Amnestie-Regelung zum Nachbau nutzen?

Wie ist das Angebot der Saatzüchter einzuschätzen?

Die Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV), die die Interessen der Pflanzenzüchter vertritt, hat Landwirten kürzlich eine Amnestie-Regelung angeboten: Demnach melden Landwirte nachträglich ihren in den Wirtschaftsjahren 2011/2012 bis 2014/2015 getätigten Nachbau bis zum 25. März vollständig an. Im Gegenzug verzichten die Sortenschutzinhaber auf Durchsetzung der sich aus der Sortenschutzrechtsverletzung ergebenden Rechtsfolgen für alle zurückliegenden Jahre. Für die letzten vier Wirtschaftsjahre wird nur die Nachbaugebühr berechnet. Das LW hat Thomas Kunz, Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes, der sich seit Jahren mit den Fragen der Nachbauregelung befasst und im DBV-Getreideausschuss sitzt, nach seiner Einschätzung befragt.

LW: Herr Kunz, was halten Sie von dem Angebot?

Thomas Kunz

Foto: hbv

Kunz: In Anbetracht der Rechtslage halte ich das Angebot für fair. Das sogenannte Vogel-Urteil des EuGH hat grundsätzlich den Anspruch der Sortenschutzinhaber auf Nachbauentschädigung bestätigt. Die Schlinge für diejenigen, die Nachbau geschützter Sorten betreiben und nicht anmelden, wird nach meiner Einschätzung immer enger. Wer in der Vergangenheit keine Nachbaugebühren entrichtet hat, sollte deshalb sorgfältig abwägen, ob er das Amnestieangebot der STV annimmt. Ich würde es empfehlen, weil ansonsten das wirtschaftliche Risiko sehr groß werden kann. Beim Nachweis des Nachbaus müsste die doppelte bis vierfache Nachbaugebühr entrichtet werden. Jeder muss aber für sich das eigene Risiko abschätzen. Die Kreisgeschäftsstellen sind informiert und können im Einzelfall beraten. Dazu rate ich in jedem Fall.

LW: Welche Konsequenzen hat die Annahme des Angebots für die Zukunft?

Kunz: Jeder Landwirt, der das Angebot annimmt, ist dann regelmäßig zu Angaben über den Nachbau verpflichtet, da ja durch seine Erklärung die STV Anhaltspunkte für den Nachbau hat. Das muss jedem klar sein.

LW: Was sollte der Landwirt noch beachten?

Kunz: Wenn er das Angebot annimmt, sollten die Angaben vollständig und plausibel sein. Sollten sich Fehler herausstellen, könnte die STV ansonsten ihr Angebot zurückziehen. Zu überlegen ist, ob man statt des Formulars, auf einem Papier die Sorten mit den Nachbaumengen aufschreibt, die man in den betreffenden Wirtschaftsjahren angebaut hat. Der Vordruck der STV ist nicht zwingend zu verwenden.

LW: Wie geht es insgesamt weiter mit der Nachbauregelung?

Kunz: Die Modelle, die momentan diskutiert werden, sind im Berufsstand nicht mehrheitsfähig. Es geht dabei einmal um die Meldung des Verkaufs von Saatgut durch den Handel und damit die Lieferung von Anhaltspunkten, dass der Landwirt Nachbau betreibt, und zum anderen um freiwillige Angaben des Landwirts über den Nachbau mit dem Flächenantrag. Durch die Amnestie-Regelung wird aber der Druck genommen, über die Gesetzeslage hinaus eine Regelung zwischen Berufsstand und Saatgutwirtschaft zu finden.

Die Fragen stellte Cornelius Mohr – LW 10/2016