Bäuerliche Ökosaatzucht

LLH-Feldtag zum ökologischen Landbau in Alsfeld-Liedebach

Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen stellte in der vorletzten Woche die Öko-Landessortenversuche in Alsfeld-Liederbach vor. Rund 40 Teilnehmer nahmen am Feldtag teil. Das Beratungsteam Ökologischer Landbau im LLH hatte das Programm mit einem Beitrag durch die Bäuerliche Öko-Saatzucht eG und einer Betrachtung der regionalen Standortbedingungen durch Bodenschätzer der Oberfinanzdirektion Frankfurt ergänzt.

Dr. Sonja Biewer (links) vom LLH-Beratungsteam Ökologischer Landbau erläutert die Sortenunterschiede bei Ackerbohnen.

Foto: Harald Wend, LLH

Dr. Sonja Biewer und Thomas Schind­ler vom LLH stellten die Landessortenversuche vor. Bis auf Winterroggen waren die Wintergetreidearten Gerste, Weizen, Triticale, Spelz und Wintergemenge (Winterweizen, Wintertriticale und Wintergerste jeweils mit Erbsen) durch die Kahlfröste im Februar so stark ausgewintert, dass eine Ernte und Auswertung nicht weiter verfolgt wurde und auf dem 285 ha Demeterbetrieb von Karl-Heinrich und Robert Kasper, auf dem die Landessortenversuche des LLH untergebracht sind zum größten Teil umgebrochen wurden. Zuvor waren zwar Hinweise auf unterschiedliche Winterhärten erkennbar, führten jedoch zu keinen exakten Aussagen und Rückschlüssen.

Sommergetreidesortiment

Im Sommergetreidesortiment wurden zwölf Sommerweizensorten, acht Sommerhafersorten, 16 Sommergerstensorten, vier Sommertriticalesorten sowie elf Körnererbsen- und Ackerbohnensorten vorgestellt.

Ergänzt wurden die Versuche durch Anbauvarianten, darunter Schwefeldüngungsversuche bei den Grobleguminosen und ein Mischanbau von Sommerweizen, Sommerhafer und Sommergerste mit Leindotter, der durch die unterschiedliche Beschattung der Hauptfrucht unterschiedliche Entwicklung und Präsenz in den Gemengen erkennen ließ. Die Anbauvarianten und verwen­deten Sorten sind im Versuchsfeldführer Ökologischer Landbau Alsfeld-Liederbach 2012 zusammengefasst und über das Ökoberatungsteam zu beziehen. Näheres unter www.llh.hessen.de

Erhaltungszüchtung von „Bilbo“

Biolandwirt Uwe Brede aus Nordhessen berichtete über die Züchtungsarbeit der bäuerlichen Öko-Saatzucht eG (böz). Auf zwei Standorten in Hessen, Niederbeisheim und Liederbach, wird eine im vergangenen Jahr erzeugte Elitegeneration zu Vorstufensaatgut weitervermehrt. Mit Zustimmung des ehemali­gen Sortenschutzinhabers erhielt die böz vom Leibnitz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben ein Saatgutmuster der Ackerbohnensorte „Bilbo“. Um die Sortenreinheit zu gewährleisten wurde die Vermehrungsfläche in Alsfeld „eingehaust“, das heißt mit einem eng­maschigen Netz umgeben. Die Bestäubung erfolgt durch Hummeln, die eingesetzt wurden. Am Standort in Niederbeisheim stehen insgesamt sechs Zelte mit der Sorte „Bilbo“ und weitere zwölf Bohnensorten, die zu einer Cross Composite Zucht herangezogen werden.

Als problematisch für die Saatgutanerkennung sieht Uwe Brede den Besatz mit dem Bohnenkäfer an, der ebenfalls unter dem Netz zu finden ist. Kein einziger dieser Exemplare, auch nicht als Larve, darf später in der Speicheranerkennung zu finden sein. Dieses K-O-Kriterium gilt es zu durchbrechen, so Uwe Brede. Er hofft mit Hilfe der Genossenschaft das Bundessortenamt überzeugen zu können, dass ein Minimalbesatz zu tolerieren sei. Er rief die anwesenden Bauern auf, sich zu beteiligen (Nähere Infos gibt es bei Uwe Brede per E-Mail: bredeloeber@aol.com sowie  05685/341 und bei Heinz Gengenbach, LLH Griesheim, unter Tel.: 06155/7980034).

Ertragsfähigkeit und Wasserbedarf

Dr. Bernhard Keil und Klaus-Peter Schäfer von der Ober­fi­nanz­­direktion Frankfurt/Main, Bereich Landwirtschaftliche Sachverständige und Bodenschätzung führten an drei unterschiedlichen Bodenprofilen eine Bodenansprache mit Bodenbewertung durch und gaben Aufschluss über das Ertragspotenzial des Standorts.

