Asiatischer Marienkäfer – schadet er Wein- und Obstbau?

Doppelrolle als Schädling und Nützling

Der Asiatische Marienkäfer, Harmonia axyridis, ist als invasive Art in Europa inzwischen flächendeckend verbreitet. Im Jahr 2007 traten die Käfer erstmals im Weinbau massenhaft auf und konnten dabei beobachtet werden, wie sie vorgeschädigte Trauben kurz vor der Lese anfraßen. Andererseits erweist sich der Käfer im Weinbau und auch im Obstbau und Getreide als effektiver Blattlaus- oder Reblausvertilger. Das Julius Kühn-Institut erforscht die Auswirkungen des Schädlings.

Der Asiatische Marienkäfer, Harmonia axyridis, ist nach Europa eingewandert und an seinen zahlreichen „eckigen“ Punkten zu erkennen.

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Die bisherigen Forschungsergebnisse des Julius Kühn-Instituts (JKI) geben vor allem für den Weinbau erste aussagekräftige Anhaltspunkte zu den Auswirkungen des Neulings in Deutschland. Im Rahmen einer Dissertation zeigen Untersuchungen des JKI während der letzten drei Jahre, dass Harmonia axyridis in Wein- und Obstanlagen die am häufigsten gefundene Marienkäferart war. Bei allen Freilanduntersuchungen, die bis ins Jahr 2012 andauerten, konnten keine Anzeichen für eine Ausrottung heimischer Marien­käfer durch die invasive Art festgestellt werden. Der bisher im Weinbau dominante heimische Siebenpunkt-Marienkäfer, Coccinella septempunctata, ist in seiner natürlichen Umgebung sehr konkurrenzstark und stellt in Nordamerika eine invasive Art dar. Er war in den Untersuchungen des Julius Kühn-Instituts stets die zweithäufigste Art und ist dieses Jahr (2013) häufiger anzutreffen als Harmonia axyridis.

Beeinflussen Marienkäfer den Weingeschmack?

Das Risiko, dass Harmonia axyridis den Weingeschmack beeinflusst (Ma­rien­käferton), erwies sich in umfangreichen Tests als deutlich geringer als ers­te Berichte aus den USA erwarten ließen. Kürzlich in der Presse verbreitete Zahlen, dass ein einziger Asiatischer Marienkäfer „genügt, um Hundert bis Tausend Liter Wein zu ruinieren“, können eindeutig widerlegt werden. Die geschmacklich erkennbare Schwelle im Wein (das heißt für 50 Prozent der Testpersonen erkennbar) lag bei vier bis fünf Käfern pro Kilogramm bei Riesling. Bei Spätburgunder betrug sie fünf bis sechs Käfern mit Maischeerhitzung; Maischegärung senkte die Schwelle auf drei Käfer/kg Trauben. Kurze Pressdauer (< 60 Mi­nuten) und niedriger Pressdruck (< 2 bar) trugen ebenfalls dazu bei, den Fehlton zu vermindern.

Der heimische Siebenpunkt-Marienkäfer, Coccinella septempunctata, ist in seiner natürlichen Umgebung sehr konkurrenzstark.

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Weitere Ergebnisse belegen, dass die gleiche Anzahl an Käfern des heimischen Siebenpunkts sogar einen intensiveren Fehlton im Wein verursacht. Bei beiden Käferarten identifizierten die Wissenschaftler des JKI aus der Hämolymphe 2-Isopropyl-3-Methoxypyrazin (IPMP) als die Substanz, die die höchste Relevanz in Bezug auf den Marienkäferton hat. Die IPMP-Gehalte zwischen den beiden Arten Coccinella septempunctata und Harmonia axyridis lagen maximal um das Zweifache auseinander und nicht, wie bisher angenommen, um das bis zu 100-fache.

IPMP, die Substanz, die maßgeblich den Marienkäferton im Wein auslösen kann, kommt natürlicherweise auch in Cabernet Sauvignon, Merlot oder Sauvignon Blanc vor. Die Gesundheit der Verbraucher ist dadurch nicht gefährdet. Allerdings geht bei Weinen aus Sorten, die von Natur wenig Pyrazine enthalten (Spätburgunder, Riesling, Müller-Thurgau) die Typizität verloren. Diese Weine können eventuell nicht mehr als Qualitätswein verkauft werden, da sie nicht sortentypisch schmecken.

Asiatischer Marienkäfer als Gegenspieler der Blattreblaus

Positiv trat der Neuankömmling im Sommer als Gegenspieler der Blattreblaus in Erscheinung. Die Käfer suchten gezielt Reben mit Rebgallen auf. Sie wanderten auch später kaum in die Trauben ab: Von 3 000 untersuchten Reben wurde nur in ein Prozent Harmonia axyridis in Trauben gefunden, die allerdings fast alle durch Essigfäule und Botrytis vorgeschädigt waren. Ob Käfer auch nach der Getreideernte in die Weinberge einfliegen, hängt zum einen von der Zahl der Käfer ab, die von Jahr zu Jahr stark differieren kann, zum anderen ist das Verhältnis von Ackerflächen zu Rebflächen bedeutend. Stehen nur wenige Rebanlagen innerhalb großer Ackerflächenareale, die stark von Blattläusen befallen sind, kommt es anscheinend eher zu einem Zuflug in die Weinberge.

Für den Weinbau in Deutschland belegen die Ergebnisse, dass Harmonia axyridis eine Doppelrolle als Nützling und Schädling zugleich spielen kann, wobei er als Schädling bisher kaum in Erscheinung getreten ist. In Obstbaukulturen verursachte Harmonia axyridis bisher nur vereinzelt Fraßschäden - vor allem an weichschaligem Obst. Die bisherigen Beobachtun­gen zeigen deutlich, dass er als wichtiger Gegenspieler schädliche Insekten wie Blutlaus, Mehlige Apfelblattlaus oder Hopfenlaus in großem Umfang vertilgt.

jki – LW 25/2013