Agrarpolitik muss sich an den fachlichen Tatsachen orientieren

Jahreshauptversammlung des KBV Rheingau-Taunus

Thomas Kunz, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Rheingau-Taunus (KBV), begrüßte zahlreiche Mitglieder zur Jahreshauptversammlung in Taunusstein. Nach einer Gedenkminute zu Ehren der im vorherigen Jahr verstorbenen Mitglieder – besonders wurde der langjährige Vorsitzende Herbert Enders erwähnt – ging Kunz auf viele derzeit die Landwirtschaft betreffende Themen ein.

Auf dem Bild von links: Bernd Heilhecker, Marita Baar, Vorsitzender Thomas Kunz und Roger Weber.

Foto: Theodor Merkel

Im Mittelpunkt standen die sehr schwierige Preissituation, die regionale Mühlensitua­ti­on, die Düngeverordnung und der Einsatz des Herbizides Glyphosat. In Bezug auf den Einsatz von Dünger und Pflanzenschutz fehlt oft eine fach­liche Diskussion, so Kunz, der zugleich Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes ist. Statt mit Fakten, werde emotional argumentiert. Leider habe man seitens des Berufsstandes manchmal den Eindruck, dass die Politik der emotionalen Debatte folge, ohne die wissenschaftlichen Fakten zu berücksichtigen, stellte Kunz fest.

Transportkosten steigen, weil die Mühlen schließen

Da das Unternehmen Cargill seine Ölmühle in Mainz schließen wolle, verliere die Landwirtschaft in der Region zum Beispiel bei der Marktfrucht Raps infolge weiterer Transportwege sowie schlechterer Vermarktungssitua­tionen in den nächsten Jahren bis zu 375 Euro an Erlösen pro Lkw-Zug, so Kunz weiter. Ähnlich stelle sich die Situation bei Weizen dar. Auch hier wirke sich die baldige Schließung der Mühle in Mannheim negativ auf die Erzeugerpreise aus und verschär­fe die Marktsituation. Kunz sieht die Gefahr, dass den landwirtschaftlichen Betrieben auch für die Marktfrüchte der nachgelagerte Bereich wegbreche. Einerseits forderten Gesellschaft und Politik mehr Regionalität, andererseits fehle es an der Unterstützung, das nachgelagerte Gewerbe vor Ort zu halten, um regionale Produktionsketten zu etablieren. Mit seiner Aufforderung „Die Landwirtschaft sollte die Politik an ihrer Seite haben“ übergab er das Wort an den Leiter der Unterab­teilung Landwirtschaft des Bundeslandwirtschaftsministeriums, Dr. Robert Kloos, der zu den Themen Stellung bezog. Er bezeichnete die Diskussion um Glyphosat als irrational, es werde nicht mit Fakten, sondern Emotionen argumentiert. Das Bun­­desinstitut für Risikobewertung ha­be eine umfassende Auswertung der verfügbaren Stu­dien zu Glyphosat vorgenommen und sei zum Ergebnis gekommen, dass bei be­stimmungsge­mä­ßer Anwendung keine Ge­fährdung von Glyphosat ausgehe. Seitens des Bundesumweltministeriums sei im Laufe der Beratun­gen die Frage nach der Auswirkung auf die Bio­di­versität aufgeworfen worden. Das habe aber nichts mit der Zulassung des Wirkstoffs zu tun, sondern mit Anwendungsbestimmungen. Sollten die beteiligten Ministerien sich nicht verständigen können, müsse sich Deutschland bei der Entscheidung im EU-Ministerrat enthalten. Die EU-Zulassung des Wirkstoffes sage noch nichts über die letztliche Verfügbarkeit der Mittel für die Landwirtschaft aus. Eine weitere Hürde stelle die nationale Zulassung der einzelnen Glyphosat-haltigen Produkte dar. Zu Einschränkungen in der Anwendung werde es kommen, wenn man die erneute Zulassung erreichen wolle.

