Bauvorhaben brauchen Akzeptanz

Informationsstrategien für landwirtschaftliche Neu- und Umbauten

Landwirte, die in neue Stallgebäude oder in einer Biogasanlage inves­tie-ren, stehen schnell in der Kritik von Nichtlandwirten. Bei einer Tagung des Kuratoriums für die landwirtschaftliche Beratung mit dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen am Landwirtschaftszentrum Eichhof in Bad Hersfeld befassten sich Experten mit der Frage, wie Hindernisse für landwirtschaftliche Bauvorhaben verringert werden können. Dr. Ernst-August Hildebrandt, LLH Kassel, fasst die Kernaussagen der Beiträge zusammen.

Landwirtschaftliche Bauvorhaben brauchen die Akzeptanz der Öffentlichkeit. Bei der Tagung erörterten die Redner anhand von Beispielen, in welchen Phasen die Meinungsbildung und Argumentation seitens der Landwirtschaft besonders wichtig sind.

Foto: Dr. E.-A. Hildebrandt, LLH

Als Referenten sprachen Gerd Franke zum Immissionsschutz, Aribert Hermann informierte zum Baugenehmigungsverfahren. Zum Förderungsverfahren und über Bauherrengespräche sprach Klaus-Dieter Sens. Fallbeispiele aus der Praxis beschrieb Helmut Ellerbrock-Kubach. Elke Schelle, Beratungsleiterin beim LLH, erläuterte Ursachen von Konflikten, die häufig auf eine zu geringe Kommunikation zwischen Landwirten und Ver­brauchern sowie zu geringen Kenntnissen über die moderne Tierhaltung in der Bevölkerung beruhten, so dass es zu Vorbehalten bei landwirtschaftlichen Bauvorhaben komme, bis hin zur Bildung von Bürgerinitiativen.

Gerd Franke, LLH, machte deutlich, dass die Anforderungen an moderne Stallanlagen ne­ben ökonomischen und arbeitswirtschaftlichen Aspekten auch tierartgerechte, energetische und umweltrechtliche Auflagen erfüllen müssen. Arbeitswirtschaftlich sei festzustellen, dass der Zeitaufwand durch den Einsatz von Technik pro Tier gesenkt werden konnte und zur Verbesserung des Managements, der sozialen Situation in den Betrieben und auch zur Verbesserung des Arbeitsschutzes beigetragen habe. Tiergerechte Haltungsformen wie die Laufstallhaltung beim Milchvieh, die Gruppenhaltung von Sauen und Mastschweinen sowie die Bodenhaltung bei Legehennen hätten dazu beigetragen, dass das Tierwohl trotz steigender Leistungen angehoben werden konnte und Ver­besserungen im energeti­chen Bereich durch Optimierung des Stallklimas sowohl Verbesserun­gen im Tierkomfort als auch im Energieverbrauch und Ressourcenschutz zur Folge gehabt hätten.

Abluftreinigung bei Großanlagen

Größere Ställe böten durch re­alisierbare Kostendegressio­nen ökonomische Vorteile, die auch eine bessere Berücksichtigung von umweltrechtlichen As­pekten ermöglichen, wie immissionsschutzrechtliche und land­schaftsplanerische Elemen­ten bei der Standortwahl. Hier seien eher Möglichkeiten gegeben, weniger Schadstoffanfälle durch optimierte Fütterung zu erreichen und bei der Optimierung von Abluftreinigungsanlagen durch Biofilter und Biowäscher insgesamt ein besseres Im­missionsniveau zu erreiche Franke informierte über Auflagen bei der Errichtung von baulichen Anlagen nach dem Bun­­desimmissionsschutzgesetz, der TA-Luft und der EU-Richtlinie „Umweltverträglichkeitsprüfung“ und leitete für die Emissionsquelle nach Erheblichkeitsschwellen abhängig vom Gebietscharakter, Geruchsart und -intensität, Einwirkungsdauer und Häufigkeit sowie für Ammoniak, Staub, Me­than und Lachgas Abstandsregelungen und Isolinien nach Ausbreitungsberechnungen für landwirtschaftliche Baumaßnahmen ab.

Aribert Hermann vom Landkreis Fulda.

Foto: Dr. E.-A. Hildebrandt, LLH

So müss­ten Abluftreinigungsanlagen mindestens 70 Prozent des Staubs und Ammoniaks zurückhalten und bezüglich Geruch keinen Rohgasgeruch sowie nicht mehr als 300 Europäische Geruchseinheiten je Kubikmeter (GE/m³) im Rein­gas garantieren.

Rieselbettfilter

Gute Ergebnisse beim Geruch würden Biofilter und Rieselbettventilatoren, beim Ammoniak chemische Wäscher und beim Staub alle genannten Verfahren erzielen. Einen besonders guten Wirkungsgrad für alle Parameter erzielen mehrstufige Verfahren. Empfehlenswert seien Rieselbettreaktoren und mehrstufige Verfahren wobei erstere im Betrieb derzeit pro Tierplatz je nach Anlagenkapazität zwischen 18 und 13 Euro/Jahr verursachen und die mehrstufigen Anlagen Kosten zwischen 21 und 14 Euro aufrufen. Aus diesem Grund ist die Abluftreinigung noch nicht Stand der Technik.

