Ackerbaustrategie ist die Vision der Branche

Nicht von NGOs treiben lassen, eigene Antworten finden

Bei der Kreisversammlung der Bauern im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd in der Dorfgemeinschaftshalle in Dreisen wurde deutlich, dass sich die Landwirte nicht länger von Städtern sagen lassen wollen, was sie zu tun haben. „Sagen Sie Bescheid, wann Sie fahren“, sagte Landrat Rainer Guth. BWV-Präsident Eberhard Hartelt machte deutlich, dass die Demonstration in Berlin vor den Europawahlen stattfinden muss und dass er nicht mit Gewalt aufschlagen möchte, sondern sympathisch überraschen möchte.

Udo Hemmerling erläutert die Ziele der Ackerbaustrategie. Sie greift auch die unangenehmen Themen auf und gibt praxistaugliche Lösungen, damit will die Branche aus der Defensive.

Foto: Setzepfand

Angesichts der landwirtschaftlichen Betriebszahlen wird es eine Herausforderung, genügend Teilnehmer zu rekrutieren. Gerold Füge, der Kreisvorsitzende machte deutlich, dass im Donnersbergkreis in den vergangenen 25 Jahren 65 Prozent der Betriebe aufgegeben haben. Die landwirtschaftliche Nutzfläche nahm um 14 Prozent ab, dabei gingen vor allem Ackerflächen verloren. Viehhaltende Betriebe gab es 1999 noch 520 und im Jahr 2016 nur noch 210, damit nahm die Zahl der Kühe um 31 und die Zahl der Schweine um 70 Prozent ab.

Schweinehaltung wird zunehmend aufgegeben

Udo Hemmerling, der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, knüpfte in seinem Vortrag nahtlos an die Entwicklung der Betriebe an – er betrachtete jedoch die Bundesebene. So zeigen sich in den jüngsten Zahlen des DBV, dass sich die wirtschaftliche Lage der Betriebe in der Landwirtschaft im Vergleich zum vergangenen Jahr verschlechtert hat. Die Zukunftserwartungen sind verhaltener als im Vorjahr, vor allem die Ackerbau- und Futterbaubetriebe schauen pessimistischer in die Zukunft. Die Wachstums- und Aufstiegsbetriebe blieben im Vergleich zum Vorjahr konstant. Das heißt rund zehn Prozent Wachstums- und Rückzugsbetriebe, 7,6 Prozent Ausstiegsbetriebe und 72 Prozent Status-quo-Betriebe. Es zeige sich ein Trend zu mehr Ackerbau, während die Schweinemast zunehmend aufgegeben wird. Obwohl im Osten die Betriebe überdurchschnittlich wachsen, ist dort auch die Liquidität am meisten angespannt, während sie im Süden relativ entspannt ist, dort allerdings wenig Wachstumsbetriebe auftreten. Hemmerling machte deutlich, dass der Strukturwandel dennoch fortschreitet, da derzeit 30 Prozent der Bauern über 55 Jahre alt sind. Doch einen Wandel sieht er auch in der Gesellschaft: So reagiert die Politik zunehmend auf Debatten, statt diese selbst zu führen, die traditionellen Medien befinden sich in der Krise, online gibt es polarisierte Blasen und auch die Parteienlandschaft befindet sich im Umbruch.

In dieser politischen Gemengelage habe sich der Bauernverband zusammen mit anderen Branchenvertretern zusammengeschlossen und eine eigene Zielsetzung für die Landwirtschaft der Zukunft ausgearbeitet, die Ackerbaustrategie. Während Renate Künast noch ein Zusammenspiel von Märkten und Politik wollte, setzen die heutigen Akteure auf Feindbilder und machen keine Angebote an die Landwirtschaft. Daher setzt der DBV auf die Ackerbaustrategie, sie dient auch die Ziele des Koalitionsvertrages zu erfüllen. Damit müsse sie hohe Erwartungen erfüllen in Hinblick auf den Klimawandel, den Artenschutz, die Ernährungssicherung, den Bodenschutz und die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe.

Wir haben gut ausgebildete Landwirte

Es gilt, die günstigen Voraussetzungen in Deutschland zu nutzen, sei dies klimatisch oder auch bildungspolitisch. „Wir können Nachhaltigkeit und unsere Landwirte sind gut ausgebildet“, sagte Hemmerling. Die breit angelegte Strategie basiert auf wissenschaftlichen Grundlagen und orientiert sich an der Praxis.

Es gibt acht Kernziele der Ackerbaustrategie mit 18 Maßnahmen. Die deutsche Landwirtschaft setzt sich zum Ziel,

  • die Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen Nahrungsmitteln zu sichern,
  • die Ackerbausysteme so zu gestalten, dass Risiken des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln weiter reduziert werden.
  • die Fruchtbarkeit der Böden zu erhalten und zu verbessern.
  • den Bedarf der Kulturpflanzen an Nährstoffen zu decken und die Effizienz der Düngung weiter zu verbessern.
  • die positive Rolle der Landwirtschaft im Klimaschutz weiter auszubauen.
  • die Vielfalt der Kulturlandschaft und die Biodiversität zu fördern.
  • die Wettbewerbsfähigkeit des Ackerbaus zu verbessern.
  • einen Beitrag zum Zusammenleben im ländlichen Raum zu leisten.

