In der Ursprungsregion der Limousinzucht

Landwirte aus Hessen bei Betrieben in Frankreich

Kürzlich unternahmen 30 Limousinzüchter aus Hessen gemeinsam mit Landwirten aus Bayern und Nordrhein-Westfalen eine mehrtägige Informationsfahrt ins Ursprungsgebiet der Fleischrinderrasse Limousin in die Region um Limoges im Südwesten Frankreichs.

Zuchtbullen auf der französischen Zuchtstation in Lanaud.

Foto: Wilhelm Vackiner

Als erster Besichtigungsbetrieb wurde die Herde von Denis Schmitt in Atton zwischen Metz und Nancy gelegen angefahren. Denis Schmitt bewirtschaftet mit Sohn Nicola und Ehefrau 100 ha Ackerland und 90 ha Grünland und hält 70 Mutterkühe mit Nachzucht. Seit 20 Jahren werden Limousinrinder gezüchtet. Es wird Wert gelegt auf feine Knochen, lange Körper und lange Becken, breite Umdreher sowie ein hohes Gewicht. Neben dem Zuchtviehverkauf ist die Di­rektvermarktung ein wichtiges Standbein des Betriebes. Das Fleisch von über 20 Jungkühen und zehn bis zwölf Absetzern wird jährlich in 20 kg Paketen direkt an Kunden verkauft. Zur Kundenwerbung wird jährlich ein „Tag der offenen Tür“ veranstaltet bei dem mehrere hundert potenzielle Kunden mit Probieressen verköstigt werden. Bei der Herdenbersichtigung fielen besonders die Kälber des Bullen Gordi RR ein Danois-Sohn aus einer Mic Mac-Tochter auf, die viel Rahmen, Tiefe und Bemuskelung zeigten sowie die Kälber des Bullen ICE-TEA ein Elite RR-Sohn der breite Becken und Länge vererbt hat. Weiterhin wurden mit Gaec Lagautriére und Geac Camus zwei der zurzeit besten Limousinzuchtbetriebe Frankreichs besichtigt. Auf dem Betrieb Lagautriér empfing der Leiter der Interlim Zuchtorganisation, Gilles Lequeux, die Limousinzüchter aus Hessen. Der Betrieb Lagautriér bewirtschaftet 168 ha Land davon 143 ha Grünland. 120 Kühe sind im Herdbuch eingetragen. Eines der Zuchtziele des Betriebes sind lange Becken. Lange Becken sind für das Kalben besser als breite Becken wie uns der Betriebsleiter erklärte. Circa 95 Prozent der Kühe müssen alleine kalben, schwere Kälber über 55 kg Gewicht werden von der Zucht ausgeschlossen. Auch sind gute maternale Muttereigenschaften wichtig, wobei Wert auf hohe Milchleistung und gute Charaktereigenschaften der Kühe gelegt wird. Charakterschwache Tiere werden gemästet und aussortiert.

Genetische Hornlosigkeit wichtiges Zuchtkriterium

Die genetische Hornlosigkeit ist ein zunehmend wichtiges Thema auch in Frankreich. Auf dem Betrieb Lagautriére werden 20 Prozent der Tiere mit Hornlosbullen verschiedener Blutlinien wie Rolf, Mateo und CN Rex belegt. Allgemein sind die hornlosen Tiere in den Sitzbeinen enger und im Endgewicht 50 kg leichter wie er sagte. Es wird daher meist mit behornten Bullen wieder zurückgekreuzt. Der auch bei hierzulande bekannte genomische Test ist bei den Züchtern in Frankreich nicht sehr beliebt da einzelne unterdurchschnittliche Werte den Verkauf der Tiere negativ beeinflussen können. Bullen die die Zucht auf dem Betrieb Lagautriére positiv beeinflusst haben sind der Haricot-Sohn Napoleon RRE VS und seine Söhne Ultrabo MN RRE VS und Seducteur. Alles Bullen die viel Milch vererben. Auf den Nationalschauen stellt Lagautriére keine Tiere mehr aus, da sich das Schauniveau wie er sagt zu sehr von den eigenen züchterischen Vorstellungen entfernt habe. Beeindruckend war eine im Freßgitter stehende Gruppe von jungen Verkaufsbullen, die durch hervorragende Bemuskelung und breite Becken auffielen. Der bekannte Limousin-Zuchtbetrieb Ceac Camus bewirtschaftet 205 ha, davon 155 ha Grünland. Seit 1982 werden Limousinrinder gezüchtet und ab den 1990er Jahren regelmäßig auf den großen Rinderschauen Frankreichs in Paris, den Nationalschauen und auf Regionalschauen erfolgreich ausgestellt. Einige der bekanntesten Bullen des Betriebes sind Pacha der dreimal in Folge auf der Schau in Paris gewonnen hat, der Neuf-Sohn Casanova und Gateau ein exzellenter Schau- und Produktionsbulle. Züchterisch wird viel Wert gelegt auf breite und lange Becken, gute Bemuskelung und korrektes Skelet. Dieser Betrieb nimmt auch an dem Blason Prestige Programm teil über welches Schlachtkühe zwischen fünf und zehn Jahre alt vermarktet werden. Das durchschnittliche Schlachtgewicht der Kühe lag im letzten Jahr bei 560 kg. Die Vorstellung der Herde erfolgte durch den Sohn des Betriebsleiters, der bei der Zuchtorganisation Sofrelim angestellt ist, die Beratung in Zuchtfragen, Haltung und Vermarktung anbietet.

