Akademiker, jung und keine Angst vor Gummistiefeln

80 Gießener Tiermedizinstudenten auf Betrieb Hofmann

„Kuh sucht Arzt“ hieß es auf dem Landwirtschaftsbetrieb von Heiko und Reinhold Hofmann in Hungen-Langd. 80 Tiermedizinstudenten der Universität Gießen kamen, um schonmal für die spätere Praxis zu erfahren, was einem Nutztierarzt auf einem Milchviehbetrieb erwartet.

Im Stall wurden praktische Untersuchungen am Rind und die Tierbeurteilung geübt.

Foto: Ilse Prangenberg-Vick

Von Professor Dr. Axel Wehrend von der Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie, KGGA und Professor Dr. Klaus Doll, Klinik für Wiederkäuer, lernten sie die Grundlagen kennen. In einer Arbeitsgemeinschaft mit den anderen Hochschulen für Veterinärmedizin in Deutschland (TiHo Hannover sowie Berlin, Leipzig und München), wobei die Veterinärmedizin in Gießen den Vorteil einer gleichzeitigen Agrarsparte am Standort hat, kam Professor Wehrend die Idee, früh den Studenten Praxiseinblick zu geben. Das Vorhaben hatte große Resonanz gefunden; für diese auf 80 Personen begrenzte Exkursion zum Landwirtschaftsbetrieb hatten sich 200 Studenten gemeldet.

Professor Doll gab eine Einführung und Landwirt Heiko Hofmann stellte seinen Betrieb vor. Aus ursprünglich 65 Kuhplätzen ist inzwischen ein Boxenlaufstall für 250 Kühe entstanden, die im 26er Melkkarussel gemolken werden. Die Betriebsfläche beträgt 350 ha, wovon 300 ha gepachtet sind. Etwa zwei Drittel sind Grünland, auf dem Acker werden rund 50 ha Silomais angebaut. Außer dem wirtschaftseigenen Futter wird Biertreber und -hefe zugefüttert. Der Betrieb erreicht ein Leis­tungs­ni­veau von 10 000 kg Milch pro Tier und Jahr. Ein Angestellter und ein Auszubildener ergänzen die Familienarbeitskräfte auf 5,5 AK, erläuterte der Landwirt.

Großtierpraxis organisieren

Nach der Einführung berichtete Dr. Georg Eller, praktizierender Tierarzt für Rinder, über die Organisation seiner Praxis. Ein Thema, das auch Professor Doll ansprach. Die Arbeit des Tierarztes habe sich gewandelt. Heute sei neben der rein medi­zinischen Betreuung auch Beratung und die Integration in den Betrieb und Bestand notwendig. Zur Zeit sei das Gebiet der Nutztierpraxen unterbesetzt. Eine Studie über die Zielrichtung der Veterinärstudenten spiegelt das allerdings nicht ganz wieder.

Danach liegen zwar die Kleintiere mit 28 Prozent vorn, aber immerhin 20 Prozent haben Rinder/Nutztiere angegeben und 17 Prozent Pferde, knapp acht sind es für gemischt, über vier für Vögel und Reptilien. 10 Prozent haben noch keine Vorstellung, der Rest verteile sich auf Richtungen wie Veterinäramt, Geflügel, Zoo und Pathologie.

80 Studenten der Veterinärmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen waren angerückt, um vor Ort zu erfahren, was einem Nutztierarzt auf einem Milchviehbetrieb erwartet. Für diese von Professor Axel Wehrend (vorne links) initiierte Exkursion hatten sich 200 Tiermedizinstudenten gemeldet.

Foto: Ilse Prangenberg-Vick

Doll beschreibt den Hofmannschen Bestand als gesund, ruhig und ausgeglichen und gut im Aussehen. Die Tiere können sich frei bewegen und suchen sich ihren Futterplatz am ständig beschickten Futtergang. Am Beispiel dieses Bestandes werde auch deutlich, dass es nicht einfach an der Zahl der Tiere festzumachen sei, wie Nutztiere artgerecht gehalten würden, sondern an den Haltungsbedingungen.

Rinder-Untersuchung geübt

Am Nachmittag wurden acht Gruppen gebildet, die sich unter Anleitung von Mitarbeitern der KGGA mit praktischen Ãœbungen beschäftigten. Ein Thema war die allgemeine Untersuchung eines Rindes. Im Stall wurden die Haltungs- und Fütterungsbedingungen beurteilt. Bei den Kälbern und Jungrindern standen die Geburt und Krankheitsmöglichkeiten vornan und schließlich wurden bei der Euterbeurteilung die Euterkrankheiten besprochen die für die Milchqualität besondere Beachtung finden müssen. Abschließend sprach Dr. Marlene Sickinger über ihre Arbeit als Tierärztin in Forschung und Lehre im Rinderbereich. Dr. Sophia Ennen referierte als Gegenstück dazu über die Arbeit in einer Nutztierpraxis. Stefanie Ostler, Intervet, informierte über Tiermedikamente und die Zusammenarbeit mit der Universität. Prangenberg-Vick