Zu den Maßnahmen der Ackerbaustrategie gehören:

  • Fruchtfolgen vielfältig gestalten Digitalisierung nutzen
  • Organische Düngung in Ackerbaubetrieben ausweiten, Nährstoffbilanzen verbessern und den Einsatz verlustmindernder Ausbringungstechnik voranbringen
  • Verfahren und Technik bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln verbessern
  • Zulassung und Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln wissenschaftlich bewerten und differenziert betrachten
  • Erhalt und Förderung der Kulturlandschaft und den Schutz von Feldvögeln, Insekten, Bestäubern und Pflanzen praxistauglich und wirtschaftlich tragfähig umsetzen.

Damit ist die Ackerbaustrategie ein aktiver Beitrag zur Debatte um die zukünftige Ausrichtung der deutschen Landwirtschaft. Leider krätscht nun die Verschärfung der Düngeverordnung in diesen Prozess,

sodass es nun länger dauern wird bis die Ackerbaustrategie umgesetzt werde. Die neue Düngeverordnung führt zur Erhöhung der anzurechnenden verfügbaren N-Mengen von Gülle um zehn Prozent, zur Beschränkung der Möglichkeit zur nachträglichen Düngung auf zehn Prozent, zur Anrechnung der Herbstdüngung zu Winterraps und Wintergerste bei der Düngeplanung im Frühjahr und dass Flächen mit Auflagen zur Düngung bei 170 kg N/ha Obergrenze ausgeklammert werden.

Der Kreisvorsitzende Gerold Füge (Mitte) und sein Stellvertreter Eric Jennewein dankten Udo Hemmerling vom Deutschen Bauernverband für seinen interessanten Vortrag.

Foto: Setzepfand

Der Nährstoffvergleich mit einem Bilanzsaldo von 50 / 60 kg N/ha wird gestrichen dafür werde eine schlagspezifische Dokumentation der tatsächlichen Düngung (innerhalb von zwei Tagen) eingeführt. Die Düngebedarfsermittlung und die Dokumentation zu betrieblichen Gesamtsummen werden zusammengeführt. Die Stoffstrombilanz wird auf 2021 vorgezogen.Für rote Gebiete ergeben sich Änderungen, siehe Seite 55.

„Man verleitet der Jugend den Spaß an der Landwirtschaft“, sagte ein Landwirt und schließlich gehe das Wissen verloren. Füge mahnte, dass ihm die Digitalisierung in der Landwirtschaft einen zu großen Raum einnehme. Es werden weiterhin Landwirte benötigt, einen autonomen Betrieb wird es nicht geben.

Risikovorsorge der Betriebe verbessern

Der Fahrplan für die Novelle der Düngeverordnung sieht vor, dass Ende Februar 2019 der Referentenentwurf vorgelegt werde, Mitte/Ende Mai werden die Länder- und Verbände angehört, nach einem langen Prozess wird schließlich im Mai 2020 das Inkrafttreten der neuen Düngeverordnung erfolgen, meinte Hemmerling.

Angesichts des Klimawandels wird es für die Betriebe auch immer schwerer, die Folgen zu tragen. Da es sich um Extremereignisse handelt, gehen die Schäden schnell in mehrstellige Dimensionen. Daher habe man sich auch intensiv mit der Mehrgefahrenversicherung befasst, erklärte Hemmerling. Man wolle die einzelbetriebliche Vorsorge der landwirtschaftlichen Betriebe stärken, noch vorhandene Lücken in der Risikoabsicherung schließen, vorhandene staatliche Maßnahmen zur Risikoabsicherung fortführen und in der GAP nach 2020 weiterentwickeln sowie „Ad hoc-Krisenhilfen“ auf Katastrophenfälle beschränken und entbürokratisieren. Derzeitige Forderungen des DBV sind steuerfreie Gewinnrücklagen, abgesenkte Versicherungssteuern für alle Elementargefahren sowie die Fortführung des GAP Sicherheitsnetzes, da die EU-Direktzahlungen stabilisierend für die Betriebe wirken.

Im Rahmen der Mehrgefahrenversicherung laufen derzeit folgende Diskussionen: Gute Basis mit breiter freiwilliger Hagelversicherung, plus Starkregen, Sturm, Frost. Die Dürreversicherung möchte man „smarter und treffgenauer“ machen, um die Prämien günstiger kalkulieren zu können. „Hier setzen wir auf Satellitendaten, die da hervorragende Ergebnisse liefern“, sagte Hemmerling. Eine nationale Beihilfe für die Mehrgefahrenversicherung inklusive der Dürre sei zu prüfen. Wenn eine hohe Flächenabdeckung der Mehrgefahrenversicherung erreicht werden kann, dann sind ad-hoc Krisenhilfen entbehrlich und die Landwirtschaft langfristig unabhängiger, prognostizierte Hemmerling.

zep – LW 9/2019