Aufschwung im rheinhessischen Obstbau

Obstbauberatung in Oppenheim ist unverzichtbar

Während draußen schon die Ausstellung tobte, startete in der Ludwig Eckes Halle die Tagung des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd zum Thema Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik mit Dr. German Jeub vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Pflanzenschutzausbringung – derzeit ein Kernthema der Branche, sei es im Rahmen der Sachkunde als auch beim Kauf der Sprühgeräte, die abdriftmindernd sein müssen.

Foto: Setzepfand

Das Fazit des interessanten Berichts aus dem „Maschinenraum“ der Politik lässt sich kurz darstellen: Es gibt noch unzählige Baustellen, teils auch Großbaustellen an der Gemeinsamen Agrarreform. Dazu zählen die Definition des „aktiven Landwirts“, die Ausgestaltung des Greenings, die Junglandwirteförderung und selbst die Umschichtung von 4,5 Prozent in die zweite Säule sei noch nicht ganz ausgestanden, bemerkte Jeub. In den Verhandlungen wurden bereits Maßnahmen vorgeschlagen, über die relativ hohe Einigkeit herrsche. Es seien dies der Krisenfonds, um schneller auf Ereignisse wie EHEC zu reagieren, das Stärken der Rechte der Erzeugerorganisationen sowie ein Einkommensstabilisierungsfond. „Letzteren haben wir abgelehnt, da dieser Fonds Maßnahmen ergreift, die einen Strukturwandel verlangsamen“, sagte Jeub. Sicher sei, dass die Modulation wegfalle. Hier wolle man nun zügig eine Zusatzregelung erarbeiten, die die kleineren und mittleren Betriebe stärkt und somit die Modulation kompensieren könne.

Bis Ende Juli muss neue GAP stehen

„Die ganze Reform hat das Ziel der Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft, der Stärkung von Familienbetrieben, dies ist auch an den Zahlungen für die ersten Hektaren zu sehen. Für Rheinland-Pfalz ist die Reform eine deutliche Verbesserung“, resümierte Jeub, der den Zeitplan für die Umsetzung folgendermaßen angab: „Bis Ende März müssen die Ãœbergangsregelungen geklärt sein und bis Ende Juli muss die Reform stehen.“

Ob dem so sein wird, ist angesichts der regen Diskussionen gerade über die ökologischen Vorrangflächen sehr fraglich. Derzeit sieht die Liste des Greening folgende Komponenten vor:

Stilllegung, Terrassen, Landschaftselemente (auch an beihilfefähige Flächen angrenzende Elemente, wie Hecken und Waldränder), Pufferstreifen, Agroforstflächen und Aufforstungsflächen, Streifen beihilfefähiger Flächen entlang von Waldrändern, Kurzumtriebsplantagen ohne Dünger und Pflanzenschutzmitteleinsatz, Flächen mit Zwischenfruchtanbau oder eingesäter Grünbedeckung sowie Flächen mit stickstofffixierenden Pflanzen.

„Besonders über den letzten Punkt gibt es derzeit heiße Diskussionen zwischen Umweltverbänden und dem Berufsstand, der natürlich gerne die Eiweißpflanzen angerechnet haben möchte“, bemerkte Jeub. Und eine Tatsache, die auch nicht außer Acht gelassen werden kann, das seien die Gewichtungsfaktoren. So werde eine Kurzumtriebsplantage höher gewichtet, als eine Grüneinsaat. „Ãœber diese Faktoren wird auch heftig diskutiert“, wusste Jeub zu berichten.

Obstbauberatung trägt Anteil an Erfolg in der Obstvermarktung

Dr. German Jeub vom Bundeslandwirtschaftsministerium erklärte, dass es noch viel Diskussionsbedarf gebe bis die Agrarreform Ende Juli stehe.

