Im Weinjahr 2013 ist noch alles möglich

Endlich herrscht sommerliches Wetter und die Reben, die seit Pfingsten stagnierten, wachsen zügig. Nach einer langen Serie von frühen Jahrgängen wird die Traubenblüte in diesem Jahr erst ab 20. Juni erwartet. Das wäre eine Wiederholung der Witterung von 1983, als auf den kühl-nassen Mai ein warmer Juni mit guter Traubenblüte folgte. Nach der Faustregel „100 Tage nach der Blüte beginnt die Lese“, würde die Ernte erst im Oktober beginnen – das ist für die ältere Generation nichts Besonderes.

Es fehlte den Reben zwar an Wärme und Sonne, aber die Vegetation kann ihr Defizit – zurzeit etwa zehn Tage zum langjährigen Mittel – bei entsprechenden Temperaturen im Sommer noch ausgleichen. Viele Junganlagen konnten nicht wie geplant gesetzt werden. Manche pflanzten mit der Hand, weil die Maschine den Boden verdichtet hätte, andere warten auf bessere Witterung – bis Ende nächster Woche gesetzte Reben gedeihen noch.

Der langsame Zuwachs ermöglichte eine Langzeitwirkung der ersten Reb­­schutzbehandlung und den pilzlichen Erregern war es zu kalt, sodass es im Mai kaum Befall gab. Aufgrund der steigenden Temperaturen besteht nun Gefahr durch Oidium und Peronospora, deshalb sind für die

nun anstehende Vorblütebehand­lung unbedingt potente Mittel zu wählen. Leider sind viele Weinberge durch ergiebigen Regen immer noch nicht befahrbar oder nur in begrünten Gassen. Sorgen machen auch Chlorose­standorte.

Minimalschnittanlagen reifen generell später und sind dieses Jahr sicher auf einen goldenen Oktober angewiesen, um den späten Vegetationsbeginn auszugleichen. Hier sind Geduld und Sorgfalt nötig. Ohne Ertragsre­gu­lierung ist bei Minimalschnitt im Spalier kein qualitativ hochwertiger Wein zu erwarten. Die Winzer sammeln Erfahrung mit der Voll­ernterausdünnung und entwickeln Fingerspitzengefühl für dieses neue Verfahren.

Für die Quantität und Qualität des Weinjahrgangs entscheidend ist optimales Wetter zur Traubenblüte und danach bis zur Reife. Es ist also in diesem Jahr noch alles möglich.

Bettina Siée – LW 24/2013