Jetzt die Weichen auf Grundfutterleistung stellen

Wertvolle Grünlandpflanzen winterfest machen

Im zurückliegenden Jahr 2015 konnten mengenmäßig nicht unbedingt zufriedenstellende Erträge eingefahren werden, allerdings regional und standortbezogen recht unterschiedlich. Jetzt im Herbst werden auch auf Dauergrünland und den mehrjährigen Feldfutterflächen die Weichen für den wirtschaftlichen Erfolg, sprich die Grundfutterleistung im nächsten Vegetationsjahr gestellt.

In ungepflegten Beständen können Unkräuter ein auf Jahre keimfähiges Samenpoten-zial aufbauen.

Foto: Thiex

Gegebenenfalls können jetzt Pflegemaßnahmen mit einer Nutzung kombiniert werden. Bei richtiger Vorbereitung auf den kommenden Winter kann das Ertragspotenzial für das Jahr 2016 gesichert werden und es können aufwendige Verbesserungsmaßnahmen im Frühjahr vermieden oder zumindest stark reduziert werden. Die wichtigsten Maßnahmen, damit die Bestände gut durch den Winter kommen und zum nächsten Vegetationsbeginn schnell wieder austreiben, werden im Folgenden beschrieben.

Eine Nutzung ist noch möglich und vielfach auch notwendig

Wegen der Trockenheit brachten der erste und der zweite Schnitt in diesem Jahr flächendeckend nur unterdurchschnittliche Erträge. Dabei gab es allerdings regionale Unterschiede, je nachdem, wo lokal Gewitter nieder­gingen. Vorteile hatten Betriebe, welche den ersten Schnitt vor einem Gewitter abgefahren hatten. So haben die meisten Betriebe bei konsequenter Nutzung bisher drei oder vier Schnitte abgeerntet.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Vegetation noch nicht zu Ende, so dass sich noch ein Aufwuchs ausbilden kann. Ertragsmäßig wird dieser entsprechend der Zusammensetzung der Bestände, den Standortbedingungen und den tatsächlichen Witterungsverhältnissen vor Ort naturgemäß unterschiedlich ausfallen. Vor allem das sehr wertvolle Deutsche Weidelgras wächst weiter und bringt mehr Masse als andere Pflanzen.

Späte Futternutzung flexibel gestalten

Herbstaufwüchse bilden hauptsächlich Blattmasse aus, da die Pflanzen ihre Blüten- und Samenbildung eingestellt haben. Dementsprechend können wertvolle Gräser über mehrere Wochen eine gewisse Energiedichte halten. Diese erreicht natürlich nicht mehr die hohen Werte, die bei einem frühen Schnitt im Frühjahr möglich sind.

Die Schnittnutzung und Verwertung dieses an sich eher wertvollen Futters kann problematisch sein, denn es besteht die Gefahr von Futterverschmutzungen und in den Herbstaufwüchsen werden in der Regel höhere Rohascheanteile festgestellt. Eine nicht zu tiefe Einstellung der Mähwerke (siehe unten) ist Grundvoraussetzung dafür, die Verschmutzung in Grenzen zu halten. Im Herbst werden größere Mengen von Regenwurmlosungen abgesetzt, die bei Tiefschnitt leicht mit dem Futter vermischt werden.

Beweidung erfordert weitere Pflegemaßnahmen

Möglichst viele oder zumindest einige „sonnige Tage“ können die Silierung des meist auch nassen Futters ermöglichen, eine Herbstnutzung muss geplant werden und dann sehr flexibel erfolgen, es gilt, einen Kompromiss zwischen Standortverhältnissen und Nutzungsstermin zu finden. Eine Bewirtschaftung unter zu nassen Bodenverhältnissen führt besonders bei schwereren Böden zu Unebenheiten und zu nachhaltigen Schäden. Ãœber den Einsatz eines geeigneten Silierhilfsmittels sollte nachgedacht werden.

Eine optimale Nutzung der Herbstaufwüchse ist sicherlich durch Beweidung möglich, dabei muss natürlich der geringe Rohfaseranteil des Materials bedacht werden. Bei Beweidung unter nassen Bedingungen beziehungsweise bei sehr später Beweidung ab Mitte Oktober ist die Gefahr durch Trittschäden hoch. Außerdem sind nach Weidenutzung in der Regel Pflegemaßnahmen wie Abschleppen und Nachmahd notwendig, um überständiges Futter und Geilstellen zu beseitigen. Sehr nachteilig für die Winterhärte ist auch eine zu scharfe Beweidung im Herbst, es tritt im Prinzip der gleiche Effekt ein wie bei Tiefschnitt.

