Altes und Neues zu Schwefel und Kupfer

Tipps für die Jungweinbehandlung 2016

Ein insgesamt doch guter Jahrgang 2016 erfordert auch im weiteren Verlauf eine konsequente Weinbehandlung, um die aus dem reifen Lesegut gewonnene Qualität zu erhalten und zu fördern. Die oenologischen Möglichkeiten haben sich in den letzten Jahren bei der Gabe von Schwefeldioxid und bei der Böckser­behandlung erweitert. Beim Einsatz von Schwefeldioxid ist das Gefahrenpotenzial der unter Druck stehenden Schwefeldioxid-Flaschen (SO2) hoch. Der Umgang mit Ammoniumbisulfit und Kaliumhydrogensulfit ist viel sicherer als der Umgang mit einer Schwefelbombe, erfordert aber in der Praxis leicht veränderte Arbeitsabläufe, die hier dargestellt werden.

Die Lösungen von Ammoniumbisulfit und Kaliumhydrogensulfit sind in ihren Eigenschaften einer wässrigen SO2-Lösung weit überlegen. Zur Herstellung einer wässrigen Lösung wird SO2-Gas in Wasser eingeleitet und das gasförmige SO2 kann aus dem Wasser wieder entweichen. Ähnlich wie Kohlensäure aus einem Mineralwasser entgast. Kaliumhydrogensulfit entsteht, wenn schweflige Säure in Wasser eingeleitet und mit Kalilauge neutralisiert wird. Ammoniumbisulfit entsteht, wenn zur Neutra­lisation der schwefeligen Säure Ammoniak verwendet wird. Der Kalium- und Ammoniumanteil führt dazu, dass nur wenig SO2 als Gas entweichen kann. Anwender loben die geringe Geruchsbelästigung und die leichte Dosierung der flüssigen SO2-Formulierungen Ammoniumbisulfit und Kaliumhydrogen­sulfit.

Kaliumhydrogensulfit ist im Ökoweinbau zugelassen

In Frankreich wird in vielen Betrieben zur SO2-Gabe bei Wein ausschließlich mit Kalium­hydrogensulfit gearbeitet. Kalium­hydrogensulfit ist für Ökowein zugelassen. Bei der Markteinführung in Deutschland kam es zu Irritationen, da in der EU-Verordnung 606/2009 Kaliumhydrogensulfit bei der Übersetzung vergessen worden war. Kaum verwunderlich, die Übersetzung chemischer Fachbegriffe ist schwierig und der internationale Bezeichnungsstandard, die sogenannten CAS-Nummern, werden in den Verordnungen nicht verwendet. Kaliumhydrogensulfit ist als bis zu 18-prozentige Lösung erhältlich. Von einer 18-prozentigen Lösung werden nur 550 ml pro 1 000 Liter gebraucht, um 100 mg/l SO2 zu dosieren.

Die Haltbarkeit der Lösung ist begrenzt, geöffnete Behälter bekommen in Laufe der Lagerung einen gelblichen Farbstich. Kaliumhydrogensulfit bringt geringe Kaliumgehalte in den Wein. Eine Erhöhung der SO2 um 40 mg/l führt zu einer Entsäuerung um 0,1 g/l. Die geringen Entsäuerungen sind für die meisten Weine unproblematisch, größere SO2-Dosagen kurz vor der Füllung könnten aber zu Weinsteinausfall führen. Für das Stummschwefeln einer Süßreserve ist Kalium­hydrogensulfit wegen der damit einhergehenden großen Entsäuerungsspanne ungeeignet.

Ammoniumbisulfit ist länger haltbar

Die Haltbarkeit der Ammoniumbi-sulfit-­Lösung ist sehr gut, besser noch als bei Kaliumhydrogensulfit. Ammoniumbisulfit ist völlig geruchsfrei und enthält zu 70 Prozent SO2 und 18 Prozent Stickstoff (NH4). Ammoniumbisulfit ist laut Verordnung zur Förderung der Hefe­bildung zugelassen. In der Praxis steht im Rahmen der Anwendung von Ammonium­bisulfit der SO2-Eintrag in Vordergrund. Ammoniumbisulfit darf auf Trauben, Maische, Most, teilweise gegorenen Traubenmost und Jungwein gegeben werden. Ammonium­bi­sulfit ist nicht für Ökowein zugelassen.

Maximal dürfen 125 mg/l SO2 mit Ammoniumbisulfit dosiert werden. Die erlaubte Dosagemenge reicht bei weitem nicht aus, um eine Süßreserve stumm zu schwefeln, ist aber hoch genug, um bei den meisten Weinen den Bedarf zwischen Maische, Most und Jungwein abzudecken. Bei einer Gabe von 50 mg/l SO2 (entspricht 10 g/hl Kaliumbisulfit) mit Ammoniumbisulfit auf Trauben, Maische oder Most kommt es zu einem geringfügigen Stickstoffeintrag, der einer geringen Gabe von 5 g/hl Diammoniumphosphat entspricht.

Viele Winzer in Italien schätzten die Vorzüge dieses Produktes sehr und setzen auch zur ersten SO2-Gabe auf den Jungwein Ammoniumbisulfit ein. Der 18%ige Stickstoffanteil verbleibt dann im Wein, bei einer SO2-Gabe von 100 mg/l wären das 28 mg/l NH4.

Nach Literaturangaben schwanken die natürlichen Ammoniumgehalte im fertigen Wein zwischen 250 und 4 330 mg/l . Zusätzliche 28 mg/l NH4 erscheinen im Vergleich dazu relativ unbedeutend. Die Lösungen enthalten bis zu 70 Prozent Ammoniumbisulfit.

Bernhard Schandelmaier – LW 41/2016