Mehr Windenergie in Rheinhessen

Anhörungsverfahren bis 31. März 2011

Die Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe plant auf Basis verschiedener Kriterien Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie auszuweisen, um eine Konzentration der Windanlagen zu erreichen und ein „Wildwuchs“ zu verhindern. Die Planentwürfe der Planungsgemeinschaft sind bis Ende März offengelegt, sowohl Träger öffentlicher Belange als auch Einzelpersonen können sich einbringen. Jeder Einwand werde geprüft.

Nur mit der Ruhe. Mal schnell am Hoftor, sollte man keinen Pachtvertrag für eine Windenergieanlage unterschreiben.

Foto: Paul Georg Meister/pixelio

Der Bauern- und Winzerverband hatte die in Rheinhessen von der Ausweisung der Vorranggebiete unmittelbar betroffenen Ortsvereine zur internen Besprechung in die Stadthalle Alzey eingeladen, um gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer zu bewerten.

30 Prozent des Stromverbrauchs durch Erneuerbare Energien

Hintergrund der geplanten verstärkten Windenergienutzung ist der erklärte politische Wille auf Bundes- und Landesebene, mindestens 30 Prozent des Stromverbrauchs bis zum Jahr 2020 durch Erneuerbare Energien abzudecken. Der Flächenausweisung für die Vorranggebiete gehe eine systematische Standortsuche unter Beachtung aller wichtigen Einzelaspekte voraus, erklärte Christiane Donnerstag, leitende Planerin der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe, als sie den Ablauf des Ausweisungsverfahrens darstellte. Es wurden Ausschlussgebiete ermittelt nach Kriterien, wie Konzentration der Windenergieanlagen, Mindestabstand von 4 km zwischen einzelnen Windparks, Vorbelastungen/Infrastrukturbündelung, Kulturdenkmäler, Landschafts- und Ortsbild, Repowering unter dem Aspekt der Konzentration und der Berücksichtigung von Flächen mit Eignung für interkommunale Kooperation.

Durch die Mindestgröße von 50 Hektar pro Windpark fielen ebenfalls Standorte heraus. Es wurden auch Flächen mit höherem Konfliktpotenzial ausgenommen. Aktuell sind in den Landkreisen Alzey-Worms, Bad Kreuznach, Birkenfeld und Mainz-Bingen sowie in den Städten Mainz und Worms 36 Standorte mit insgesamt 5 143 Hektar als Vorranggebiete geplant. Bisher wird auf 1 200 ha Windenergie genutzt.

Wie Donnerstag betonte, ist das Ziel der Planung, dass Windenergieanlagen nur noch in Vorranggebieten zulässig sind. Außerhalb dieser soll die Errichtung von Windenergieanlagen ausgeschlossen sein. Projekte, die sich derzeit schon im Bau befinden, sind davon nicht betroffen.

Um an einem Standort eine optimale Auslastung Gemeindegrenzen übergreifender Vorranggebiete zu erreichen, sollten die Träger der Bauleitplanung ihre Planungen für den Standort von Beginn an gemeinsam koordinieren, so werden Flächen in kommunaler Kooperation bevorzugt. Die Aufstellung spezieller Bebauungspläne sind, der Chefplanerin zufolge, ein wichtiges Instrument zur Konzentration der Flächeninanspruchnahme und Vermeidung der Zersiedlung von baulichen Anlagen. Die geplanten internen Arbeitsschritte der Planungsgesellschaft: bis zur 17. Kalenderwoche 2011 Vorschläge zum Meinungsausgleich; 5. und 11. Mai 2011 Beratung der Ausschüsse; 10. Juni 2011 Beratung der Regionalvertretung mit Beschlüssen; Juli 2011 Vorlage zur Genehmigung, die aber nicht vor Herbst 2011 zu erwarten ist.

Dr. Jamill Sabbagh, Referent für Siedlungsentwicklung, Infrastruktur, Verkehr und Energie, bei der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe, erklärte viele Details. Zum Beispiel müssen Windenergieanlagen einen Abstand von 1 km zur Ortsbebauung haben, aber nur 400 m zu Aussiedlerhöfen. Ralph Gockel, von der Landwirtschaftskammer Bad Kreuznach, der als einzige Stimme der Landwirtschaft in der Planungsgemeinschaft vertreten ist, kann diese Unterscheidung nicht nachvollziehen. „Der Bewohner eines Aussiedlerhofes hat die gleichen Rechte wie der Einwohner eines Dorfes." Christiane Donnerstag widerspricht und stellt den Aussiedlerhof auf eine Stufe mit einer Maschinenhalle im Außenbereich. Auch durch Diskussionsbeiträge der Anwesenden ließ sie sich nicht überzeugen. Gockel sagt, es sei aus landwirtschaftlicher Sicht sinnvoll, Vorranggebiete auszuweisen um „Wildwuchs" vorzubeugen, aber die Belange der Landwirtschaft seien zu berücksichtigen.

Landwirte lehnen Ausgleichsflächen ab

Die Auswirkungen dieser Planungen auf Landwirtschaft und Weinbau wurden kontrovers diskutiert. Weitgehende Übereinstimmung gab es bei der Ablehnung von Ausgleichsflächen. Es könne nicht hingenommen werden, dass wieder Flächen aus der landwirtschaftlichen Produktion genommen werden, sagte BWV-Kreisvorsitzender Ludwig Schmitt, stattdessen müssten die Betreiber Ersatzzahlungen leisten, die sinnvoll eingesetzt werden. Die Berechnung des Ausgleichs für Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes ist höchst willkürlich, da gibt es keine feste Vorgabe. Das sei Verhandlungssache, antwortete Donnerstag.

Beklagt wurde das offensichtliche Informationsdefizit der Öffentlichkeit. Ein Landwirt vermutet einen internen Datenfluss zu den Betreibern der Windenergieanlagen, die sich schon seit fast einem Jahr um Vorverträge mit den Landwirten bemühen. Donnerstag entgegnete, dass die Verbandsgemeinden involviert waren und viele Infos wohl nicht nach unten durchgeflossen seien.

Pachtverträge für Windräder - prüfen, prüfen, prüfen

Friedrich Ellerbrock, BWV- Bezirksgeschäftsführer für Rheinhessen, empfiehlt den Landwirten, sich nicht zu Vertragsunterschriften drängen zu lassen. Vor Vertragsabschluss sollte man sich in aller Ruhe Zeit zur Prüfung nehmen, da vieles zu berücksichtigen sei und die Verträge über Jahrzehnte liefen. Ellerbrock machte die Erfahrung, dass fast jeder Vertragsentwurf verbesserungsbedürftig sei. (Näheres dazu im nächsten LW). Der BWV bietet seinen Mitgliedern an, die Verträge zu prüfen.

Weitere Informationen über die geplanten Vorranggebiete im Internet unter www.pg-rheinhessen-nahe.de bs