Dass der Wind nicht verweht

Strom aus Windkraftanlagen – weiter lohnender Betriebszweig

Mit der Entwicklung leistungsfähiger Windkraftanlagen zur Stromerzeugung, von Techniken zur Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom und zur Einspeisung dieses Windstroms in Stromnetze sind Windenergieanlagen (WEA) zu einer modernen Form der Energiegewinnung geworden. Wie rechnet sich die Stromerzeugung aus WEA für die Anlagenbetreiber? Professor Alfons Janinhoff, Fachhochschule Bingen, geht dieser Frage nach.

Von 1990 bis heute ist die Nabenhöhe bei neuen Windkraftanlagen von 30 auf 90 Meter angestiegen und der Rotordurchmesser hat sich von 20 bis auf über 75 Meter erhöht.

Foto: Moennig

Mittlerweile sind in Deutschland über 21 000 (21 164 WEA, Stand: Ende Dezember 2009) in Betrieb, deren durchschnittliche Leistung 2 Mega-Watt (MW) erreicht haben. Damit können circa 25 800 MW erzeugt werden, welches etwa 8,63 Prozent des Nettostromverbrauches entsprechen. Rentabilität von Windkraftanlagen hängt von vielen Aspekten ab. Voraussetzung ist ein hohes Windaufkommen mit mehr als 6 m/sec. Dies kann unter anderem auch durch hohe Nabenhöhen von über 80 m erreicht werden. Während die Degression mit zunehmender Größe der Windkrafträder nur gering ist, lässt sich durch die Zusammenfassung mehrerer Windkraft­räder zu einem Windpark eine deutliche Degression erzielen. Das übersteigt aber die Finanzkraft eines Einzelinvestors.

In Hessen wurden Ende vergan­genen Jahres 592 Windkraftanlagen gezählt, deren installierte Leistungskapazität 534,1 MW be­trägt; durchschnittlich 902 Kilo-Watt je Anlage. In Hessen wird mit 2,15 Prozent relativ wenig Windstrom – auch im Vergleich zu den benachbarten Ländern Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen – produziert. Rheinland-Pfalz liegt mit circa 7,4 Prozent im Mittelfeld; deutlich vor Nordrhein-Westfalen (3,63 Prozent), Saarland (1,67 Prozent), Baden Württemberg (0,81 Prozent) und Bayern (0,83 Prozent). Bis 2020 möchte die EU den Anteil an erneuerbaren Energien von zurzeit acht Prozent auf 20 Prozent fast verdreifachen. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit 30 Prozent noch ein noch ehrgeizigeres Ziel. Durch das neue Energie-Einspeise-Gesetz (EEG) vom 1. Juli 2008 ist die Einspeisevergütungen für fast alle alternativen Energieträger überarbeitet und angehoben worden: Bei Windkraft für weni­ger ergiebige Standorte 2009 von 7,867 Cent je KWh auf 9,2 Cent je KWh. Diese Einspeisevergütung wird für fünf bis zwölf Jahre in dieser Höhe gewährt und kann danach je nach Standort und Windaufkommen gesenkt werden. Jedes Jahr wird die Einspeisevergütung für Neuinstallationen um 1 Prozent gekürzt, aber dann garantiert 20 Jahre gewährt. Für Anlagen, die in der Zeit von 2002 bis 2008 erstellt wurden, kann für fünf Jahre ein Bonus von 0,7 Cent je KWh gezahlt werden, wenn Verbesserungen vorgenom­men werden. Wird eine alte Anlage durch eine neue ersetzt, wobei die Zahl der Windkrafträder halbiert wird und die Windkraftleistung – bezogen auf die Fläche – verdoppelt wird, zahlt der Staat eine Zusatzvergütung von 0,5 Cent je KWh

6 Meter/Sekunde notwendig

Wichtige Voraussetzung über die Aussage zur Wirtschaftlichkeit einer Windkraftanlage ist eine korrekte Messung des Windpotenzials in der Nabenhöhe. Da das häufig schwierig ist, wird in gerin­gerer Höhe, circa 10 bis 40 Meter gemessen. Dabei ist zu bedenken, dass je 30 bis 40 Meter zusätzliche Höhe die Windgeschwindigkeit ein Meter je Sekunde höher ist als „weiter unten“ gemessen. Andererseits hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die errechneten Werte um 0,3 bis 0,5 m je Sekunde zu hoch angesetzt waren. Auch ist zu bedenken, dass die Windpo­tenzial-Messung in Mittelgebirgslagen mit größeren Unsicherhei­ten wegen der Topographie und Turbulenzen behaftet ist. Mittlere Windgeschwin­digkeiten von 6 m pro Sekunde sind für eine rentable Anlage Voraussetzung. Eine Verlängerung des Turmes um 40 Meter Nabenhöhe bringt dann wegen der höheren Windgeschwindigkeit und geringeren Turbulenzen bis zu 30 Prozent höhere Stromerzeugung bei gleichem Rotordurchmesser.