Es ist natürlich optimal, wenn die letzte Nutzung gleichzeitig eine Pflegemaßnahme beziehungsweise die erste Pflegemaßnahme für das folgende Frühjahr 2016 darstellen kann und weitere Arbeitsgänge sich erledigen. Letztlich entscheidend ist aber das tatsächliche Vegetationsende.

Bestände gehen oft zu hoch in den Winter

Beobachtungen aus vergangenen Jahren zeigen, dass Bestände vielfach zu hoch in den Winter gehen. Ist eine Nutzung nicht mehr vorgesehen oder nicht mehr möglich oder lässt sich nach einer letzten Nutzung ein Überwachsen der Bestände nicht vermeiden, ist unbedingt noch ein Mulchgang durchzuführen. Dieser kann bis Ende Oktober notwendig werden, da Gräser bei Temperaturen von etwa 8 bis 10 °C noch Zuwachs haben; die optimale Mulch- oder Schnitthöhe im Herbst liegt bei etwa 6 bis 8 cm.

Denn sowohl ein zu kurzer als auch ein zu kräftiger Grasbestand ist nachteilig für die Überwinterung und beeinflusst die Entwicklung und Ertragsbildung im kommenden Frühjahr negativ. Bei tieferem Abschneiden werden die Vegetationskegel verletzt und der Wiederaustrieb im Frühjahr verzögert sich, da keine Reserven vorhanden sind.

Der Zeitpunkt des letzten Schnittes darf auch nicht zu spät gewählt werden. Die Pflanzen müssen noch die Möglichkeit erhalten, nach der letzten Nutzung oder dem Mulchgang noch etwas zu wachsen, um vor Winter genügend Reservestoffe einzulagern und die Überwinterungshöhe von etwa 8 bis 10 cm zu erreichen.

Letzten Schnitt nicht zu spät vornehmen

Bei zu hohen Pflanzen ist die Gefahr von Verpilzungen (Schneeschimmel) hoch, die die Winterhärte besonders der wertvollen Weidelgräser herabsetzen und somit ein Entarten der Bestände über Winter begünstigen. Bei Auswinterung von wertvollen Pflanzen werden Lücken gebildet, in die immer unerwünschte Arten (Gemeine und jährige Rispe, Ampfer, Quecke, Löwenzahn, Hahnenfuß, Vogelmiere, u. a.) einwandern. Man sieht auch häufig ungepflegte Bestände, in welchen diese unerwünschten Arten im Herbst noch zum Aussamen kommen und somit ein großes Samenpotenzial hinterlassen.

Ist die Pflanzenmasse bei einem Mulchgang zu hoch, müssen diese Materialien abgefahren werden. Mattenbildungen zerstören die Narben, werden ebenfalls verstärkt von Pilzen befallen und bilden die Basis für Mäusepopulationen. Diesbezüglich müssen die Flächen unbedingt beobachtet und Vorsorgemaßnahmen getroffen werden.

Mäuse können, wie die Vergangenheit zeigt, ganze Grünlandbestände zerstören. Bei mittlerem Mäusebesatz ist das Aufstellen von Sitzkrücken für Greifvögel eine altbewährte Methode der Bekämpfung. Es gibt Anzeichen für ein Zurückgehen der seit Ende Sommer wieder ansteigenden Mäusepopulationen.

Die Vegetation ist noch nicht zu Ende und der Aufwuchs kann – angesichts der schwachen Erträge dieses Jahres – unter Beachtung einiger Grunsdsätze noch genutzt werden.

Foto: Thiex

Düngemaßnahmen an die Nutzung anpassen

Neben den beschriebenen Nutzungsparametern hat der Ernährungszustand der wertvollen Gräser einen entscheidenden Einfluss auf die Winterhärte. Hohe Stickstoffmengen besonders in Kombination mit höheren Temperaturen regen die Gräser zur Massenbildung an. Andererseits sind nicht gedüngte und unter Mangel leidende Bestände wesentlich anfälliger für Pilzkrankheiten (Roste) und senken dementsprechend die Winterhärte.

