Am wirkungsvollsten ist der Fruchtwechsel

Gefahr durch den Maiswurzelbohrer eindämmen

Der Maiswurzelbohrer (MWB) ist ein kleiner Blattkäfer, der Maisanbauern große Probleme bereiten kann. Weltweit gilt dieser Käfer als bedeutendster Maisschädling, verursacht er doch beispielsweise in den USA jährlich Schäden in Höhe von 1 Mrd. Dollar.

Maiswurzelbohrer auf Pheromonfalle im Hessischen Ried 2011 (Pfeil).

Foto: Lenz

Bis Ende der 80er Jahre gab es in Europa keine Maiswurzelbohrer ‑ Landwirte konnten Mais auch in Folge anbauen, ohne befürchten zu müssen, dass sich eine Population unerwünschter Käfer aufschaukelt.

Über Flugverkehr zu Beginn der 90er Jahre während des Balkankrieges wurde der MWB jedoch aus den USA in die Gebiete des ehemaligen Jugoslawiens verschleppt und hat sich seitdem in Südosteuropa auf natürlichem Wege (Flugaktivität) verbreitet. Durch LKWs und Reiseverkehr wurde und wird dieser Schädling jedoch großräumig in bisher befallsfreie westeuropäische Gebiete eingeschleppt.

Die klimatischen Gegebenheiten in Deutschland decken sich mit den Ansprüchen des Käfers. Deshalb wurde schon vor einigen Jahren vermutet, dass sich dieser Schädling in Deutschland ansiedeln könnte.

Die Ausbreitung schreitet stark voran

Der Befall von mehreren 100 Käfern in Baden Württemberg und in Niederbayern im Jahr 2008 und 2009 hat bestätigt, dass eine Vermehrung des Käfers in Deutschland möglich und das Klima hierzu grundsätzlich geeignet ist. Insgesamt schreitet die Ausbreitung stark voran. In NRW wurde der Käfer im Jahre 2010 erstmals an zwei Standorten festgestellt.

Der Käfer wird in der EU als Quarantäneschädling bewertet. So müssen bei einem erstmaligen Auftreten Zonen abgegrenzt werden, in denen durch eine EU-Richtlinie vorgegebene Bekämpfungsmaßnahmen und Anbaubeschränkungen durchgeführt werden müssen. Seit 2011 sind Hessen und Rheinland-Pfalz neben Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfahlen (1 Käfer 2011) nun ebenfalls im Club der Bundesländer mit Maiswurzelbohrer-Befall.

Im vergangenen Jahr wurde der Maiswurzelbohrer bei Groß Gerau, in der Gemarkung Wallerstädten, erstmalig in Hessen auf Pheromonfallen entdeckt. Rund um den Fundort wurden gemäß der EU-Richtlinie Befalls- und Sicherheitszone ausgewiesen, in denen bestimmte Maßnahmen, unter anderem eine Bekämpfung mit Insektiziden angeordnet und durchgeführt worden sind. Die ausgewiesenen Zonen wurden daraufhin in Form eines engmaschigen Monitorings auf weitere Käfervorkommen kontrolliert.

Maisdurchwuchs auf einer ehemaligen Wildäsungsmaisfläche.

Foto: Lenz

Bis zum Ende dieses Monitorings wurden in der Befallszone insgesamt 303 Käfer festgestellt. In der Sicherheitszone wurden 51 neue Käfer gefunden, sodass Befalls- und Sicherheitszone ausgeweitet werden mussten. Die Sicherheitszone des Rheinland-Pfälzischen Wurzelbohrerbefalls ragte ebenfalls in hessisches Gebiet hinein.