Wichtige Kostenpositionen einer WEA (Euro pro Jahr)

Zu bedenken ist aber, dass behördlicherseits eine Nabenhöhe über 100 Meter nicht immer zugelassen wird und diese Anlage mit einer Warnblinkanlage für Flugzeuge ausgerüstet sein muss. Von 1990 bis heute ist die Nabenhöhe von 30 m auf 90 m bei den Neuanlagen gestiegen. Gleichzeitig hat sich der Rotordurchmesser von 20 bis auf über 75 m, mehr als verdreifacht. Damit hat sich die Nennleistung je Anlage versechsfacht und der Ertrag durch die Laufzeitverbesserung verachtfacht. Dem Bau einer Windkraftanlage oder eines Windparks (meh­rere Windkrafträder) geht ein nicht selten langwieriges Geneh­mi­gungs­verfahren voraus. Bereits zu Beginn der Planungsphase werden die „Träger öffentlicher Belange“ (Behörden, Kommunale Verbände und Vereine) über das Vorhaben informiert. „Jedes Projekt durchläuft vor seiner Realisierung ein ordentliches Genehmigungsverfahren, in dem die örtlichen Bedingungen, wie Wohn­bebauung, Landschaft und Tierwelt (Umweltverträglich-keits­­prüfung) untersucht werden. Das Einhalten gesetzlicher Kenn­werte für Schallimmissionen, Schat­tenwurf und weitere sind fes­te Bestandteile der Prüfung laut Baugesetzbuch und Bundesimmissionsschutzverordnung.

Turmhöhe wichtiges Kriterium

a) Nach einer telefonischen Erhebung bei zwei Herstellern kosten Anlagen um 1 MW circa 1,2 Mio. Euro netto; also 1 200 Euro je KW. Größere Anlagen über 1,5 bis 1,8 MW kosten circa 1,5 bis 1,8 Mio. Euro; also 1 000 Euro je KW. Darüber hinaus gibt es keine nennenswerte Degression, weil Stabilität und Sicherheit überproportional zunehmen. Unterschiede ergeben sich einerseits aus der Turmhöhe von 60 bis 120 m und darüber bis 160 m, wobei bei über 100 m die Stahlrohrtürme durch Gittertürme ersetzt werden und andererseits durch den Rotordurchmesser von 60 bis 80 m, ja sogar über 100 m bei Anlagen über 5 MW und 120 m Turmhöhe. Für die Zuwegung werden etwa 10 000 Euro und für die Kabelleitungen weitere 6 000 Euro den Nebenkosten (siehe Ãœbersicht) hinzugerechnet.

Kosten: von 1,4 bis 2,4 Mio. Euro

Insgesamt kostet eine 1-MW- Anlage etwa 1,4 Mio. Euro netto und eine 2-MW-Anlage etwa 2,4 Mio. Euro netto (ohne Mehr­wert­steuer). Bei einer 20-jähri­gen Nutzungsdauer und einer 6-prozentigen Verzinsung ergeben sich hieraus Jahreskosten von etwa 112 000 Euro für klei­nere Anlagen (AfA: 70 000 Euro, Zinsen: 42 000 Euro) und Jahreskosten in Höhe von 192 000 Euro (AfA: 120 000, Zinsen: 72 000 Euro) für die größere Anlage. Aus der Modell-Kalkulation erkennt man, dass die kleinere WEA nicht wirtschaftlich ist und die größere Anlage erst rentabel wird, wenn 2 000 Volllaststunden im Jahr erreicht werden. Dies ist aber bei größeren und höheren Türmen erreichbar. Ein Prozent niedrigere Kapitalkosten würden die kleinere Anlage um 7 000 Euro im Jahr, das sind 0,5 Prozent, wirtschaftlicher machen und die größere WEA um 12 000 Euro, ebenfalls um 0,5 Prozent, verbessern. Dennoch erkennt man, dass bei mehrere Anlagen die Wartungs- und Betriebsführungssteuer, Beratungskosten sowie die Gebühren nur gering ansteigen und einer erheblichen Kostendegression unterliegen, so dass zwei oder meh­rere WEA zu einer deutlichen Renditeverbesserung beitragen. Außerdem ist anzuführen, dass die Kostenpositionen vom Verfasser sicherheitshalber relativ hoch angesetzt wurden. Im Rahmen einer Diplom-Arbeit hat der Verfasser von dem Diplomanden Eckhard Mattern drei Windenergieprojekte untersuchen lassen. Dabei wurden – eine sehr kostengünstige, kleinere Anlage mit 600 KW, sowie drei zusammen liegende Windkraft­räder mit 1,5 bis 2,0 MW und ein Windpark mit neun Anlagen und einer Leistungsgröße von 1,0 bis 1,8 MW, untersucht.

