Bauern gehen in vielen Städten auf die Straße
Große Mobilisierung durch soziale Netzwerke
Mehrere Tausend Bäuerinnen und Bauern aus ganz Deutschland sind am Dienstag in Bonn zu einer Demonstration auf die Straße gegangen, darunter auch viele Hessen und Rheinland-Pfälzer. Mit ihrem Protest machten sie ihren Ärger insbesondere wegen des Agrarpakets und des darin enthaltenen Aktionsprogramms Insektenschutz sowie der erneuten Verschärfung des Düngerechts deutlich. Es war die erste Bauerndemonstration dieser Größenordnung, bei der die Teilnehmer vor allem mit Hilfe von sozialen Netzwerken mobilisiert wurden und hinter der kein Verband als Organisator stand. Auch in zahlreichen anderen Städten wie in München, Stuttgart, Berlin, Freiburg, Oldenburg und Hannover gingen Bauern auf die Straße.Teilnehmer in Bonn berichteten von einer friedlichen Demonstration. Etwa 15 Landwirte ergriffen auf einer Bühne das Wort. „Wir sind hier, weil uns der Kittel brennt, das Maß ist voll. Wir müssen ein Zeichen setzen, diesen Irrsinn können wir uns nicht bieten lassen“, sagte ein Landwirt. An die Medien erging die Aufforderung, keine Hetzkampagnen zu fahren, sondern sachlich zu informieren. Eine Bäuerin berichtete von einem Briefwechsel mit Landwirtschaftsministerin Klöckner, in dem die sie zunächst die drastischen Folgen des Aktionsprogramms Insektenschutz aufzeigte. In dem umfangreichen Antwortschreiben aus dem Ministerium erkenne sie jedoch nur Beschwichtigung nach dem Motto: Stellt Euch nicht so an.
Als einziger Politiker stellte sich Staatssekretär Hermann Onko Aeikens den Demonstranten. Er versuchte zunächst durch gefällige Aussagen (... ich bin begeistert, dass so viele junge Leute gekommen sind, die den Dialog suchen...) gutes Wetter zu machen, was aber den Unmut der Bauern hervorrief. Insbesondere die übermittelten Grüße von Ministerin Julia Klöckner gingen im Pfeifkonzert unter.
Die Motivation für das Agrarpaket und insbesondere das Aktionsprogramm Insektenschutz seien auch die Volksbegehren in den Ländern, erklärte Aiekens. Diesen weitreichenden Begehren wie in Baden-Württemberg wolle man zuvorkommen. Der Staatssekretär versuchte auch, den Kabinettsbeschlusss als Absichtserklärung zu relativieren. Die vom Bauernverband geschätzten Flächen von 3 Mio. Hektar, die nach den Vorschlägen von Einschränkungen beim Pflanzenschutz betroffen werden, sind nach seiner Ansicht zu hoch gegriffen.
Aeikens gab sich gleichwohl den Bäuerinnen und Bauern zugewandt. Natürlich wolle die Regierung im Dialog mit dem Berufsstand bleiben. „Das,was heute passiert, lässt die Politik nicht unberührt“, sagte der Staatssekretär., Und: „Wir möchten, dass Sie auch in Zukunft ihren Beruf mit Stolz ausüben können.“ Am Ende erhielt er Applaus, weil er den Akteuren ein Gespräch anbot.
LW – LW 43/2019