Auflagen in der Befalls- und Sicherheitszone

Für Befalls und Sicherheitszone gelten fortan bestimmte Anbaubeschränkungen, die von allen Mais anbauenden Landwirten eingehalten werden müssen. Über dieses Thema wurde wiederholt berichtet. Hier noch einmal die wichtigsten Regeln:

  • In der Befallszone ist der Anbau von Mais bis einschließlich 2013 behördlich untersagt. Das gilt auch für Wildäsungsflächen von Jägern
  • Für die Sicherheitszone (Zone 2) gelten besondere Maßnahmen beziehungsweise Fruchtfolgemöglichkeiten, die auch für Wildäsungsflächen zu beachten sind:
  • In der Sicherheitszone musste in diesem Jahr ein Fruchtwechsel durchgeführt werden, sofern im Befallsjahr (2011) auf der Fläche Mais stand.
  • Wurde 2011 kein Mais angebaut, gibt es keine Beschränkungen.

Als wirksamste Bekämpfungsmaßnahme gegen den Maiswurzelbohrer hat sich ein Fruchtwechsel erwiesen. In der Befallszone darf kein Mais in den zwei Jahren nach Befallsfeststellung angebaut werden, in der Sicherheitszone auf der gleichen Fläche nur einmal in zwei aufeinanderfolgenden Jahren. Dies gilt auch für Wildäsungsflächen, die in der Befalls- sowie der Sicherheitszone liegen.

Jeglicher Maisdurchwuchs im Befallsgebiet ist mechanisch oder mit geeigneten chemischen Maßnahmen zu beseitigen, da die Wurzelbohrerlarven sich an den Maiswurzeln ernähren und ihren Entwicklungszyklus zum fertigen Käfer abschließen können.

Ab dem 1. Juli 2012 wird wieder landesweit mit Hilfe von Pheromonfallen das Auftreten des Maiswurzelbohrers im Rahmen des Grundmonitorings kontrolliert. Im Befallsgebiet (Befalls- und Sicherheitszone) wird ein engmaschiges Monitoring durchgeführt. Es wird sich zeigen, ob die Maßnahmen erfolgreich waren oder eine Ausweitung des Befalls stattgefunden hat.

Schäden und natürliche Ausbreitung

Die erwachsenen Käfer ernähren sich von den Narbenfäden der sich entwickelnden Kolben, von Maispollen und –blättern, sind aber nicht zwingend auf diese angewiesen. Die Käfer fressen an den Maisblättern (Streifenfraß), was den Fraßsymptomen des Getreidehähnchens an Getreide sehr ähnlich ist. Diese Schäden haben allerdings keine wirtschaftliche Bedeutung.

Anders sieht es mit dem Fraß der Käfer an den Narbenfäden aus. Dieses kann die Befruchtung beeinträchtigen und führt damit zu Ertragsverlusten in der Körnermaiserzeugung. In der Saatguterzeugung ist Ausfall von Körnern am Kolben ebenfalls ungünstig, da die verbleibenden Körner zu großkalibrig sind und sich für die maschinelle Aussaat nicht eignen.

Der Hauptschaden geht jedoch vom Fraß der Larven an den Wurzeln aus, wodurch die Wasser- und Nährstoffversorgung sowie die Standfestigkeit der Maispflanzen beeinträchtigt werden. Die Larven bohren sich in die Wurzeln ein (daher der Name). Der Mais geht ins Lager und die Pflanzen heben sich durch eine anschließende Regeneration wieder leicht an (Gänsehalssymptom). Dieses führt zu Beerntungsproblemen. Starke Schäden richtet der Maiswurzelbohrer besonders in Gebieten an, in denen Mais nach Mais (Monomais) angebaut wird.

Die Käfer sind sehr mobil und können die Nahrungsquellen gezielt anfliegen. Die Ausbreitung des Maiswurzelbohrers erfolgt auf natürlichem Wege über Distanzflüge (Flüge über größere Strecken) von bis etwa 40 km pro Jahr. Je nach Maisintensität in den Regionen kann sich ein Käfer auf natürliche Weise in Einzelfällen jedoch bis zu 100 km pro Jahr vom ursprünglichen Standort entfernen. Kühle (<15 °C) und sehr warme Temperaturen (>30 °C) haben einen negativen Einfluss auf das Flugvermögen. Bei Windgeschwindigkeiten von mehr als 1,5 m/s (5,4 km/h) können die Käfer den Flug nicht mehr kontrollieren und werden verdriftet. Bei zunehmenden Windgeschwindigkeiten nimmt die Flugaktivität deutlich ab.