Die Düngeverordnung sei politisch noch nicht beschlossen, das Bundeslandwirtschaftsministerium stimme dem Entwurf des Umweltministeriums nicht zu, da es keinen ausreichenden Bestandsschutz für JGS-Anlagen ge­be. Die Meldung von Brunnen mit grenzwertigen N-Werten (Be­lastungsmessnetz) stellt für sich allein nach Einschätzung von Dr. Kloos noch kein Problem dar. Habe man doch erwartet, dass sich bei Verbesserungen in diesem Messnetz positive Veränderungen schneller zeigen, als bei einem repräsentativen Messnetz. Wenn aber in der Diskussion seitens einiger EU-Gremien nicht zwischen repräsentativen und Belastungsmesstellen unterschieden werden, sei es „unsauber“. So sei der Eindruck entstanden, dass Deutschland ein flächendeckendes Problem mit Nitrat im Grund­wasser habe. Es gebe im Nordwesten Deutschlands Probleme aufgrund von Stickstoff (N), das auf die Landwirtschaft zurückzuführen sei, auf die gesamte Bundesrepublik gesehen, seien dies nicht der Fall.

Dr. Robert Kloos hielt den Gastvortrag in Taunus­stein.

Foto: E. Beckmann

Kernpunkt der neuen Verordnung sei die Düngebedarfsermittlung auf der Grundlage der erzielten Erträge. Künftig dürfe der N-Überschuss nur noch bei 50 kg N/ha liegen und im Problemgebieten bei 40 kg N/ha im mehrjährigen Schnitt. Einige Re­gelungen seien fachlich nicht begründbar. Zum Beispiel, dass im Herbst Winterweizen nicht mehr gedüngt werden dürfe, Gerste oder Raps aber schon.

Der KBV befürwortet deshalb eine Orientierung am Aussaatzeitpunkt, und nicht alleine an der Kultur. Die Lage, insbesondere am Milchmarkt, bezeichnete der Staatssekretär als katastrophal. Angebot und Nachfrage hielten sich weltweit nicht die Waage. Die Politik versuche neben Liquiditätshilfen und höheren Zuschüssen zur Sozialversicherung mit der Verdoppelung der Lagerhaltung, dem Bürokratieabbau beim Export und dem Erschließen neuer Märkte, zum Beispiel Iran, gegenzusteuern. Dr. Kloos bezeichnete das Urteil des EuGH zum Grünland­um­bruch vom Oktober 2014 als „Un­fall“, der im Laufe der Förderperiode korrigiert werde.

Weiterhin sprach Klaus-Peter Willsch, Bundestagsabgeordneter und KBV-Mitglied. Willsch äußerte sich zur allgemeinpolitischen Lage. Dabei ging es neben der Flüchtlingspolitik auch um die Schuldenlage Griechenlands und die damit verbundenen Herausforderungen für die EU.

Bernd Heilhecker und Roger Weber bestätigt

In ihrem Geschäftsbericht gaben KBV-Vorsitzender Thomas Kunz und KBV-Geschäftsführer Theodor Merkel einen Überblick über die Tätigkeiten und Veranstaltungen. Der vom KBV-Vorstand vorgelegte Haushaltsvoranschlag für 2016 wurde einstimmig genehmigt. Bei den Wahlen wurden die beiden Beisitzer Bernd Heilhecker aus Esch und Roger Weber aus Mappers­hain einstimmig in ihren Ämtern bestätigt. Schließlich gab der Vorsitzende noch eine Änderung für die KBV-Geschäftsstelle bekannt. Gudrun Becker, die seit 27 Jahren in der KBV-Geschäftsstelle in Bad Schwalbach arbeitet, scheidet zum 31. Mai 2016 aus dem Berufsleben aus. Als Nachfolgerin wurde Marita Baar vorgestellt. Die Öffnungszeiten sind nun montags, mittwochs und donnerstags, jeweils von 8 bis 12 Uhr.

Th. Merkel, kbv/rgt – LW 17/2016