Bauern kämpfen für den Erhalt wertvoller Böden

Erntegespräch 2012 der Landwirte im Kreis Limburg-Weilburg

Beim Erntegespräch der Landwirte im Kreis Limburg-Weilburg geht es nicht nur allein um Erträge, Qualitäten und Marktlage beim Getreide. Die Bauern nehmen auch die Anwesenheit von Politikern zum Anlass, weitere aktuelle Themen anzusprechen, die ihnen auf den Nägeln brennen. So in diesem Jahr mit dem Gießener Regierungspräsidenten, Dr. Lars Witteck, auf dem Berghof in Ahlbach.

Solche ertragreichen Felder werden nur allzu oft leichtfertig für Ausgleichsflächen geopfert. Sie sollen künftig für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion erhalten bleiben, fordern die Landwirte im Kreis Limburg-Weilburg und haben die Unterstützung des Gießener Regierungspräsidenten.

Foto: Dieter Fluck

Der Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes und Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Limburg-Weilburg, Armin Müller, zog beim Erntegespräch vor Berufskollegen, dem Gießener Regierungspräsident Dr. Lars Witteck, Vertretern der Politik, des Agrarhandels und der Fachbehörde auf dem Berghof der Familie Weißer folgende Bilanz. „2012 war für die Landwirte in Hessen ein sehr schwieriges Jahr. Wir waren bundesweit am stärksten von den Unbilden des Wetters betroffen. Nachtfröste von Ende Januar bis Mitte Februar bis zu 20 Grad ohne schützende Schneedecke sorgten für 60 Prozent Totalschaden bei der Winteraussaat. Noch Mitte April gab es Nachtfrost zwischen drei und fünf Grad. Viele Landwirte brachen die geschädigte Winteraussaat um, säten neu aus und erlebten eine Trockenzeit.“

Geringere Erträge

Aber es gab nicht nur Einbrüche zu berichten. Die Niederschläge im Mai und Juni sorgten für ideale Aussaatbedingungen für das Sommergetreide. Die Beschaffung des Saatguts gestaltete sich allerdings schwierig, es musste zum Teil aus Polen, Ungarn und Tschechien bezogen werden. „Insgesamt lag das Ernteergebnis deutlich unter dem Mittel vergangener Jahre, Sommerweizen und -gerste zu 15 bis 20 Prozent unter dem Ertragsniveau des vergangenen Jahres. Ich habe bei der Sommergerste noch nie so eine Ernte erlebt wie in diesem Jahr“, sagte Müller.

Immerhin bewegten sich die momentanen Preise für Getreide und Raps auf hohem Niveau. Landwirte, die sich bereits im Herbst mit Vorkontrakten vertraglich abgesichert hätten, fühlten sich jetzt benachteiligt. Allerdings gingen mit den hohen Preisen für Vieh haltende Betrie­be erhöhte Futtermittelkosten einher. „Sie stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagte Müller. Eine gute Entwicklung zeigten Maisbestände und Zuckerrüben.

Alternativen zu Ausgleichsflächen

Weiteres Thema war auch der Landfraß. Durch den Straßenbau und die Ausweisung von Gewerbe- und Wohnbaugebiete geht den Bauern tagtäglich Land verloren, das nie mehr zurückkommt. Als jüngste Beispiele nannten Bauern den vierspurigen Ausbau der B 49 Limburg-Weilburg wie auch die B 8-Umgehung im fruchtbaren Goldenen Grund. „Wir müssen immer wieder die besten Böden nicht nur für den Straßenbau, sondern auch für Ausgleichsflächen hergeben“, beklagte ein Teilnehmer und appellierte an den Regierungspräsident, ein Wort für die Landwirte einzulegen. „Wir sträuben uns nicht gegen bessere Verkehrsbedingungen“, sagte Armin Müller. Nur: Für den Ausgleich des Landverbrauchs im Sinne der Naturerhal­tung müss­ten zu den Ausgleichflächen Alternativen ge­funden werden. Die hessische Straßenbauverwaltung ist in der Vergangenheit ohne Maß und Ziel vorgegangen“, beklagte Müller. Regierungspräsident Lars Witteck pflichtete bei: „Was beim Straßenbau passiert, ist fantasielos. Wo unsere Behörde etwas tun kann, machen wir es.“ Er informierte, dass künftig für Waldflächen, die für Windkraftanlagen geopfert werden, keine landwirtschaftlichen Flächen mehr zum Ausgleich herangezogen würden.

Dorfinnen- vor Außenentwicklung

Diskussion beim Erntegespräch in Limburg, von rechts: Der Vizepräsident des Hessi­schen Bauernverbandes und KBV-Vorsitzender, Armin Müller, Regierungspräsident Dr. Lars Witteck und Landrat Manfred Michel.

Foto: Dieter Fluck

Landwirte vertraten in der Diskussion die Meinung, dass es an der Zeit sei, die Ausweisung von Bauland einzudämmen und Anreize zur Wiederbelebung der Ortskerne zu schaffen. Die Landwirte nahmen das Erntegespräch zum Anlass, ihr Ja zur Energiewende zu bekräftigen, aber nicht mit Ausgleichsflächen zusätzlich dafür bluten zu müssen. Auch sprach der HBV-Vizepräsident über die Aussagen von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel, Biosprit könne „zu stärkerem Hunger in der Welt beitragen, weshalb der ohnehin unbeliebte Biokraftstoff E10 nicht mehr an deutschen Tankstellen verkauft werden solle. Dazu sagte Müller: „Was Niebel sagt trifft den Nagel nicht auf den Kopf“, kritisierte Müller.

Sorgsamer mit Lebensmitteln sein

„Wir haben eine sehr lange Entwicklungsphase von E10 hinter uns. Für die Bioethanol-Produktion aus Getreide wird nur der Stärkeanteil genutzt. Aus Raps, Getreide und Zuckerrüben wird ja nicht nur Ethanol, sondern es werden eiweißreiche Futtermittel gewonnen, die Soja ersetzen“, gab Müller zu bedenken. Von 1,5 Mio. t Getreide in Deutschland, mithin vier Prozent der deutschen Getreideern­te, produzierten deutsche Hersteller Bioethanol. „Wir ersetzen Erdöl, das irgendwann einmal zu Ende geht“, betonte Müller. Stattdessen sollte die Verschwendung von Lebensmitteln gestoppt und für eine bessere Lagerhaltung von Rohstoffen gesorgt werden.

Auch Regierungspräsident Witteck sprach von „völligem Unsinn“. Zu häufig würden Lebensmittel ohne jeglichen Grund weggeworfen und mahnte zugleich die fehlende Wertschätzung der Verbraucher für Lebensmittel an.

Fluck