Was macht die Forschung?

Im Jahr 2009 hat das Bundeslandwirtschaftsministerium zusammen mit dem Land Bayern ein breit angelegtes Forschungsprogramm aufgelegt. Die Wissesnschaftler prüfen Fragestellungen zur Wirtspflanzeneignung alternativer Kulturen, zur Eignung chemischer biologischer und pflanzenbaulicher Bekämpfungsverfahren bis hin zu Risikobewertungen der Saat- und Applikationstechnik.

Darüber hinaus werden auch Fragen zur Ökonomie des Einsatzes von Alternativkulturen bearbeitet. Ein Großteil der Projekte wird Ende 2012 abgeschlossen, sodass neue Erkenntnisse Ende des Jahres zu erwarten sind.

Weitere Informationen rund um das Thema Maiswurzelbohrer sowie auch zur Biologie und den Forschungsprojekten sind im Internet auf der Homepage des hessischen Pflanzenschutzdienstes unter http://pflanzenschutzdienst.rp-giessen.de/pflanzenbeschau zu finden.

Dr. Dominik Dicke, RP Gießen, Pflanzenschutzdienst Hessen

 

Biologie des Maiswurzelbohrers

Der Westliche Maiswurzelbohrer entwickelt eine Generation pro Jahr. Die Käfer sind bei uns etwa ab Mitte Juli zu erwarten und bleiben bis zum ersten Frost aktiv. Die Weibchen machen einen Reifungsfraß und legen ihre Eier nach der Begattung fast ausschließlich in Maisfeldern ab.

Die Eier werden in die obere Bodenschicht bis 15 cm Tiefe abgelegt, wobei der überwiegende Anteil in den oberen 10 cm zu finden ist. Vereinzelt sind jedoch auch Ablagetiefen von bis zu 30 cm zu finden. Die von Juli bis September in den Boden abgelegten Eier überwintern dort und durchlaufen eine Winterruhe (Diapause).

Etwa 2 bis 5 Prozent der Eier werden auch in anderen Kulturen abgelegt; diese Ablage in Nicht-Mais­kulturen und die verlängerte Diapause sichern das Überleben der Art, wenn nicht Mais nach Mais folgt. Grundsätzlich sind die Käfer aber auf kontinuierlichen Maisanbau angewiesen, um hohe Populationsdichten aufzubauen, wodurch letztendlich die Schäden entstehen. Die Unterbrechung des Mono­maisanbaus (Fruchtfolge) führt zu hoher Sterblichkeit (Mortalität) von 95 bis 98 Prozent.

Erste Larven erscheinen Mitte Juni bis Ende Juli und beginnen mit dem Wurzelfraß am Mais. Ist kein Mais vorhanden, sterben sie normalerweise ab. Es gibt jedoch Hinweise aus Laboruntersuchungen, dass einzelne Larven auch an Getreidearten und an anderen Gräsern überleben können. Die Überlebensrate ist jedoch sehr gering. Untersuchungen haben gezeigt, dass unter Praxisbedingungen in Deutschland das Getreide bereits abgereift und geerntet wird, bevor die Larven das Puppenstadium erreichen können.

Die Art hat drei Larvenstadien, wobei das letzte und größte (1,8 cm lang) die meiste Nahrung benötigt und damit den größten Schaden an den Maiswurzeln verursacht. Das dritte Larvenstadium ist von Juli bis August zu erwarten. Nach etwa vier bis fünf Wochen sind alle Larvenstadien durchlaufen. Nach einer Puppenruhe von einer Woche erscheinen ab Mitte Juli die ersten Käfer und der Entwicklungszyklus schließt sich.

Dr. Dicke