Die Tierhaltung muss in der Region erhalten bleiben
BWV-Kreisversammlung Kaiserslautern in Sembach
Nach rund zwei Jahren Corona-Pause fand am vergangenen Mittwoch die Jahresversammlung des BWV-Kreisverbandes Kaiserslautern statt. Neben Vorstandswahlen standen die Änderungen, die sich aus der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab dem nächsten Jahr für die Landwirte ergeben, im Fokus. Auch die Auswirkungen des Ukrainekriegs wurden diskutiert.

Foto: Brammert-Schröder
Durch den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest und die daraus resultierenden Exportbeschränkungen war der Schweinepreis deutlich gefallen. „Die Preise haben sich jetzt zwar etwas gefangen, aber ein zufriedenstellendes Niveau ist noch nicht erreicht.“ Bei Rindern sehe es deutlich besser aus, die Preise seien im Verlauf des Jahres deutlich gestiegen. „Die Schlachtunternehmen beklagen, dass es nicht genug Schlachtkühe gibt. Aber sie sind selbst schuld, sie haben über lange Zeit nur Hauspreise gezahlt“, so Vogelgesang.
Mit den Erträgen auf dem Grünland zeigte er sich zufrieden. Der erste Schnitt sei vom Ertrag gut gewesen, auch wenn die Qualitäten etwas bescheiden waren. „Die Silos sind richtig gut voll geworden, das ist viel Wert“, sprach Vogelgesang als Milcherzeuger seinen Berufskollegen nach den trockenen Jahren mit geringen Futtererträgen aus der Seele. Bei Getreide und Raps seien die Erträge gut gewesen, die Qualitäten aber sehr unterschiedlich. „Die Preise im Sommer waren ganz gut. Da hat aber niemand absehen können, dass sie gegen Ende des Jahres so steigen“, erklärte er. Jetzt sind sie durch den Ukrainekrieg förmlich explodiert. Das treffe aber auch für die Kosten zu. Die Frühkartoffeln mit guten Preisen und Qualitäten hätten bei den Erzeugern zu einer Euphorie geführt, die aber durch die Niederschläge im Sommer einer gewissen Ernüchterung gewichen sei. Die Qualitäten hatten gelitten, es gab viele faule und hohle Kartoffeln.
Viele Gespräche mit Politikern geführt
„Corona hat alles eingeschränkt“, sagte Vogelgesang mit Blick auf fehlende Präsenzveranstaltungen. Viele Informationsveranstaltungen seien online angeboten und auch gut besucht worden. Der Kreisvorsitzende bedankte sich bei allen Berufskollegen, die sich Anfang des Jahres zahlreich an der großen Demonstration in Kaiserslautern beteiligt hatten. Er habe viele Gespräche mit Politkern geführt und auf die Situation der Landwirte hingewiesen. „Die Tierhaltung muss in unserer Region, die dafür prädestiniert ist, erhalten bleiben“, sagte Vogelgesang. Diese Forderung haben die Politiker aller Parteien auch mitgenommen. Es gehe dabei auch um den Erhalt der Schlachthöfe in der Region.
BWV-Präsident Eberhard Hartelt sprach in seinem Grußwort aktuelle politische Themen an. Die Ausgestaltung der GAP-Reform ab 2023 in Deutschland sei gegen den Widerstand des Bauernverbandes beschlossen worden. Viele Punkte in dem Reformpapier sind seiner Meinung nach nicht praxistauglich. Dabei sei man in Rheinland-Pfalz durch den Schulterschluss zwischen Landwirtschaft und Naturschutzverbänden zum Thema Artenschutz schon auf einem guten Weg gewesen. Durch die kooperative Zusammenarbeit könne sehr viel mehr und flächenschonender für den Artenschutz erreicht werden. „Leider sind bisher noch keine Projekte umgesetzt. Wir arbeiten daran“, so Hartelt. Als zweite Zeitenwende bezeichnete er die Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft, in der sich alle Vertreter zu einem gemeinsamen Papier durchgerungen haben und in dem die Spitzen der Naturschutzverbände anerkannt haben, dass Naturschutz für die Landwirte eine Einkommenskomponente sein muss. Mit dieser Forderung habe man in den Koalitionsvertrag gehen wollen. „Aber die Politik tut sich schwer mit der Bezahlung“, bedauerte Hartelt. Vielmehr sei auf den Green Deal verwiesen worden.