Die Limousinzüchter aus Hessen, Bayern und Nordrhein-Westfalen vor der Bullenprüfstation.

Foto: Wilhelm Vackiner

Beim Rundgang über die hofnahe Weide waren große schwere Schaukühe unter anderen auch die Siegerkuh und im Stall der Sieger-Jungbulle der Paris-Schau 2016 zu sehen. Beeindruckend waren außerdem die am Stall zum Verkauf angebundenen Jungbullen. Unter ihnen auch ein hornloser Bulle mit einem super Becken aus der Paarung Mateo PP x Hidalgo PP. Auch der dritte Betrieb an diesem Tag von Earl Rousseau, im Norden von Limoges gelegen, beeindruckte mit seinen Zuchttieren. Der auf der Weide vorgestellte Herdenbulle Hirohito ein Barvardage-Sohn mit enormer Länge, Breite und Bemuskelung sowie mit einem hervorragenden Iboval-Index ausgestattet, hat der Herde deutlich seinen Stempel aufgedrückt. Ein Bullenkalb von ihm aus einer Jungkuh, dessen Vater ein Star-Sohn im letzten Jahr an Fielmann verkauft wurde, gefiel den Fahrtteilnehmern besonders gut. Ein weiterer Sohn von Hirohito hat die Prüfung in Lanaud mit einem hervorragenden zweiten Platz erfolgreich abgeschlossen. Da genug Nachkommen von Hirohito vorhanden sind soll der Bulle demnächst auf der Nationalschau „Concours National Limousin“ versteigert werden. Weiterhin wurde ein sehr korrektes über 700 kg schweres Rind vorgestellt, das für die Nationalschau gemeldet ist. Der Betrieb stockt zurzeit die Herde bis auf 200 Kühe auf.

Betrieb seit Generationen vom Landadel gepachtet

Am folgenden Tag wurde der 15 km südlich von Limoges gelegene Betrieb Geac Deconchat-Faure besichtigt. Der Betrieb ist schon seit mehreren Generationen von altem Landadel gepachtet. Auf zwei Betriebsstätten vier km voneinander entfernt werden 230 ha Land davon 193 ha Grünland vom Betriebsleiter und einem Manager bewirtschaftet. Zwischen Atlantik und Zentralmassiv gelegen ist das Klima um Limoges herum sehr wechselhaft mit vielen Niederschlägen (800 mm) und mild ohne Schnee im Winter. Seit 1930 werden auf dem Betrieb Limousinrinder gehalten und seit 1950 intensiv gezüchtet. Zuchtziel des Betriebes ist eine mittelrahmige Kuh mit einem Schlachtgewicht von 500 kg mit guten maternalen Eigenschaften wie Milch- und Auf­zuchtleistung sowie gutes Kalbeverhalten. Die Herdenbullen werden meist über die Versteigerungen in Lanaud gekauft. Zehn Prozent der Herde werden mit Hornlosbullen besamt. Dies waren bisher vor allem die Bullen Mateo PP und CN Rex PP da diese französische Genetik haben. Hornlose Bullen werden noch sehr zögerlich eingesetzt obwohl auch in Frankreich der Markt für hornlose Tiere gut ist. Beim Betriebsrundgang wurden zwei hervorragende Herdenbullen gezeigt mit Neuf und Moikant im Pedigree sowie gute Kälber von Rex PP. Für die 2018 in Lanaud erstmals geplante Prüfung und Versteigerung von Rindern sind auch zwei Tiere gemeldet. Nach einer Stadtführung durch Limoges fand das Abendessen in einem Limousin-Restaurant statt. Über das Blason Prestige-Programm werden dort fünf bis zehn Jahre alte Kühe vermarktet. Der Konsument honoriert das Wissen darüber woher das Tier kommt, wer das Tier produziert hat und was für ein Tier es ist.

