Appetit auf Bioprodukte bleibt unvermindert

Aussteller und Fachbesucher zufrieden mit der

Rund 43 500 Besucher kamen vergangene Woche zum jährlichen Branchentreffen des globalen Biomarktes. An vier Tagen fanden im Messezentrum Nürnberg die Biofach (Weltleitmesse für Bioprodukte) und die Vivaness (Weltleitmesse für Naturkosmetik und Wellness) statt. 2 557 Aus­steller zeigten sich angesichts der hohen Fachbesucherzahl sehr zufrieden. „Bio trotz Krise stabil“, hieß ein Fazit. Das LW hat sich auf der Biofach für Sie umgeschaut.

Volker Netzhammer (Bild) und Patrick Braun präsentierten am Gemein­schaftsstand junger innovativer Unternehmen die erste fertig gemisch­te Bio-Weinschorle in der Flasche: „Acht Grad“ enthält einen fruchti­gen Chardonnay und Quellwasser vom Fuße der Schwäbischen Alb. Die Jungunternehmer studierten Weinbetriebswirtschaft in Heilbronn.

Foto: Lehmkühler

Die Biobranche blickt optimistisch in die Zukunft: 85 Prozent der Biofach-Aussteller erwarten ein gutes Nachmessegeschäft (12 Prozent mehr als im Vorjahr), so das Befragungsergebnis eines unabhängigen Institutes. Positiv auch das Resümee von Claus Rättich, Mitglied der Geschäftsleitung der Nürnberg-Messe: „Der Biomarkt hat der Krise die Stirn geboten. Die vier Messetage haben bewiesen, dass die Branche sich ihren Schwung bewahrt hat.“ Der Trend zu Bio und einem ökologisch nachhaltigen Konsum sei ungebrochen. Zeiten langsameren Wachstums würde Gelegenheit zur Standortbestimmung und zur Erarbeitung gemeinsamer Zukunftskonzepte bieten. Dies seien beste Voraus­setzungen für eine nachhaltige Entwicklung des Marktes.

Das diesjährige Thema der Biofach und Vivaness lautete „Organic + Fair“. 96 Produktpräsentationen von 52 Ausstellern aus 14 Ländern konnten die Fachbesucher auf Sonderflächen erleben, die den fairen Handel mit all seinen Facetten abbildeten.

Internationaler Weinpreis

Das Angebotssegment Wein wurde um ein Highlight erweitert: Biofach und Mundusvini/Meininger Verlag verliehen erstmals den Internationalen Bio-Weinpreis „MUNDUSvini BioFach“. Das Ziel des Preises sei die Förderung der Qualität und der Vermarktung von Weinen aus Bio-Erzeugung, so die Projektleitung. „Unsere Kunden legen großen Wert auf Bewertungen der Weine durch Fachleute und orientieren sich bei ihrer Kaufentscheidung daran“, erklärte José Serrano, einer der teilnehmenden Bewerter. 622 Weine aus 19 Ländern stellten sich dem Urteil einer internationalen Expertenjury. Insgesamt wurden 220 Medaillen vergeben: 5 Mal Großes Gold, 70 Mal Gold und 145 Mal Silber, da­runter auch Bio-Winzer aus dem LW-Gebiet.

Als „Renner des Jahres“ der Biofach wurden die „Rote Grütze“ von Söbbeke (Frischprodukt) und die „Marokko-Pfanne“ von Davert (haltbares Produkt) ausgezeichnet. Ausschlaggebend bei der Preisvergabe ist, welche Neuheiten im Vorjahr am häufigsten über Scannerkassen in Naturkostfachgeschäften und Bio-Supermärkten gingen.

Ein besonderer Anziehungspunkt auf der Biofach war die Messehalle mit den Neuheiten 2010. Insgesamt präsentierten die Aussteller 235 innovative Einzelproduk­te und Produktreihen. Die Lebensmittelneuheiten fielen durch emotionale Werbung mit Symbolfunktion, durch besondere Formen, Farben oder Verpackungen sowie neue Geschmacksrichtungen auf – beispielsweise Schokolade in Form von Disketten, Müsliknabbereien im Joghurtbecher, neue Teesorten wie „Waldbeere trifft Chili“, neue Joghurts in der Geschmacksrichtung Holunderblüte und -beere oder kleine eckige Beutel gefüllt mit getrocknetem Suppengewürz (siehe Fotos sowie Bildergalerie).

