Zu wenig Kooperation, zu viele Vorschriften

Landnutzer lehnen Hessisches Naturschutzgesetz weiter ab

Die Verbände der Landnutzer und -eigentümer haben vergangene Woche in der Landespressekonferenz im Hessischen Landtag erneut ihre Ablehnung gegenüber des bereits in erster Lesung im Parlament beratenen Hessischen Naturschutzgesetzes zum Ausdruck gebracht. Der Gesetzesentwurf missachte den kooperativen Ansatz und führe zu weiteren Nutzungseinschränkungen, so die Hauptkritikpunkte.

V.l.: Christian Raupach, Geschäftsführer des Waldbesitzerverbandes, Philipp Viktor Russell, Vorsitzender Familienbetriebe Land und Forst, HBV-Präsident Karsten Schmal und Waldbesitzerpräsident Carl Anton Prinz Waldeck.

Foto: Mohr

Der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Karsten

Schmal, forderte den Vorrang für kooperativen Naturschutz, wie er auch in den sehr intensiven Gesprächen im Rahmen des Runden Tisches Insektenschutz zwischen den Landnutzern, den Umweltverbänden und der Landesregierung vereinbart worden sei. Er zeigte sich enttäuscht, dass die Regierung hier den Weg des Ordnungsrechts gehen wolle. „Schade, dass man kein Vertrauen zu uns hat“, sagte Schmal.

Vorkaufsrecht des Landes in der Kritik

Das Bundesnaturschutzgesetz sei ausreichend, um den Belangen des Natur- und Artenschutzes Geltung zu verschaffen. Ein eigenes hessisches Gesetz, das auf Ordnungsrecht setze, sei abzulehnen. Schmal verwies vor der Presse darauf, dass es viele gute Beispiele der Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Natur- und Artenschutz gebe, und führte dabei die Maßnahmen zur Wiederansiedlung des Hamsters in der Wetterau an.

Der Entwurf schränke die Eigentümer von Äckern, Wiesen und Wäldern weiter ein, beklagte Philipp Viktor Russell, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst. Er kritisierte konkret, dass es laut Entwurf ein Vorkaufsrecht des Landes für gesetzlich geschützte Biotope wie Streuobstwiesen, Auenwälder oder trockene Eichenwälder geben soll.

Nicht akzeptabel sei zudem die Bestimmung, wonach die Naturschutzbehörden Gebiete mit der Begründung einer angeblichen abstrakten Gefährdung einstweilig unter Schutz stellen können, ohne die Grundstückseigentümer zu informieren. Der Gesetzentwurf erzeuge eine Schieflage durch eine mangelhafte Berücksichtigung der Belange der Land- und Forstwirtschaft einerseits und eine umfassende frühzeitige Beteiligung und weitreichende Mitwirkungsrechte der Umweltverbände andererseits. Auch die vorgesehene Überwachung von Schutzgebieten und -vorgaben durch Freiwillige kritisierte er. Das zeuge von mangelndem Vertrauen in die Landeigentümer. Russell fragte auch, warum das Land, dem 75 Prozent des Waldes in Hessen gehöre, nicht in seinem eigenen Forst der Vorbildfunktion nachkomme. Er forderte einen neuen Gesetzentwurf.

Fühlen uns als Partner ausgebootet

„Wir fühlen uns als Partner ausgebootet“, machte Carl Anton Prinz zu Waldeck, Präsident des Hessischen Waldbesitzerverbandes klar. Der Entwurf bestrafe Betriebe, die naturnah arbeiten wollten. Denn wer lege schon Biotope an, die dann später dem Ordnungsrecht unterliegen, fragte Prinz Waldeck. Er erinnerte an den 2002 geschlossenen Rahmenvertrag zwischen den Waldbesitzern und der Landesregierung, wonach der Vertragsnaturschutz und Ausgleichzahlungen Vorrang hätten.

Die in dem Gesetz vorgesehenen Schutzzonen um die Horste von Schwarzstörchen oder Roten Milanen würden bei einem Radius von 300 Metern beträchtliche Flächen bei der Nutzung einschränken, sagte der Geschäftsführer des Waldbesitzerverbandes, Christian Raupach. HBV-Präsident Schmal verwies auch auf die im Gesetz nicht explizit genannte Ausnahme für Feldarbeiten in der Nacht oder bei der Beleuchtung beispielsweise von Stallungen in Aussiedlungsbetrieben, was bei der vorgesehenen Bekämpfung von Lichtverschmutzung Einschränkungen durch Klagen Tür und Tor öffne.

Kritik gab es auch vom Hessischen Städte- und Gemeindebund. In der gemeinsamen Presseerklärung mit den Verbänden moniert der Geschäftsführer Johannes Heger, dass viele Regelungen gerade im ländlichen Raum mit erheblichen Einschränkungen verbunden seien. So könnten zum Beispiel Verbindungsstraßen künftig gesperrt werden, wenn der Schutz wandernder Amphibienarten durch Querungshilfen nicht gewährleistet werden könne. Weiträumige Umleitungen mit erheblichen Auswirkungen auf den Schulbus- und Wirtschaftsverkehr seien zu erwarten, was dem Umweltschutz eher abträglich sei.

Die Verbände fürchten, dass das Gesetz noch vor der Landtagswahl durchgewunken werden soll. Wie zu vernehmen war, befasst sich in dieser Woche der Umweltausschuss des Landtags mit dem Entwurf. Das Gesetz könnte noch vor der Sommerpause vom Parlament beschlossen werden.

Reaktion aus dem Landtag

Als Reaktion auf die Pressekonferenz hat die CDU-Landtagsabgeordnete Lena Arnoldt, Sprecherin ihrer Fraktion für Umwelt und Landwirtschaft, in einer Pressemitteilung darauf verwiesen, dass man die Kritik der Verbände am Naturschutzgesetz sehr ernst nehme und man mehrfach den Dialog gesucht und sich für praxistaugliche Regelungen eingesetzt habe. „So haben wir unter anderem einen klaren Vorrang von Vertragsnaturschutzmaßnahmen und einen echten Erschwernisausgleich im Gesetz festgeschrieben. Mit weiteren Änderungen zum Beispiel einer besseren Information der Eigentümer bei der Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen, einer Stärkung beim Erschwernisausgleich und Einschränkungen beim Vorkaufsrecht werden wir den Landnutzern noch einmal entgegenkommen“, so Arnoldt.

CM – LW 18/2023