Aus dem Schattendasein

Deutlicher Zuchtfortschritt beim genetisch hornlosen Fleckvieh

Über Jahre hinweg hatte das genetisch hornlose Fleckvieh im Spektrum der hessischen Fleischrinderzucht eher ein Schattendasein gefristet. Doch wenn man heute einen Blick in die Abstammungslisten wirft und die Zahl der Interessenten bei der Züchterversammlung betrachtet, so hat sich hier einiges in die positive Richtung entwickelt.

Bei der Besichtigung der Herde von Markus Rahn in Bobenhausen machten sich die Besucher ein gutes Bild vom erreichten Zuchtstandard.

Foto: Jost Grünhaupt

Entsprechend umfangreich war das Interesse bei der Betriebsbesichtigung auf dem Hof von Markus Rahn im Ulrichsteiner Ortsteil Bobenhausen, der seine Her­de im Rahmen der Züchterversammlung vorstellte. Kennzeichnend für die Bedeutung der Rasse ist das inzwischen erreichte Niveau bei der Präsentation anlässlich des Fleischrindertages, wo in den letzten Jahren alle wichtigen Richtkonkurrenzen komplett besetzt werden konnten. Damit hat das hessische Zuchtgebiet mit den Regionen, in denen die Rasse zahlenmäßig deutlich stärker präsent ist, längst gleichgezogen.

Nicht nur die Bereitschaft der hessischen Betriebe, sich bei den verschiedensten Möglichkeiten auf nationaler Ebene aktiv zu präsentieren; auch das erreichte Leistungsniveau, das durch die Vermarktung angebotenen Bullen dokumentiert wird, unterstreicht deutlich den Zuchtfortschritt. Die bei der Jährlingswiegung erreichten Tageszunahmen von 1 500 g sind inzwischen ein realistischer Maßstab geworden und durch die aktive Selektion ist auch im Exterieurbereich eine sehr gute Auswahl an Nachwuchsbullen in Alsfeld vorhanden. Mit dazu beigetragen hat der erfolgreiche Einsatz von Herdenbullen wie Halef P, Lando P oder Zorro P in aktiven Zuchtbetrieben. Aber auch die konsequente Nutzung von Topvererbern über die künstliche Besamung hat hier deutlich positiv gewirkt.

Markt belohnt die Zuchtarbeit

In der Zusammenarbeit mit anderen Zuchtverbänden war es in der letzten Zeit auch mehrfach möglich, Färsen aus der hessi­schen Fleckviehpopulation im Zuchtviehexport zu platzieren. Die hervorragenden Leistungseigenschaften der genetisch hornlosen Fleckviehpopulationen hinsichtlich Leistungsvermögen, An­passungsfähigkeit und Fruchtbarkeit haben dazu beigetragen, dass die Nachfrage nach der Rasse in im Aufbau befindlichen Fleischrinderherden der östlichen Nachbarländer sichtbar angestiegen ist. Die erfolgreiche Arbeit, die in den zurückliegenden Jahren in den Herden umgesetzt wurde, findet damit auch am Markt ihren Niederschlag.

Ein wichtiges Instrument für die züchterische Selektion steht in den Zuchtbetrieben inzwischen der Untersuchungsmöglichkeit auf reinerbige Hornlosigkeit zur Verfügung. Der Einsatz bietet für die Zuchtbetriebe in der gezielten Selektion wichtige Ansatzmöglichkeiten, gleichzeitig profitieren reine Haltungsbetriebe durch die frühzeitig vorliegenden Resultate auch klar von dieser Testmöglichkeit. Wichtig ist jedoch für die züchterische Weiterentwicklung, auch in Zukunft die in der Gesamtvererbung erfolgreichen Bullen mit mischerbiger Veranlagung aktiv zu nutzen, da sonst die Möglichkeit einer genetischen Einengung durchaus gegeben ist.

Konsequenter Herdenaufbau

Ein besonders gelungenes Beispiel für den Aufbau einer hornlosen Fleckviehherde bekamen die Besucher auf den Weiden bei Markus Rahn in Bobenhausen zu sehen. Nach der Betriebsübernahme wurde die Fläche auf über 50 ha, fast alles Grünland, aufgestockt. Die auf über 20 Mutterkühe angewachsene Herde plus weiblicher Nachzucht ist in dem vor fünf Jahren errichteten Laufstall am Ortsrand optimal untergebracht. Damit verfügt der Betrieb Rahn inzwischen über sehr gute Voraussetzungen, in dieser Größenordnung eine Mutterkuhherde im Nebenerwerb betreuen zu können. Den Qualitätsstandard, den der Betrieb erreicht, konnten die Züchter im Rahmen der Herdenbesichtigung in Augenschein nehmen. Der gezielte Einsatz von Gene­tik über die künstliche Besamung mit den Bullen Poldau, Hoeness oder Balthasar hat hier positive Effekte gebracht.

Zusätzlich steht als Her­den­bulle der Olaf-Sohn Othello zur Verfügung, der positive Vererbungstendenzen beim Fleischansatz nachgewiesen hat. Sowohl die Qualität der Tiere, aber auch das seit dem Aufbau der Herde an den Tag gelegte Engagement lassen erwarten, dass der Betrieb Rahn noch öfter bei Großveranstaltungen der hessischen Fleischrinderzucht vertreten sein wird. Grünhaupt, LLH Kassel