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„Das wird Rheinhessen gemäß dem Motto Rheinhessen bewegen - Verantwortung übernehmen ab 2015 bewegen“, stellt Ludwig Schmitt, der Kreisvorsitzende des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd für Mainz-Bingen, fest. Ihn bewegen derzeit ganz andere Themen: So der unaufhörliche Flächenverbrauch durch Kompensationsmaßnahmen und der Kampf um den Erhalt der Obstbauberatung in Rheinhessen. Anlässlich des Obstbautages im Rahmen der Agrartage betonte Schmitt: „Eine gute Beratung ist immer auch Verbraucherschutz. Eine staatliche Beratung ist immer neutraler als die Beratung der chemischen Industrie. Die Obstbauberatung in Oppenheim ist unverzichtbar für unsere Region, in der 55 Prozent der Obstflächen von Rheinland-Pfalz liegen. Das sollte auch der Landesrechnungshof berücksichtigen bei seiner eindimensionalen Kritik.“ Rückenwind erhielt Schmitt von Martin Ley, dem Geschäftsführer der Vereinigten Großmärkte für Obst und Gemüse Rheinhessen eG (VOG) in Ingelheim. „Es wäre geradezu töricht dieses Know-how unserer Berater aufzugeben. Ich möchte hier auf die gute Zusammenarbeit im Bereich der Kirschfruchtfliegenbekämpfung, der Sortimentsgestaltung und dem jährlich stattfindenden Erfahrungsaustausch beim Kirschen-, Zwetschen- und Aprikosentag hinweisen, zu denen mittlerweile europäisches Publikum anreist. Die Mitarbeiter in der Beratung und im Pflanzenschutz haben sich einen Namen gemacht. Gemeinsam mit den Obstanbauern und der VOG konnte so die Region Rheinhessen im Obstbau deutlich an wirtschaftlicher Kraft gewinnen“, betonte Ley und Schmitt ergänzte: „Im Obstbau zeichnet sich ein deutlicher Aufschwung ab. Da brauchen wir Planungssicherheit, Versuchsanlagen, die den Weg im Sortendschungel weisen und die technischen Voraussetzungen, um im Wettbewerb mitzuhalten.“

Obstplantagen tragen zur Biodiversität bei

Auch die Kleinsten zeigten sich technikbegeistert.

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Was die Obstbauern nicht brauchen können, das seien Flächenkäufe aus der Produktion, um damit Naturschutzmaßnahmen sicherzustellen. „Und dies, obwohl noch gar nicht bewiesen sei, ob Naturschutzgebiete in der Biodiversität überhaupt besser abschneiden als Obstanbauflächen“, stellte Schmitt fest. Diesen Beweis und darüber hinaus, ob Obstflächen mit Hagelschutznetzen zu Beeinträchtigungen der Fauna führen, das sollte die Diplom-Biologin Jasmin Stahmer vom Institut für Integrierte Naturwissenschaften der Universität Koblenz-Landau bringen. Leider wurde das Ergebnis der Dissertation vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten noch nicht freigegeben, sodass die Biologin nur den Beweis antreten konnte, dass zwei Obstanlagen, eine 13 Jahre alte Apfelanlage und eine vier Jahre alte Kirschenanlage im Vergleich zu einer Streuobstwiese im Naturschutzgebiet Höllenberg zwar eine etwas geringere Artenvielfalt aufweisen, doch von manchen Arten deutlich bevorzugt werden. Eine Untersuchung der Trockenbiomasse von Gliederfüßlern zeigte, dass kein signifikanter Unterschied durch die Pflanzenschutzmaßnahmen oder den Obstbau festzustellen sei. Vielmehr sei die Artenzusammensetzung der Gliederfüßler an die Bodenart gebunden. Manche Besucher kritisierten, dass das Alter der Kirschanlage viel zu gering gewählt wurde und den Vergleich somit zugunsten des NSG verzerre. Man warte nun auf das Ergebnis der ganzen Arbeit, das hoffentlich bald vom Ministerium freigegeben werde.

Horst Knewitz vom DLR RNH in Bad Kreuznach stellte die neuesten Entwicklungen in der Applikationstechnik vor und bemerkte: „Die Nebelschwaden bei der Ausbringung der Pflanzenschutzmittel gehören der Vergangenheit an. Das ist nicht notwendig, da geht zu viel verloren.“ Die Geräte müssen abdriftmindernd sein, um zukünftig noch die Prüfplaketten zu erhalten. Die DLR haben daher unter www.pflanzenschutz.rlp.de ein Verzeichnis von „verlustmindernden Geräten“ eingestellt. Knewitz sagte auch, dass bei den neuen Sicherheitsprüfungen der Geräte außerdem sicherheitsrelevante Aspekte überprüft werden, wie der Gelenkschutz über der Zapfwelle.

Ausgedient haben auch Hohlkegeldüsen, stattderen sollten Injektordüsen verwendet werden. Auch zu beachten sei, dass die Innen- und Außenreinigung der Geräte ohne Probleme funktioniere. Zu viele Einkerbungen im Innenraum seien hinderlich für die Reinigung. Für die Berechnung der Dosierung zeigte Knewitz, dass die Laubwandhöhe und die Reihenbreite eine Rolle spiele, wobei bei einer höheren Laubwand einfach eine Düse mehr eingeschaltet werde, während die Flüssigkeitsmenge bleibe.

zep – LW 5/2014