Phasen einer Baugenehmigung

Aribert Herrmann vom Bauamt des Landkreises Fulda erläuterte das öffentliche Baurecht und den Ablauf von Baugenehmigungsverfahren. Hinsichtlich genehmigungsbedürftiger Anlagen nach Bundes-Immissionsschutzgesetz dürften die Anlagen nur so errichtet werden, dass keine erheblichen Nachteile und keine erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden dürfen. Zudem müsse nach Gesetz Vor­sorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen getroffen werden, insbesondere durch den die dem Stand der Technik entsprechenden Maß­nahmen zur Emissionsbegrenzung. Am Beispiel der Genehmigungsverfahren stellte er einen Erhebungsbogen des Bauamts vor, mit dem der Frage der landwirtschaftlichen Privilegierung nach § 35 BauGB nachgegangen wird und der Antragsteller bezüglich Flächenaus­stattung, der Lage von Eigentums- und Pachtflächen und der beabsichtigten Baumaßnahme auch unter Berücksichtigung von Art und Stückzahl der vorgesehenen Tierhaltung beurteilt werde.

Herrmann ging auf praktische Verfahren ein, wie zum Beispiel bei Nutzungsänderungen. Hier würden Baumaßnahmen häufig ohne Genehmigung begonnen. Beim Bauen im Außenbereich dürften öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Von Relevanz seien hier neben dem Nachweis der Landwirtschaft auch nach § 201 BauGB ein Brandschutzkonzept und die Klärung der Erschließungsfragen und Wasserversorgung.

Bei allen Baumaßnahmen, die dicht vor den Zulassungsgrenzen nach BImSchG liegen, empfahl er das komplexere, aber auch teurere und zeitaufwändi­gere Genehmigungsverfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz zu wählen, da hierdurch für die Zukunft größere Sicherheit und ein besserer Bestandsschutz entstehe.

Bauherrngespräche führen

Ãœber Förderverfahren und Bauherrngespräche informierte Klaus-Dieter Sens, LLH. Bei der AFP-Förderung ging Sens auf die gesetzlichen Grundlagen, die Richtlinienziele, wonach eine wettbewerbsfähige, nachhaltige, umweltschonende, tiergerechte und multifunktionale Landwirtschaft gefördert werden soll, den Förderungsgegenstand, wie die Errichtung, der Erwerb und die Modernisierung von Gebäuden sowie der Kauf von Maschinen und Anlagen der Innenwirtschaft oder der Kauf von neuen Spezialmaschinen zur Bewirtschaftung von Steillagen im Weinbau und die Baunebenkosten und Betreuung, die Antragsberechtigungen, die sich auf landwirtschaftliche Unternehmen nach § 1,2 ALG beziehen, die mehr als 25 Prozent ihrer Umsätze aus Bodenbewirtschaftung oder damit verbundener Tierhaltung beziehen oder unmittelbar kirchliche, gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verfolgen, berufli­che Fähigkeiten für eine ord­­nungsgemäße Betriebsführung nachweisen, eine Vorwegbuchführung über mindestens zwei Jahre nachweisen, die Verpflichtung eingehen ab Antragstellung mindestens über zehn Jahre Buch zu führen, die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme durch ein Investitionskonzept nachweisen und damit eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit erzielen sowie die Prosperitätsgrenze von 110 000 Euro bei Ledigen oder 140 000 Euro bei Verheirateten einhalten. Die För­dermaßnahmen konzentrieren sich auf Zuschüsse und Bürgschaften. Zinszuschüsse werden nicht mehr gezahlt. Das Mindestinvestitionsvolumen beträgt 20 000 Euro die Förderobergrenzen liegen bei 2,0 Mio. Euro pro Betrieb für die Jahre von 2007 bis 2013. Der Gesamtwert der Beihilfe darf 40 Prozent und innerhalb von drei Jahren 400 000 Euro nicht übersteigen. Sens erläuterte auch die Zuschussberechnung bei AFP-Förderungsmaßnahmen: Mit den AFP-Richt­linien seit 2011 werden die Zuschussberechtigungen mit einem Punktesystem verknüpft wonach vom Antragsteller mindestens fünf Punkte erreicht werden müssen.

Helmut Ellerbrok-Kubach vom LLH erläuterte typische Fälle aus der Praxis.

