Von Schwabsburg und seinen Winzern begeistert

Weinbruderschaft Rheinhessen feiert St. Rochus-Zirkel

Rund 120 Mitglieder der Weinbruderschaft Rheinhessen zu St. Katharinen erkundeten bei ihrem traditionellen Weinzirkel am St. Rochustag den Niersteiner Stadtteil Schwabsburg und begeisterten sich für die interessanten Weine.

Brudermeister Otto Schätzel (rechts) hieß seine Weinschwestern und -brüder am Fuße des Schwabsburger Schlossturms zum Weinzirkel am St. Rochustag willkommen.

Foto: Norbert Krupp

Brudermeister Otto Schätzel und Bruderrat Rainer Böß, der das Programm sorgfältig vorbereitet hatte, hießen ihre rund 120 Weinschwestern und -brüder mit einem erfrischenden Begrüßungssekt am Bürgerhaus willkommen. Ortsvorsteher Gereon Geissler und Erster Stadtbeigeordneter Egid Rüger brachten ihre Freude über das Interesse der Weinbruderschaft an der Schwabsburger Geschichte und Gegenwart zum Ausdruck. Mit Planwagen, von Weinberg­schleppern gezogen, ging es hinauf zum Schlossturm, von dem sich ein grandioser Ausblick bietet. Brudermeister Otto Schätzel zeigte sich vom Charme dieser typisch rheinhessischen Landschaft begeistert und versprach, dass auch die kulinarischen Überraschungen nicht zu kurz kommen würden.

„Das Jubiläum 200 Jahre Rhein­hessen hat ungeahnte Kräf­te in unserer Region freigesetzt“, stellte Schätzel fest. Mehr als 600 Veranstaltungen würden aufgeboten, um das Jubiläum gebührend zu feiern, fast alle 167 Ortschaften hätten Sonderveran­staltungen organisiert. „Die Menschen sind begeistert. Sie entdecken Rheinhessen neu, entwickeln einen besonderen Stolz auf ihre Heimat“, so seine Zwischenbilanz des Jubiläumsjahres. Das Motto der Weinbruderschaft für das Jubiläumsjahr heißt „Heimat hat einen Namen“.

Motto des Jubiläumsjahres: Heimat hat einen Namen

Zu heimischem Silvaner und Müller-Thurgau reichte der Mainzer „AlpKäs-Laden“ Käse­varianten, bevor Weinschwester Dr. Hildegard Frieß-Reimann, gebürtige Schwabsburgerin, die Geschichte von Schwabsburg beleuchtete: Von der zu Anfang des 13. Jahrhunderts erbauten und 1257 erstmals urkundlich erwähnten Schwabsburg sei heute nur noch der Bergfried zu sehen, dessen hölzernes Innengerüst aus dem Jahr 1210 stammte. Hier lebte einst Rheingraf Werner, der die Mainzer Bischöfe in Schach halten sollte. Die Burg trat durch optische Signale mit der Landskrone in Oppenheim in Verbindung, deren Kommandant später auch in Schwabsburg das Sagen hatte. In Friedenszeiten befanden sich nur wenige Personen auf der Burg, und selbst in Kriegszeiten reichten schon 20 bis 30 Bewaffnete, um die kleine Burganlage zu verteidigen. Das war ein großer Vorteil für die ganze Bevölkerung am Fuße der Burg. Der Eingang zur Burg lag damals in elf Meter Höhe, was auch ein Kupferstich von Merian zeigt. Ein Speisesaal, mehrere Nutzbauten und ein Haus lagen innerhalb der Burgmauern. Nach 1620 hatte die Burg keine Bedeutung mehr, viele Steine des historischen Gemäuers wurden dann für Bauvorhaben der sich ansiedelnden Bauern und Winzer im Dorf genutzt.

Weine von Weinfee und Rebenkobold

Als bunte Farbtupfer wuselten die Weinfee Isabell und der Rebenkobold Petra von „Projekt PQ“ durch die Gästeschar und schenkten eifrig kühlen Rebensaft nach. Danach fuhr die Planwagen-Karawane wieder hinunter zum Bürgerhaus, wo für die Weinschwestern und -brüder rheinhessische Schmankerl bereit standen. Vor der fachkundigen Weinprobe, bei der „Weinentdecker“ René Harth und AZ-Redaktionsleiter Thomas Ehlke zwölf sorgfältig ausgewählte Weine von Schwabsburger Winzern präsentierten, hatten die beiden aber noch eine echte Überraschung zu bieten.

Eine Überraschung für die erfahrenen Weinfreunde

Der 21-jährige Lenz C. Roeloffs, derzeit Auszubildender bei Johanninger in Biebels­heim, berichtete über den ersten Weinberg auf der Nordsee-Insel Föhr, der von seiner Familie mit Reben der pilzwiderstandsfähigen Sorten Solaris und Johanniter bestockt wurde und in ökologischer Bewirtschaftung 2012 erstmals Trauben beschert hat und somit den ersten Wein ermöglichte.

Roeloffs ist ein hochmotivierter Jungwinzer, ein glühender Pionier mit Heimatstolz. Dass der Insel-Wein mit null Restzuckergehalt und sechs Promill Säuregehalt durchaus kraftvoll, aromatisch schmeckt, verblüffte die erfahrenen Weinfreunde. Am Ende eines ebenso informativen wie genussvollen Tages dankte Schätzel allen Organisatoren und Mitwirkenden für ihr Engagement sowie den Schwabsburger Winzern für ihr Qualitätsstreben. „Ich wurde vom Programm überrascht, obwohl ich“s geplant habe“, stellte Bruderrat Böß mit Blick auf die Moderatoren der Weinprobe fest. Mit dem traditionellen Bruderschaftslied, klang der Abend harmonisch aus.

Norbert Krupp – LW 35/2016