Aufschwung des Tabakanbaus in der Pfalz
Anbauer setzen auf nachhaltigen und organic Tabak
Der Tabakanbau in der Pfalz erlebt derzeit einen kleinen Aufschwung. Im vergangenen Jahr sind sogar neue Betriebe in die Erzeugung eingestiegen. Das hängt zu einem großen Teil mit dem Auftreten der amerikanischen Santa Fe Natural Tobacco Company zusammen, die mittlerweile knapp die Hälfte der Tabakernte aufkauft. Wie bei einem Treffen der Tabakpflanzer mit SPD-Landespolitikern vergangene Woche in Kandel (siehe nebenstehenden Artikel) erläutert wurde, hat der Einstieg der Amerikaner im Jahre 2011 den Absatzmarkt belebt, und auch andere Unternehmen fragen den pfälzischen Tabak wieder verstärkt nach.
Vor einigen Jahren waren viele Anbauer davon ausgegangen, dass der heimische Tabakanbau durch das Ende der EU-Marktordnung ganz zum Erliegen kommen würde. Mit dem Beschluss im Jahre 2003 wurden die Qualitätsprämien ab 2006 gekürzt beziehungsweise abgeschmolzen. Seit 2010 gibt es keine Tabakbeihilfe mehr. Wie der Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Südwest Tabak, Jörg Bähr, dem LW erläuterte, haben viele Betriebe im Zuge der Prämienkürzung den Anbau aufgegeben.
Gab es 2005 in Rheinland-Pfalz noch 170 Tabakpflanzer mit 1 237 Hektar (siehe Tabelle), sind es derzeit 45 mit 440 Hektar, wobei allerdings Betriebe dazugekommen sind, die vorher keinen Tabak angebaut haben. Eine Rolle im Strukturwandel spielte auch der nachfragebedingte Wegfall der Sorte Badischer Geudertheimer. Im vergangenen Jahr fiel der letzte Marktpartner, ein Zigarrenhersteller weg. Auch andere bisherige Kunden für Geudertheimer decken sich mittlerweile auf dem Weltmarkt ein.
Nur noch Virgin-Tabak im Anbau
Seit diesem Jahr wird in der Pfalz deshalb nur noch die Sorte Virgin angebaut. Diese muss im Gegensatz zum Geudertheimer, dessen Blätter luftgetrocknet werden, in Öfen getrocknet werden. Viele Betriebe konnten oder wollten diese hohen Investitionen nicht mehr tätigen. Nach Angaben von Egon Fink, Tabakbausachverständiger vom Bezirksverband Pfalz und Geschäftsführer des Landesverbandes rheinland-pfälzischer Tabakpflanzer, kosten kleinere Trocknungsöfen, die etwa für eine Erntefläche von 1,25 Hektar ausreichen, rund 5 000 Euro. Dabei handelt es sich um gebrauchte Öfen, die derzeit noch im Elsass verfügbar sind. Ein robusteres italienisches Modell kostet laut Fink rund 15 000 bis 16 000 Euro.
Der Tabak der Sorte Virgin wird für Zigaretten, Feinschnitt und für Wasserpfeifen verwendet. Er hat einen niedrigen Nikotingehalt, eine für Zigarettentabake gewünschte kanariengelbe Farbe (wenn er richtig behandelt beziehungsweise getrocknet wird) und einen hohen Zuckergehalt. Dieser verleihe der Zigarette einen milden Rauchgeschmack, sagt Bähr.
Erzeugergemeinschaft organisiert Vermarktung
Die Erzeugergemeinschaft Südwest organisiert die Vermarktung. Der Tabak wird zu hundert Prozent im Vertragsanbau erzeugt, bei dem im Frühjahr Preis und Menge festgelegt werden. Die Vertragsmenge liegt nach Angaben von Bähr in diesem Jahr bei 1 125 000 Kilogramm. Davon werden rund 520 000 Kilogramm von 20 Betrieben konventionell angebaut. Weitere 20 Betriebe mit einer Vertragsmenge von 515 000 Kilogramm bauen auf 200 Hektar Purity Residue Clean (PRC)-Tabak an (integrierter Anbau als Vorstufe des organic-Anbaus). Fünf Betriebe erzeugen im organic-Anbau zudem 90 000 Kilogramm Tabak auf einer Fläche von 40 Hektar. Je nach Anbauausrichtung liegen die Erträge zwischen 2 200 und 3 000 Kilogramm je Hektar.
Die Erlöse variieren laut Bähr zwischen 10 000 und 17 000 Euro je Hektar. Der organic und PRC-Tabak wird ohne Pflanzenschutzmittel und ohne mineralische Düngung angebaut. Nach Angaben von Bähr braucht der VirginTabak mit ca. 20 kg N ohnehin kaum Stickstoff. Der große Anteil an PRC- und organic-Tabak ist auf den Hauptabnehmer zurückzuführen: Die Santa Fe Natural Tobacco Company wurde 1982 in der Hauptstadt des US-Bundesstaates New Mexiko gegründet, um nach eigenen Angaben eine Zigarettensorte auf den Markt zu bringen, deren Tabak frei von Tabakzusatzstoffen ist. 1989 fing das Unternehmen an, mit einigen Farmern Tabak ökologisch anzubauen, den es heute weltweit bezieht.Hauptkostenpunkt beim Tabakanbau ist die Arbeit. Laut Egon Fink sind rund 425 Stunden pro Hektar nötig. Das ergibt bei Zahlung des Mindestlohns in der Landwirtschaft Kosten von rund 3200 Euro. Die Blätter werden per Hand geerntet, sortiert und für die Trocknung auf Racks eingehängt. Ein weiterer großer Posten sind die Energiekosten für die Trocknung. Die Blätter werden etwa sieben Tage lang getrocknet. Insgesamt liegen die Produktionskosten nach Angaben von Fink zwischen 7 000 und 7 500 Euro je Hektar.
Guido Hörner: Es geht positiv weiter
Der Vorsitzende des Landesverbandes rheinland-pfälzischer Tabakpflanzer, Guido Hörner, sprach von auskömmlichen Preisen. „Es geht positiv weiter“, so die Einschätzung des Landwirts. Beim organischen Anbau seien die Pfälzer Vorreiter. Durch das Engagement des Unternehmens Santa Fe wurden auch deutsche Tabakfirmen motiviert, den heimischen Virgin wieder verstärkt nachzufragen. Die Pfalz biete wegen des Klimas und aufgrund der langen Erfahrungen der Landwirte mit Sonderkulturen sehr gute Produktionsvoraussetzungen.
Wenn landwirtschaftliche Betriebe, ob konventionell oder Bio, Interesse am Anbau von Tabak haben, könnten sie sich gerne bei der EZG Südwest-Tabak in Speyer informieren, so Hörner.
CM – LW 32/2015