Wesentliche Ergebnisse:

a) Interessant war, dass die klei­nere Anlage mit nur 1 667 Voll­last­stunden im Jahr rentabel war und durchschnittlich 15 000 Euro Gewinn pro Jahr erzielte. Sie war preisgünstig gebaut, hatte niedrige Betriebskosten und war mit einem Zinssatz von fünf Prozent günstig finanziert. Auch bei einem um 15 Prozent niedri­geren Windaufkommen, war noch kein Verlust zu verzeichnen.

Ãœberblick der Nebenkosten bei einer WEA-Investition

b) Die drei zusammen liegenden Windkrafträder stehen auf einem besonders windstarken Bergrücken mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von 6,5 m/sec, bei der Nabenhöhe 67 m und 8,0 m/sec bei der großen Anlage mit 113 m Narbenhöhe. Die Gewinne je Windkraftanlage liegen zwischen 50 000 und 80 000 Euro im Jahr und die Verzinsung zwischen 9,5 und 13,0 Prozent, weil über 2 000 Volllaststunden genutzt werden. Auch bei einem um 30 Prozent niedrigeren Windaufkommen arbeitet die Gesamtanlage noch im Gewinnbereich.

c) Der Windpark mit neun Anlagen liegt in der Gewinnanalyse bei 25 000 bis 30 000 Euro je Jahr und Anlage gerade zwischen den beiden vorangestellten Projekten. Hier machen die hohen Verwaltungskosten durch eine Zwischengesellschaft die Gewinn­er­war­tun­gen zunichte, aber auch weil es sich bei sieben Anla­gen um klei­nere Windkrafträder handelt und mehrere Einspeisestationen für die weit auseinan­der liegenden Windkrafträder er­richtet werden mussten. Letztlich war das Windaufkommen für nur 1 650 Volllast­stunden im Jahr zu gering. Bei der Untersuchung von mehreren Windkraftparks zeigte sich, dass die Hersteller und Betreibergesellschaften die Gewinne deutlich abgeschöpft haben. Daher zählen überschaubare Größen mit drei bis sieben Wind­krafträdern aus Sicht des Verfassers zu der ren­ta­bel­sten Größenordnungsdimension. Um den Wi­derstand der Be­­völ­kerung gegen Wind­­kraft­­an­lagen zu mindern, sollten die Landwirte eine Pacht-Zahlung für die windwürfige Fläche erhalten und die Bewohner der nahe liegenden Ortschaften als Anleger und Dividendenbezieher in die Gesellschaft aufgenommen werden.

Welche Rechtsform ist günstig?

Da nur in den seltensten Fällen eine Person beziehungsweise ein Landwirt eine eigene Wind­kraftanla­ge finanzieren kann, bleibt die größere Einzelunternehmerschaft eine Ausnahme. Eine Ge­sell­schaft bürgerlichen Rechts (GbR) besteht aus mindestens zwei Personen, die steuerlich einzeln betrachtet werden und mit Betriebs- und Privatvermögen voll haften. Daher ist die Kommanditgesellschaft KG eine geeignete Gesell­schaftsform. Sie hat mindestens einen vollhaftenden Gesell­schafter (Komplementär) und mindestens einen Kommanditisten, der nur mit seiner eingebrachten Einlage haftet. Eleganter ist für einen Windpark die GmbH & Co. KG als Rechts­form. Hierbei handelt es sich um eine Kommanditgesell­schaft, deren persönlich haften­der Gesellschafter eine GmbH ist, die ja nur bedingt haften kann. Die Kommanditisten haften nur mit ihrer Einlage. Die Kommanditisten sind von der Geschäftsführung ausgeschlossen, können aber die steuerlichen Gewinne und Verluste der Gesellschaft nutzen. Deshalb ist die­se Rechtsform bei den meisten Windkraftprojekten so verbreitet.