Foto: Dr. E.-A. Hildebrandt, LLH

Der Punkterahmen sieht vor, dass bei Investitionszielen zur Verbesserung des Tierschutzes, der Schaffung eines Arbeitsplatzes und Energieeinsparungen jeweils ein Punkt vergeben wird. Jeweils ein weiterer Punkt wird vergeben, wenn die Eigenkapitalbildung des Betriebs in den vergangenen vier Jahren jeweils über 10 000 Euro lag und die förderfähige Investitionssumme zwischen 100 000 Euro und 1 000 000 Eu­ro liegt. Ferner wird jeweils ein Punkt vergeben, wenn der Antragsteller ein Junglandwirt ist, der Betrieb einen Grünlandanteil von 50 Prozent hat, bei Weinbaubetrieben der Steillagenanteil über 20 Prozent liegt, eine Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten zu erwarten ist, Produkte mit hoher Qualität erzeugt werden sollen oder es sich um ein innovatives Projekt handelt.

Infos zum AFP-Förderverfahren

Im Zeitraum von 2007 bis 2012 wurden in Hessen so 352 AFP-Förderverfahren im Rindviehbereich, 82 im Schweinebereich, 30 im Geflügelsektor, zwölf in der Pferdehaltung, eines bei Fischanlagen, 16 im Gartenbau und 58 Maßnahmen zur Unterstützung beim Hallen- und Silobau durchgeführt. Für die neue Förderperiode ab 2014 bis 2020 wird der Wegfall der Regelförderung diskutiert, die nur noch außerhalb der GAK über Bürgschaften erfolgen soll. Dabei wird eine Konzentration auf tier- und umweltgerechte Haltungsverfahren erwartet, die über das gesetzliche Mindestmaß hinaus gehen.

Ortstermin anberaumen

Zu den Bauherrengesprächen empfiehlt Sens, dass vor dem Beginn einer Maßnahme möglichst mit allen beteiligten Behörden das Gespräch zu suchen ist und hierzu möglichst ein Ortstermin zur Information eingerichtet werden sollte. Dabei sollte der Bauherr Planungsunterlagen wie z.B. Grundriss, Ansichten, Lageplan und Details bereit stellen. Von Vorteil sei es, dabei auch einen Vertreter der Gemeinde zu beteiligen.

Zu dem Bankengespräch empfiehlt Sens deutlich zu machen, welche Zielvorstellung besteht, welche Strategie das Unternehmen verfolgt und warum die Investition durchgeführt werden soll. Zusätzlich sei die Ausgangssituation des Unternehmens zu erläutern wie die familiären Verhältnisse, die Faktorausstattung hinsichtlich Fläche, Viehhaltung und Produktionskapazitäten sowie die bestehenden finanziellen Verpflichtungen. Wichtig sei eine mehrjährige Unternehmensanalyse und die Betriebszweigergebnisse im vertikalen und horizontalen Vergleich.

Vorhaben transparent machen

Von Bedeutung sei auch eine konkrete Beschreibung des Unternehmensvorhabens mit Projektbeschreibung, Ermittlung des Kapitalbedarfs und unterstellten Leistungs- und Kostenansätzen. Schließlich sei auch die Frage zu beantworten, wie sich die Inves­tition rechnet durch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, die Darstellung der langfristigen Kapitaldienstfähigkeit und eine Darstellung der arbeitswirtschaftlichen Situation.

Schließlich seien Fragen nach der Sicherstellung der Liquidität, der Investitionsfinanzierung und der Besicherung des Fremdkapitals und der Risikoabsicherung zu beantworten. Sens fasste zusammen, dass Offenheit, Ehrlichkeit, gute Vorbereitung, gute Vorlagen, klare Zielvorstellun­gen, kla­res und verständliches Betriebskonzept wie auch eine emotionsfreie Darstellung der Maßnahme sehr wichtig sind.

Kooperativ zeigen

Helmut Ellerbrok-Kubach, LLH-Bildungsseminars Rauischholzhausen, moderierte eine Diskussion zum Erfahrungsaustausch, bei der es um Kommunikation und Gesprächsführung in schwierigen Situationen ging. Dabei zeigte sich, dass man früh Kontakt zu Organisationen und Behörden wie Bauernverband, Landwirtschaftsämter, Bauamt, LLH knüpfen sollte. Er stellte fest, dass eine Kommunikationsstrategie, wozu ein vorbereitetes und strukturiertes Gespräch gehöre, wichtig für den Erfolg des Bauvorhabens sei und empfahl folgende Phasen eines Bauvorhabens zu unterscheiden:

  • Kontaktphase: Begrüßung, positive Atmosphäre erzeugen.
  • Informationsphase: Benennen des Themas, des Gesprächs­zie­les, der Punkte, die besprochen werden und des Zeitrahmens für das Gespräch.
  • Bearbeitungsphase: Die einzelnen Punkte werden angesprochen und abgearbeitet.
  • Beschlussphase: Es wird vereinbart, wer sich bis wann um was kümmert.
  • Abschlussphase: Es wird ein gu­ter Ausklang des Gesprächs angestrebt.

Wichtig sei es, in Gesprächen Befürchtungen und Ängste der Kritiker nicht zu ignorieren, sondern diese ernst zu nehmen und eine Kooperation anzustreben. Das erfordert jedoch Transparenz und eine angepasste Kommunikationsstrategie.

 – LW 12/2013