Besondere Geschmackserlebnisse

Eine prickelnde Innovation wurde von Thea und Rolf Clostermann vom Neuhollandshof (Wesel-Bislich) vorgestellt. Das Ehepaar bewirtschaftet einen 20 ha großen, biologisch dynamisch geführten Demeter-Obstbaubetrieb. Auf der Biofach stellten Clostermanns zwei neue alkoholfreie Appléritifs vor: Apfel & Rose sowie Apfel pur. Thea Clostermann: „Für unsere Applé­ritifs setzen wir die Sorte Topas ein. Viele Kelterversuche waren nötig, bis die Mischung von Kohlensäure und Apfelsorte passte. Die Appléritifs sind wie Sekt verperlt. Gut gekühlt getrun­ken, sind sie eine feine Alternative für alle, die alkoholfrei und mit Stil genießen möchten.“

Am Stand der Taunusgold Getränke GmbH (Wiesbaden) hieß es, der Markt für Biolimonaden sei noch immer nicht gesättigt. Daher habe man vier neue Bio-Erfrischungsgetränke entwickelt Die vier „Organimals“ würden insbesondere Kinder ansprechen. „Sie sind ohne Kristallzucker, Süßstoffe, Koffein und künstliche Aromastoffe hergestellt. Wir verwerten 100 Prozent Bioinhaltsstoffe und süßen mit Bio-Agavendicksaft“, erklärte eine Mitarbeiterin.

„Der Keks muss schmecken“, hieß es verständlicherweise am Stand der Firma Sommer, die seit fünf Generationen im Taunus (Neu-Anspach) Zwieback und Gebäck herstellt. „Unser Ziel ist es, Gourmetkekse in Bioqualität anzubieten“, erklärte Helge Reinhardt. „Wegen der guten Verträglichkeit und des kräftigen Geschmacks konzentrieren wir uns vor allem auf Dinkelbackwaren. Wir süßen mit Rohrohrzucker beziehungsweise bei den zuckerfreien Produkten mit Sultaninen, Aprikosen oder Reissirup“, so Inhaber Sommer. Er stellte drei neue Produkte vor (siehe Bildergalerie).

Heike Appel von „Blütenland Bienen­höfe“ (Witzenhausen) informierte: „Die Nach­­frage nach regionalem Honig steigt.“ Die Kundschaft zeige sich beeindruckt, wie viele verschiedene Honigsorten es in Deutschland gibt. „Wir stellen 13 verschie­dene Sorten vor.“ Besonders gut komme der Phaceliahonig an. „Die Landwirte sollten diese Gründungspflanze vermehrt anpflanzen. Es gibt insgesamt zu wenig Bienenweiden“, lautete Appels Appell.

Über einen „Wachstumsmotor“ auf dem Hofgut Rocklinghausen (Twistetal) konnte Bernd Kramer berichten. Der Betrieb gehört dem Lebenshilfe-Werk des Kreises Waldeck-Frankenberg an, beschäftigt 64 behinderte Mitarbeiter und hat sich auf den ökologischen Großverbraucher-Service konzentriert. „Die Kartoffel, im Moment Laura, ist ein dankbares Objekt für den Großverbraucher-Service“, so Kramer. „Wir werden unseren Schälbetrieb demnächst erweitern, dabei aber Wert darauf legen, dass das System die manuelle Nachbearbeitung ermöglicht, ganz im Sinne des Lebenshilfe-Werkes.“

Insgesamt präsentierten 20 Branchenein­steiger an dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförder­ten Gemeinschaftsstand ihre Inno­va­tion­en – vom Bio-Absinth bis zur Bio-Wein­schor­le. „Acht Grad, die erste Bio-Weinschorle aus der Flasche, war unsere Di­plom­­­arbeit“, berichteten Volker Netzhammer und Patrick Braun (Heilbronn) stolz. Die beiden Jungunternehmer warten nun gespannt, wie ihre Innovation auf dem Biomarkt ankommt. SL

Die Bildergalerie zur BioFach 2010 finden sie hier.

Den ganzen Beitrag, abgedruckt wie in Ausgabe LW 8/2010, können Sie sich hier im PDF-Format herunterladen.

Ersten Schätzungen zufolge hat sich der Bio-Umsatz in Deutschland 2009 auf Vorjahresniveau bei 5,85 Mrd. Euro eingependelt. Laut GfK ging der Wert der Bio-Einkäufe bei Lebensmitteln und Getränken leicht zurück (-1 Prozent), jedoch stieg die eingekaufte Menge (+2,3). Eindeutige Gewinner sind Lieferservices (Online-Heimdienste) mit 20,2 Prozent und Drogeriemärkte (+17,7). Leichte Zuwächse wurden auch bei Erzeugern, Direktvermarktern und Naturkosthandel gemessen. 2009 gaben die deutschen Haushalte im Durchschnitt 84 Euro für Bio-Produkte aus. Das entspricht 3,2 Prozent der Lebensmittel-Gesamtausgaben. Der Umsatz mit Fairtrade-Produk­ten im Einzelhandel lag 2008 bei 2,9 Mrd. US-Dollar. Zwei Drittel aller Angebote aus fairem Handel würden mittlerweile aus biologischem Anbau stammen.


Linktipps

www.soebbeke.de; www.davert.de; www.bio-obst-clostermann.de; www.taunusgold.de, www.theorganimals.com; www.mitziblue.com; www.neuform-international.de; www.sommer-zwieback.de; www.sonnentor.com; www.bio-honig.de; www.lebenshilfe-wa-fkb.de; www.8-grad.net