„Bedingt zufriedenstellend“

Erntegespräch in Homberg im Vogelsbergkreis

Je nach Standort in Hessen gab es große Unterschiede bei den Erträgen der diesjährigen Getreideernte zwischen 6 und 30 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. Karsten Schmal (Waldeck), Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes (HBV), machte dies mit dem Vorsitzen­den des Kreisbauernverbandes Vogelsberg, Kurt Wiegel am vergangenen Freitag in Homberg (Ohm)-Bleidenrod deutlich.

Im Milchviehstall des Betriebes Lein, von links: Nikolas Lein, Volker Lein, Christoph Lein, HBV-Präsident Friedhelm Schneider, HBV-Vizepräsident Karsten Schmal, Dr. Jörg Möser (Raiffeisen Alsfeld), KBV-Vorsitzender Kurt Wiegel und Kreislandwirt Andreas Kornmann.

Foto: Günther Krämer

Die Getreideernte ist auch in den höheren Lagen bis auf weni­ge Restflächen beim Hafer abgeschlossen. Die Ernte von Kartoffeln und Zuckerrüben steht nun an. Dem Silomais hat der Regen der vergangenen Tage noch etwas geholfen. So eröffneter Kurt Wiegel, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Vogelsberg, das Erntegespräch 2015 in Bleidenrod auf dem Betrieb der Familie Lein. „Wir haben uns in diesem Jahr mit dem Resümee etwas Zeit gelassen“, meinte Wiegel. „Die Ernte ist eingebracht – die Zahlen liegen auf dem Tisch. Es sind nicht die besten. Aber mehr war den schwierigen Umständen bedingt, nicht zu erwarten.“

Dem Vogelsberg geht Kaufkraft verloren

Klaus Peter Mütze, Leiter des Amtes für den ländlichen Raum beim Vogelsbergkreises, machte bei seinem Vortrag deutlich: Die landwirtschaftlichen Betriebe haben sich in den letzten 20 Jahren erheblich reduziert. Im Vogelsbergkreis seien von über 6 800 auf 1 509 Betriebe zurückgegangen. Dementsprechend sind die verbleibenden Betriebe größer geworden.

50 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche im Kreis (67 000 ha, davon 34 000 ha Grünland mit einem Zuwachs von 300 ha im Jahre 2014) werden mittlerweile von den 200 größten Betrieben bewirtschaftet.

Auf den Ackerflächen wurden etwa 10 000 ha Winterweizen, 5 500 ha Wintergerste, 6 500, 1 600 ha Sommergerste, 700 ha Roggen geerntet. Die Getreideflächen betragen etwa 22 000 ha. – Die Stilllegungsflächen im Kreis betragen 1 144 ha. Maisanbau erfolgt auf 3611 ha. Damit wurde in etwa wieder die Fläche auf 1988/90 erreicht (gegenüber 2012 mit über 4 000 ha allerdings ein Rückgang um circa 250 ha). Nur noch mäßig sind die Anbauflächen für Futterrüben). Im Vogelsbergkreis gibt es nur noch etwa 320 Milchbauern, die 1,07 Mio. Liter Milch im Jahr liefern, erklärte Mütze. Er machte deutlich, dass ein Cent weniger am Milchpreis nicht nur ein Verlust für den Landwirt entsteht, sondern insgesamt auch erhebliche Kaufkraft dem Vogelsbergkreis verloren geht.

Milch- und Schweinepreise sind im Keller

Die Milchviehhalter können einen Preisrückgang nicht kompensieren; sie sind gezwungen die Zahl der Milchkühe zu erhöhen. Nicht 80 Milchkühe, sondern 250 bis 300 Milchkühe müs­sen gehalten werden, um letztlich einigermaßen wirtschaftlich über die Runden zu kommen, so Mütze weiter. Die Spirale dreht. Handel und Verbraucher sowie die Agrarpolitik bestimmen letztlich die Organisation der Landwirtschaft. Das kann auf Dauer nicht funktionieren, sagte Mütze.

Die Milchpreise liegen derzeit 30 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die Schweinepreise sind um rund 20 Prozent gesunken. Für ein Ferkel werde 40 Euro bezahlt. Das kann kein landwirtschaftlicher Betrieb auf Dauer kompensieren, ergänzte HBV-Vizepräsident Schmal.

Im Getreidelager der Raiffeisen Alsfeld-Kirchheim das Erntejahr als durchschnittlich aber mit guten Qualitätsparametern festgestellt werden. Geschäftsführer Dr. Jörg Möser, wies darauf hin, dass von der Landwirtschaft wegen der Trockenheit beim Getreide höhere Ertragseinbußen erwartet wurden. Das ha­be sich nicht eingestellt. Rund 66 000 t sind 2015 aus der Getreide- und Rapsernte angenommen und eingelagert worden. In den letzten Jahren habe man dem Anbau von Getreidesilos eine Kapazitätsausweitung und technische Erneuerungen vorgenommen, die der Landwirtschaft bei der Anlieferung zugute gekommen ist. Schnellere Abfertigung. Die Preisentwicklung sei allerdings auf den Getreide- und Ölsaatenmärkten rückläufig.

Das Grünland habe unter dem fehlenden Regen im Frühjahr und Sommer gelitten, erläuterte Schmal weiterhin. Die Tierhalter wissen nicht, wie sie das Vieh im Winter versorgen sollen. Der Hessische Bauernverband habe daher eine Grundfutterbörse eingerichtet.

Krämer  – LW 37/2015