Wie wird das Weinetikett für jeden verständlich?

Die EU-Weinmarktreform kann auch als Chance begriffen werden, das Weinbezeichnungsrecht zu verändern. Bisher gilt in Deutschland das System der geprüften Qualität im Glas. So durchlaufen alle Weine die sensorische Qualitätsweinprüfung quasi als Produktendkontrolle. Im deutschen Weinrecht gilt bislang der Grundsatz je höher das Mostgewicht, umso besser die Qualität.

In anderen Ländern, wie Frankreich, gilt dagegen das romani­sche System, das davon ausgeht, dass die Herkunft entscheidend für die Wertigkeit des Weines ist. Das Herkunftsprinzip stellt das Terroir (Boden, Winzer, Mikroklima, Weinkultur) in den Vordergrund, das den Charakter des Weines prägt. Die EU hat nun den Weg in Richtung Herkunftskonzept vorgegeben.

Welches Konzept ermög­licht die bessere Positio­nierung der Weine und seiner Winzer am Markt? Will man die beiden Modelle zusammenführen, wird das bisherige Qualitätssystem um den Aspekt der Herkunft erweitert. Können die Verbraucher den Zusammenhang zwischen enge­rer Herkunftsbezeichnung und höherer Qualität besser nachvoll­ziehen? Von Vorteil wäre, dass eine Einzellage nicht austauschbar ist und dem Ver­­braucher eine Orientie­rung bietet. Die Quali­tät durch Herkunft ist nicht so einfach zu messen wie Mostge­wich­te. Andererseits orientieren sich die Preise am Fass­weinmarkt schon längst nicht mehr an Oechslegraden.

Es bleibt die Frage, wie Einzel­lagen aufgewertet werden können. Die Winzer tun sich verständlicherweise schwer damit, sich selbst eine Mengenregulierung oder Rebsortenbegrenzung aufzuerlegen und wollen möglichst wenig reglementieren. Wie die liberale Grundeinstellung vieler Winzer zusammenpasst mit dem Ziel, das Weinbezeichnungsrecht für den Verbraucher verständlicher zu gestalten, bleibt eine spannende Frage.

Bettina Siée