Der Standort des Demeterbetriebs Kasper in Alsfeld-Liederbach ist sowohl durch tiefgründige Parabraunerden auf Löß als auch flachgründigere Braunerden auf Basaltverwitterung geprägt. Nur wenige Meter voneinander entfernt schwankt auf dem Liederbacher Standort die Tiefgründigkeit von mehr als 2 m Löß bis hin zu einer nur noch rund 30 cm flachen Oberkrume, die direkt auf vulkanischem Basalt aufliegt. Dazwischen ein sogenannter „Ranker“, mit circa 50 cm Mächtigkeit, durchsetzt mit kieselsteingroßen Materialien.

Anhand des Ackerschätzungsrahmens erläuterte Dr. Keil die jeweiligen Bodenarten, die resultierend aus ihrer Entstehung und ihrer Zustandsstufe die jeweilige Bonität ergeben. Die Bodenpunktezahl reichte von 75 über 45 bis hin zu knapp 30 Bodenpunkten auf einer Basaltkuppe.

Der Frankfurter Bodenexperte machte anhand der Bodenprofile deutlich, wie sich die Bodenmächtigkeit mit physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften auf die Vegetation und Ertragsleistung auswirken. Neben der durch Bearbeitungs- und Anbau­maßnahmen beeinflussten Ackerkrume in der obersten Bodenschicht bis etwa 30 cm Tiefe ist der Unterboden entscheidend, wenn es beispielsweise um die Versorgung der Pflanzen mit Wasser geht. Von großer Bedeutung ist dabei die Durchwurzelbarkeit des Unterbodens. Mit ihr steigt auch die Menge des pflanzenverfügbaren Bodenwassers und damit die Ertragsfähigkeit des Standorts.

Der Landwirt ist also aufgerufen, sich selbst ein Bild seiner typischen Böden mit Hilfe eines Bodenprofils zu machen, um dabei eventuell technisch verursachte Bodenverdichtungen und Störschichten zu erkennen und zu beseitigen. Hierzu sollte er eine etwa 1 m tiefe Grube im Frühjahr oder Herbst ausheben, wenn noch genügend Feuchtigkeit im Boden vorhanden ist.

Ein einfaches Messer genügt, um die Oberkrume und den Unterboden zu untersuchen und besonders den Verlauf der Pflanzenwurzeln zu beobachten. „ Besser als jede Laboranalyse zeigt uns die Pflanzenwurzel, was im Boden geschieht“, sagte der Bodenschätzer. Zeigen sich auch Wurzel- und Regenwurmgänge im Unterboden? Wie weit reichen sie herab?

400 Liter Wasser für 1 kg Weizen

Die Erzeugung von 1 kg Weizen erfordert 400 Liter Wasser während der Vegetationszeit. Die Getreidewurzel kann bei unge­stör­tem Wachstum auf Lößböden bis zu drei Meter tief wurzeln und bei ausreichender Nähr­stoffversorgung dieses Ertragspotential auf 1 m² erreichen und damit einen Ertrag von 100 dt/ha erreichen.

Die sehr guten Parabraunerden oder Schwarzerden auf Löß in den hessischen Ackerbaugebieten zeichnen sich durch eine gute und tiefe Durchwurzelbarkeit aus und haben die Fähigkeit auch in niederschlagsarmen Zeiten genügen pflanzenverfügbares Wasser zu speichern. Lößböden erreichen diesbezüglich auf 1 m³ durchwurzelbaren Bodenraum einen Wert von 200 Liter Wasser. Bei zwei m Tiefe werden so also die notwendigen 400 Liter für 100 dt/ha erreicht, wenn auch ein Optimum bei der Nährstoffversorgung verfügbar ist. Ertagsschwächere Standorte mit geringerer Durchwurzelbarkeit bieten einen geringeren Puffer an pflanzenverfügbaren Wasser und Nährstoffen und fallen in ihrer Ertragsfähigkeit vor allem bei Trockenheit stark zurück. Ertragsschwankungen sind hier hauptsächlich auf unterschiedliche Witterungsbedingungen und Witterungsverläufe zurück zu führen. Die Ertragsfähigkeit wird seit über 75 Jahren durch die Bodenschätzung bewertet, womit eine gleichmäßige Datengrundlage geschaffen ist die allgemein bei der Wertschätzung von Böden anerkannt ist.

Dr. Ernst-August Hildebrandt und Heinz Gengenbach, LLH