bestimmte Sorten geben, die knapp werden. Man sollte aber nicht den Fehler machen und einjährige Ergebnisse für seine Sortenwahl heranziehen. Sorten, mit denen man in den letzten Jahren erfolgreich produziert hat, sollten beibehalten werden, auch wenn sie in diesem Jahr etwas schlechter abschneiden.

Wenn Landwirte sich bereits auf Sorten festlegen wollen, dann können sie schon jetzt Mengen bei ihren Marktpartnern vormerken lassen. Besonders ist dies zu empfehlen, wenn größere Mengen gebraucht werden. Wer kurz vor der Aussaat im September/Oktober eine bestimmte Sorte haben will, der wird wahrscheinlich auf Alternativen ausweichen müssen, aber das ist auch in normalen Jahren so.

In den Sortenversuchen des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen und bei den Vermehrern kann sich jeder ein aktuelles Bild von dem aktuellen Sortenspektrum in der Region machen und bekommt zu den einzelnen Sorten sehr gute Auskünfte und Empfehlungen durch die amtlichen regionalen Pflanzenbauberater.

LW: Wie entwickeln sich die Preise für Saatgut?
Seifert-Ruwe:
Die Preise bei Saatgetreide entwickeln sich wie bei Konsumgetreide. Der Grundpreis für B-Weizen für den Vermehrer wird Mitte August von der November-Notierung an der Matif abgeleitet. Im Moment kann man daraus einen um etwa 5 Euro pro Dezitonne höheren Preis als im vergangenen Jahr vorhersagen.

Sorten, die verstärkt nachgefragt werden, werden sicher keine Handelsrabatte bekommen. Außerdem haben die neueren Sorten in der Regel höhere Züchterlizenzen. In der Region können die Landwirte direkt bei den Vermehrern ihr Z-Saatgut abholen und haben damit keine zusätzlichen Frachtkosten zu tragen. Sorten, die außerhalb der Region eingekauft werden müssen, weil sie in der Region schon ausverkauft sind oder nicht vermehrt werden, werden zum Teil mit erheblichen Frachtkos­ten beaufschlagt.

LW: Welche Vorteile hat der Landwirt durch die Anwendung von Z-Saatgut?
Seifert-Ruwe:
Z-Saatgut ist ein qualitativ hochwertiges Produkt. Es ist anerkannt nach dem Saatgutverkehrsgesetz und hat eine garantierte Keimfähigkeit von 92 Prozent und mehr. Das Attest der Anerkennungsstelle gibt Auskunft über das TKG. Mit der Anerkennungsnummer kann die Herkunft der Ware bis zum Vermehrer nachvollzogen werden. Die Beizung erfolgt mit den neuesten anerkannten Beizmitteln. Je nach Kundenwunsch können verschiedene Zusätze (Spezialbeizen, Spurennährstoffe) angebeizt werden. Der Vermehrer übernimmt die Vorratshaltung für den Kunden. Die Ware ist regional verfügbar und in unterschiedlichsten Gebinden, beispielsweise Papiersack, Big Bag oder lose, zu beziehen.

Bei Z-Saatgut aus der Region handelt es sich um Sorten, die sich in der Region, auf den speziellen unterschiedlichen Standorten bewährt haben. Bei den regionalen Vermehrern können Informationen über die Bestandesführung bei neuen Sorten nachgefragt werden. Wer Z-Saatgut einsetzt, nimmt an dem züchterischen Fortschritt teil. Die Fragen stelle Cornelius Mohr