Mehr oder weniger Frostschäden in allen Lagen
Das Ausmaß des Schadens ist noch nicht abzuschätzen
Temperaturen von bis zu sieben Grad unter Null führten in der Nacht auf Donnerstag, den 20., und Montag, den 24. April, zum schwersten Frostereignis seit 1991. Vor allem Obstbauern und Winzer müssen mit erheblichen Frostschäden und Ernteausfällen rechnen. Landwirtschaftsminister Dr. Volker Wissing hat sich in Appenheim und Bad Dürkheim über die Frostschäden informiert. Rheinhessen-Nahe ist stark betroffen, in der Pfalz gibt es vor allem im Norden Schäden.

Foto: Köhr
Tiefe Lagen an der Rheinfront stark betroffen
Nach eigenen Bonituren am DLR RNH in Oppenheim schreibt Sieghard Spies, dass vor allem die tieferen Lagen der Rheinebene von Oppenheim bis Worms stark geschädigt seien – 80 bis 100 Prozent. Die Hanglagen der Rheinfront seien erstaunlich gut davon gekommen mit maximal 10 bis 20 Prozent. Von den höheren Lagen in Rheinhessen habe das DLR bisher kaum Meldungen. Von den Sorten sei der Dornfelder wohl am gravierendsten betroffen.
In den betroffenen Weinbergen werde die Vegetation wieder auf „Start“ gesetzt, die Beiaugen werden – je nach Sorte – austreiben. Sie sind allerdings unfruchtbarer als die Hauptaugen, bemerkt Weinbauberater Spies.

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Matthias Müller, der Nachbar von Runkel, betreibt auf 16 ha Obstbau. Auch seine Flächen sind alle betroffen. In den Apfel-, Aprikosen- und Süßkirschenanlagen rechne er mit 100 Prozent Ausfall, höchstens zur Saftherstellung erwarte er noch eine kleine Ernte Äpfel minderer Qualität.
Über die Woche hinaus weitere Nachtfröste möglich
In Mirabellen und Zwetschen rechne er mit 50 Prozent Ausfall. Etwas besser sehe es bei Sauerkirschen aus, so Müller.
Das bestätigte Peter Hilsendegen, der Obstbauberater vom DLR Rheinpfalz in Oppenheim. Demnach seien die Sauerkirschen in ihrer Entwicklung noch etwas zurück, sodass nicht alle geschädigt wurden. Doch die tiefen Temperaturen führten landesweit zu Frostschäden im Obstbau – auch Erdbeeren sind stark betroffen. Wer beregnen konnte oder Tunnelanbau betreibt, habe gute Chancen auf eine Ernte. Über das genaue Ausmaß der Schäden könne derzeit noch nichts gesagt werden, je nach Betrieb könne es zwischen zehn und 90 Prozent liegen. „Noch über diese Woche hinaus rechnen wir weiterhin mit sehr kalten Nächten“, erklärte Hilsendegen. Sind nur braune Blütenblätter in Apfelanlagen zu sehen, dann sage dies noch nichts über einen Frostschaden, verkorke der Blütenboden und folge eine Kelchberostung, dann entstehen dennoch Äpfel, jedoch minderer Qualität. Wenn der Griffel braun wird, ist klar, das wird nichts mehr. Beim Apfel bleibt noch die Möglichkeit der verspäteten Blüte am einjährigen Holz, doch diese Möglichkeit nutzen nicht alle Bäume, hier komme es auf Vitalität, Sorte und Standort an.
Im Anschluss traf Wissing im Weingut Karst in Bad Dürkheim mit Norbert Schindler, Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, und Walter Wolf, Vorsitzender des Kreisverbandes Bad Dürkheim im BWV, zusammen.
Uli Karst, der junge Betriebsleiter, zeigte seine Weinberge vor der Tür. Der Austrieb des St. Laurent ließ sich zerbröseln. Nur die Augen zum Stock hin scheinen noch intakt zu sein. Karst rechne mit einem Schaden von rund 20 Prozent für seinen Gesamtbetrieb. Da die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag vergangene Woche keine Inversionslage ausgebildet hatte, habe der Hubschraubereinsatz nicht viel gebracht, sagte Karst. Man habe kalte Luft von 0 °C in noch kältere gewirbelt.
Derzeit ist das Ausmaß der tatsächlich eintretenden Schäden noch schwer zu quantifizieren, es sei zu früh, sagte Klaus Schneider, Weinbaupräsident der Pfalz. Die Winzer müssen auf Kompensationsreaktionen der Reben hoffen, damit sich die Ertragsausfälle noch im Rahmen halten. Eines sei jedoch klar: Die frostgeschädigten Anlagen benötigen während der Vegetation einen hohen Pflegeaufwand und dennoch Pflanzenschutz.

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Zuckerrüben leiden mehr unter der Trockenheit
Die Zuckerrübenanbauer sind offensichtlich noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Stärkere Schäden kommen allerdings vor, wenn kurz vor dem Frost eine Herbizid-Maßnahme erfolgte und die Pflanzen unter Stress standen sowie bei spät gesäten Beständen, also Ende März. Dies ist auch aus Rheinhessen, der Pfalz und Südhessen zu hören. Nach Angaben des Geschäftsführers des dortigen Zuckerrübenanbauverbandes, Dr. Christian Lang, sind noch keine Nachbestellungen bei Saatgut aufgelaufen, ein Indiz dafür, dass die Schäden nicht so groß sind. Was den Rübenbauern große Sorgen macht, ist die Trockenheit. Lang berichtet von Trockenrissen auf schweren Böden. Da, wo es möglich ist, sollte beregnet werden. Das würde auch gegen den Stress der Pflanzen helfen. Darüber hinaus sei derzeit wegen der nach wie vor drohenden Nachtfröste Vorsicht beim Herbizideinsatz geboten, vor allem mit Wirkstoffkombinationen.
Treten Frostschäden im Bestand auf, sollte sie genau abgeschätzt werden und die Beratung befragt werden, bevor eine Neuansaat erfolgt. Auch wegen des Wassermangels werde die Saat voraussichtlich sehr spät auflaufen. Ein bescheidener Bestand könne deshalb besser sein, als ein neu eingesäter.
cm/zep – LW 17/