Nun gebe es seit mehr als vier Wochen Krieg in der Ukraine und vieles aus dem Koalitionsvertrag sei nicht mehr darstellbar. „Der Mangel an Nahrungsmitteln wird sich bemerkbar machen“, sagte Hartelt. Die Dramatik der stark gestiegenen Weltmarktpreise für Getreide sei für Länder in Afrika und in den arabischen Staaten, die auf Importe angewiesen sind, extrem. Hunger und sogar eine zweite Flüchtlingswelle könnten die Folge sein. „Es ist unsere Verantwortung, diesen Hunger zu mildern“, sagte der BWV-Präsident. Er erwartet, dass die Auswirkungen des Ukraine-Krieges erst im nächsten Jahr richtig spürbar werden. „Dann wird es zu Nahrungsmittelengpässen kommen.“
Preissprünge bei Getreide und Dünger
Der Krieg in der Ukraine hat neben dem unermesslichen Leid der Menschen auch zu großen Unsicherheiten an allen Märkten geführt. Die Getreide- und Rapspreise sind enorm gestiegen, weil die Ukraine als großer Exporteuer von Getreide, Raps und Körnermais erst einmal nicht zur Verfügung stehen wird. Gleichzeitig wurde die Düngerproduktion aufgrund der hohen Energiepreise gedrosselt, russische Ware fehlt am Markt. Die Preise für Dünger sind förmlich explodiert. Die Folgen sind Marktschwankungen, Verschiebungen der Warenströme und Inflation. „Anpassungsmöglichkeiten wären eine Aussetzung der Stilllegung und der Fruchtfolgeregelung, die Absenkung der Agrardieselsteuer, eine Sicherstellung der Düngerverfügbarkeit und eine Ausdehnung der 70-Tage-Regelung“, sagte BWV-Hauptgeschäftsführerin Andrea Adams. Doch wie das Bundeslandwirtschaftsministerium reagieren wird, ist noch nicht absehbar. Der EU-Agrarrat hatte beschlossen, dass die Mitgliedsstaaten Brachen und Öffentliche Vorrangflächen in die Erzeugung nehmen dürfen. „Deutschland tut sich schwer. Bisher wurde nur die Freigabe von Stilllegungsflächen für die Futternutzung angekündigt“, so Adams.
Neue Regelungen bei der GAP
BWV-Geschäftsführerin Andrea Adams stellte die Änderungen der GAP ab 2023 vor. Bei den Direktzahlungen gibt zwei wesentliche Änderungen: es wird keine Zahlungsansprüche mehr geben und es ist wieder zu prüfen, ob der Antragsteller aktiver Betriebsinhaber ist. „Das ist aber kein Problem. Der Betriebsleiter muss Mitglied in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sein“, erklärte sie. Die Umschichtung von der ersten in die zweite Säule erhöht sich auf acht Prozent in diesem Jahr und um zehn Prozent in 2023. Die Umverteilungsprämie wird zugunsten der ersten 60 Hektare ausgebaut, und 25 Prozent der Direktzahlungen entfallen auf Eco Schemes. Die Junglandwirteprämie wird deutlich auf 115 Euro/ha bis 120 ha ausgebaut, und es wird eine Prämie für Mutterkühe (74 bis 78 Euro/Tier) und Mutterschafe und -ziegen (33 bis 35 Euro/Tier) neu eingeführt.
„Es kommt zu einer deutlichen Absenkung der Basisprämie auf 156 bis 146 Euro “, erklärte Adams. Zudem müssen die Landwirte die Konditionalität, also bestimmte Vorschriften, einhalten (siehe auch ausführliche Beschreibung in LW 5, Seite 8-9). Dazu zählt die Erhaltung von Dauergründland (GLÖZ 1). Neu hinzugekommen ist der Schutz von Feuchtgebiete und Mooren (GLÖZ 2). „Das betrifft bei uns den Landstuhler Bruch. Das Land erarbeitet gerade eine entsprechende Gebietskulisse“, sagte BWV-Geschäftsführerin. Neu ist auch die Schaffung von mindestens 3 m breiten Pufferstreifen entlang von Wasserläufen, auf denen weder Dünger noch Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden dürfen (GLÖZ 4). Auch diese Kulisse wird derzeit noch erarbeitet. In GLÖZ 6 ist die Bodenbedeckung vom 1. Dezember bis 15. Januar des Folgejahres durch Winterkulturen, Zwischenfrüchte oder eine Mulchauflage geregelt. Ab 2023 ist ein Fruchtwechsel auf jeder Parzelle verpflichtend. Nach GLÖZ 7 muss auf jeder Parzelle eine andere Hauptkultur als im Vorjahr angebaut werden. GLÖZ 8 verpflichtet die Landwirte, 4 Prozent des Ackerlandes stillzulegen. Auf diesen Flächen ist nur eine Selbstbegrünung möglich. Ab 2025 kommt noch eine soziale Konditionalität mit Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz für Mitarbeiter dazu. „Zurzeit werden noch viele Auslegungsfragen diskutiert“ so Andrea Adams.
Zusätzlich können die Betriebe noch verschiedene Ökoregelungen übernehmen, also Maßnahmen, die einen Beitrag zum Schutz der Biodiversität leisten. Hierfür stehen 25 Prozent des Budgets für die Direktzahlungen zur Verfügung.
Die Maßnahmen sind mit unterschiedlichen Prämien dotiert. Über die zweite Säule sind in Rheinland-Pfalz nach Aussage von Andrea Adams auch EULLa-Maßnahmen möglich. Die Beträge für die Maßnahmen stehen allerdings noch unter Vorbehalt. „In Rheinland-Pfalz wird die Ausgleichszulage in Höhe von 25 Euro/ha wieder eingeführt. Das ist besser als nichts“, kommentierte sie. Die Richtlinien der neuen sind nicht einfach. „Es wird eine Herausforderung, für jeden Betrieb die Maßnahmen zusammenzustellen, die sanktionsfrei machbar sind.“ Die Umsetzung der Maßnahmen werde künftig durch Satellitenbilder überprüft, die alle 14 Tage erstellt werden.
ibs – LW 13/2022