Bei der Bullenprüfstation Lanaud informiert

Weiterer Höhepunkt war die Besichtigung der Bullenprüfstation Lanaud in der Nähe von Limoges gelegen. Sophie Mournetas von Interlim, der Vermarktungsorganisation für französische Limousin Genetik, empfing die Teilnehmer aus Hessen. Im Versteigerungsraum der Prüfstation erklärte sie, wie sich die Rasse Limousin von der Dreinutzungsrasse vor 100 Jahren bis zur heutigen Fleischrinderrasse entwickelt habe. In den letzten 50 Jahren sei die Zahl eingetragener Herdbuchtiere der Rasse Limousin in Frankreich von 285 000 auf über 1,2 Mio. gestiegen und habe sich auch weltweit verbreitet. Gründe seien vor allem die hohe Fleischqualität und leichte Kalbungen. Seit dem Jahr 1984 werden Prüfungen auf der Station in Lanaud durchgeführt. Hauptselektionsmerkmale sind auf maternaler Seite Milchleistung, Fruchtbarkeit und Futteraufnahme sowie im Fleischbereich die Bemuskelung und die täglichen Zunahmen.

Bei Jungbullen erfolgt auch eine Wesensprüfung

Nach einem bestimmten Auswahlprogramm werden jährlich rund 500 Jungbullen landesweit ausgewählt und im Alter von acht bis neuen Monaten aufgestallt. In der Umstellungszeit erfolgt auch eine Wesensprüfung bei der nochmal rund fünf Prozent der Bullen aussortiert werden. Nach Abschluss der Prüfungen werden die 50 Prozent besten Bullen „Reproducteur Jeune (RJ) und die anderen „Espoir“ genannt. Nach Analyse der Fleischleistung und mütterlicher Zuchtwerte werden die besten Bullen in RR (zehn Prozent) und RRE (ein Prozent) qualifiziert. Es werden in Lanaud vier Durchgänge pro Jahr getestet und anschließend versteigert. Die Bullen werden sattt (ad libitum) gefüttert und bekommen eine Ration aus Stroh, Heu und Kraftfutter die auf 1 200 g tägliche Zunahme ausgelegt ist. Schließlich wurde der Betrieb Earl Meyrignac besichtigt, der 2012 auf der französischen Indexliste der besten Zuchtbetriebe auf dem ersten Platz stand. Der Betrieb bewirtschaftet 160 ha Grünland und 60 ha Ackerland. Es werden 130 Kühe mit Nachzucht gehalten sowie drei Herdenbullen. 60 Prozent der Tiere werden künstlich besamt. Als Zuchtziel wird ein mittelrahmiger Mixet-Typ angestrebt mit guter Bemuskelung, feinen Knochen, breitem Becken und gutem Index. Wert wird auf ein mittleres Geburtsgewicht gelegt, das zurzeit bei 45 kg liegt. Die Abkalbungen erfolgen alle im Herbst, das heißt, die Rinder kalben je nach Entwicklung entweder mit 24 Monaten oder 36 Monaten. Der Betrieb selektiert stark. Nur 20 bis 30 Rinder und 15 Jungbullen werden jährlich zur Zucht aufgestellt. Die besten Bullen gehen zur Bullenprüfstation nach Lanaud. Imponierend war der vierjährige Herdenbulle Ilot mit enormer Bemuskelung und Breite sowie sehr korrektem Fundament.

Wann Reinerbigkeit erfolgt, wann die Kreuzungszucht

Letzter Betrieb der Lehrfahrt war die Domaine de Bourdelas. 180 ha Grünland und 30 ha Ackerland werden hier bewirtschaftet. Erst seit 2004 werden Limousins gezüchtet. Das durchschnittliche Schlachtgewicht der Kühe liegt bei hohen 520 kg. Als Zuchtziel wird der mittlere Mixet-Typ angestrebt mit hohen Schlachtgewichten und guten maternalen Eigenschaften. Die Kälber auf der Weide zeigten sich enorm breit und waren sehr gut bemuskelt. Seit 2012 werden auch die bei uns bekannten Vererber wie Greg Peniere sowie hornlose Bullen wie Mateo PP, Pontus PP und CN Rex PP eingesetzt. Interessant war auch die Zuchtphilosophie des Betriebsleiters für den Einsatz der Hornlosgenetik. Die besten Tiere mit reiner Blutführung werden im Herdbuch A geführt und mit gehörnten Bullen belegt. Alle ande­ren Tier, die zum Beispiel wegen Farbfehlern in der Herdbuchstufe B stehen, möchte er durch die Einkreuzung von Hornlosbullen aufwerten, damit sie sich besser verkaufen lassen. Vackiner

Vackiner – LW 46/2017