Bauern im Gespräch mit Politikern und Behördenchef
Mahnwachen gegen Insektenschutzpaket und Rote Gebiete
Unter dem Motto „Insekten- und Gewässerschutz MIT der Landwirtschaft“ haben der Hessische Bauernverband (HBV), Land schafft Verbindung Hessen (LsV) und die Hessische Landjugend (HLJ) ihre Mahnwachen in dieser Woche vor der Hessischen Staatskanzlei in Wiesbaden fortgesetzt. In der vergangenen Woche haben Bäuerinnen und Bauern ihre Kritik an der geplanten Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes und der Landes-Düngeverordnung bereits vor dem Hessischen Landwirtschaftsministerium (LW Nr. 7) und im Anschluss vor dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie sowie dem Hessischen Landtag kundgetan.

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Insektenschutz soll Chefsache werden
Ines Claus sagte, dass die CDU für den konstruktiven Dialog mit der Landwirtschaft und dem Berufsstand stehe. Beim Beschluss im Bundeskabinett zum Insektenschutzpaket habe die Union im Vorfeld einiges verhindert. Und beim Insektenschutzpaket gebe es durchaus Gestaltungsmöglichkeiten. Claus kündigte an, dass Ministerpräsident Volker Bouffier den Insektenschutz zur Chefsache machen und es einen runden Tisch geben werde. Dazu werde sich der Ministerpräsident in dieser Woche äußern. Sie verwies ebenfalls auf die Modelle der Kooperation in Niedersachsen und Baden-Württemberg.

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Auf die agrarpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Wiebke Nell, trafen HBV-Vizepräsident Volker Lein, die Vorsitzende des RBV Wetterau-Frankfurt, Andrea Rahn-Farr, Tobias Gipper von LsV und der Jesberger Landwirt Andreas Kröschel. Knell hatte in einer Pressemitteilung die Beschlüsse des Kabinetts kritisiert und Hessens Umweltministerin Priska Hinz dazu aufgefordert, sich im Bundesrat gegen die Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung zu stellen. Die beschlossenen Maßnahmen entzögen zahlreichen hessischen Landwirten die Betriebsgrundlage. Die Entwertung der Flächen komme einer Enteignung gleich. Es sei bedauerlich, dass die Union diese landwirtschaftsfeindliche Politik der SPD-Ministerin nicht verhindern konnte, so die FDP-Politikerin. Andrea Rahn-Farr hofft darauf, dass sich Hessen bei der Abstimmung über das Insektenschutzpaket im Bundesrat enthält. Zwar habe jedes Land nun die Möglichkeit, über die Länderöffnungsklausel selbst zu entscheiden, wie die Vogelschutzgebiete behandelt werden. Die Landwirtin sieht ebenso wie HBV-Vize Lein die Gefahr, dass Landwirtschaftsministerin Hinz die Vogelschutzgebiete dem Bundesnaturschutzgesetz unterstellt und damit freiwillige Maßnahmen und Kooperationen zwischen Landwirten und Naturschutzverbänden die Basis nimmt.

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Vor dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) in Wiesbaden fand, begleitet von einem hupenden Schlepperkorso, eine Diskussion mit HLNUG-Präsident Professor Dr. Thomas Schmid statt. Das Landesamt war von der Landesregierung mit der Ausweisung der Roten und Gelben Gebiete betraut worden. HBV-Vizepräsident Thomas Kunz monierte, dass die vom Bauernverband angeforderten Daten zum hessischen Messstellennetz nach wie vor nicht vorlägen. „Unser Problem ist, dass die Ausweisung der Roten Gebiete oft nicht nachvollziehbar ist und Vorschläge des Berufsstandes nicht berücksichtigt wurden“, so Kunz.

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Bei dem Gespräch schilderten Landwirte einige Beispiel von Ungereimtheiten. „Wir wirtschaften direkt an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen und teilen uns mit den Kollegen dort denselben Grundwasserkörper. Jenseits der Grenze ist kein Rotes Gebiet, diesseits aber schon. Und das obwohl bei 139 Quellen nur zwei den Grenzwert von 50 mg Nitrat überschreiten. Wie kann das sein?“, fragte Johannes Bauer von der Domäne Ober Gembeck im nordhessischen Twistetal. „Das Wasserwerk, in dessen Einzugsbereich wir arbeiten, attestiert uns Jahr für Jahr, dass die Wasserqualität absolut einwandfrei ist“, erläuterte Markus Rühl aus Heusenstamm. Für die eine Messstelle, die erhöhte Wert aufweise, lägen Gutachten vor, die zeigten, dass das Wasser aus einer andere Richtung komme. Dennoch werden die Fläche als Rotes Gebiet eingestuft. Die geltenden Auflagen zur Düngung würden dazu führen, dass Kartoffeln oder Salat nicht mehr verkauft werden könnten, weil sie nicht mehr den Anforderungen des Marktes entsprächen.

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Insgesamt habe man sich streng an die Vorgaben des Bundes halten müssen. Sein Haus habe sogar dafür plädiert, Wasserschutz-Kooperationen aus den Maßnahmen herauszunehmen, was aber nicht gelungen sei. Er betonte, dass nach der Überarbeitung der Roten Gebiete nur noch etwas mehr als die Hälfte übriggeblieben sei. „Ich denke, da haben wir auch im Sinne der Landwirtschaft gearbeitet.“
LW – LW 8/2021