Eventuelle Stickstoff-Düngungsmaßnahmen müssen von der Intensität der Nutzung und Jahresdüngung abhängig gemacht werden. Hohe Nutzungsintensitäten verlangen über die Schnitte verteilt hohe Düngemengen. Unter solchen Bedingungen, besonders auch bei hohem Wirtschaftsdüngereinsatz, sind eher noch Restmengen vorhanden als bei sparsameren Bestandesführungen.

Wenn eine letzte Nutzung noch vorgesehen wird, ist sicherlich eine Begüllung in vernünftiger Höhe etwa 15 m3/ha angemessen, im Regelfall müsste diese Gabe schon erfolgt sein. Nur in Ausnahmefällen kann eine Mineraldüngergabe von etwa 30 kg N/ha sinnvoll sein. Grundsätzlich ist in zahlreichen Versuchen und Erhebungen die positive Wirkung einer Herbstgülle (auch nach einer Nutzung) auf den Wiederaustrieb und die Ertragsbildung im kommenden Frühjahr nachgewiesen worden. Dies gilt insbesondere für weidelgrasreiche, also intensiv genutzte Bestände. Die ausgebrachte Menge kann dann in die Düngeplanung im Folgejahr integriert werden.

Nicht bis kurz vor die Sperrfrist warten

Wenn Nutzungen nicht mehr vorgesehen sind, sollte die Herbstgülle nicht zu früh auf die Flächen kommen, um ein Überwachsen mit allen beschriebenen Nachteilen zu verhindern. Nach hinten begrenzt die Sperrfrist, die für Grünland ab dem 15. November gilt, die Ausbringmöglichkeit. Dabei ist es sehr kritisch, die Ausbringung bis kurz vor Beginn der Sperrfrist hinaus zu zögern, da dann häufig die Flächen wegen hoher Niederschläge nicht befahrbar sind.

Ab etwa Ende Oktober sollten Mengen von ebenfalls maximal 15 m3 /ha ausgefahren werden. Bei niedrigen Temperaturen wird der Ammonium-Stickstoff in den Narben konserviert und kann im Frühjahr in der Düngeplanung voll angerechnet werden (bei 15 m3/ha etwa 30 kg N/ha). Weideflächen sollten nicht mit zusätzlicher Gülle gedüngt werden (Auswaschung von Stickstoff).

Im Herbst Bodenproben untersuchen lassen

Für die optimale Ernährung von Grünlandpflanzen und damit auch der optimalen Winterhärte spielen natürlich auch weitere Pflanzennährstoffe (v. a. Grundnährstoffe P2O5, K2O, aber auch der pH-Wert) eine entscheidende Rolle. Die Düngeverordnung verlangt außerdem das Vorliegen der Phosphatuntersuchung (nicht älter als sechs Jahre).

Wenn keine aktuellen Untersuchungsergebnisse vorliegen (fachlich alle drei bis vier Jahre zu empfehlen), bietet der Herbst die Zeit, diese Bodenproben ordnungsgemäß zu ziehen und im anerkannten Labor untersuchen zu lassen. Die Ergebnisse bilden dann die Grundlage für die Planung der Grunddüngung. Die Probenahme, die im Grünland bis zu einer Einstichtiefe von 10 cm vorgenommen wird, sollte selbstverständlich vor einer Begüllung der Fläche erfolgen.

Neu- und Nachsaaten besser ins Frühjahr verschieben

Weiterhin sollte bei den mittel- und langfristigen Planungen zur Grünlandverbesserung der Einsatz von ausdauernden Mischungen (roter Aufkleber) vorgesehen werden. Die dort enthaltenen Sorten sind speziell für die Mittelgebirgsregionen geprüft und weisen dementsprechend vergleichsweise hohe Winterhärten auf.

Neuanlage- und Nachsaatmaßnahmen sollten bis zum jetzigen Zeitpunkt erledigt sein, da die auflaufenden Pflanzen die notwendige Winterhärte nicht mehr erreichen. Obwohl der Herbsttermin grundsätzlich den sichereren Erfolg verspricht, sollten dringend notwendige Saaten jetzt in das Frühjahr verschoben werden.

Stefan Thiex, DLR Eifel, Bitburg – LW 41/2015