Behälter spundvoll halten

Jungweinschwefelung, Abstich und Entsäuerung

Als wichtigste Maßnahme gegen Ende der alkoholischen Gärung gilt das Beifüllen der Gebinde bis zum Spundloch. Luftkontakt, wie er durch die Abkühlung der Behälter, vorkommen kann, soll dadurch unterbunden werden. Denn der Sauerstoff kann den Alkohol im Wein wieder zu Acetaldehyd oxidieren, mit der Folge eine negativen Schwefelbilanz. Auch negative Milchsäurebakterien, Lactobacillen und Pediokokken, sowie Essigsäuerbakterien benötigen Sauerstoff für ihren Stoffwechsel und können Weinfehler verursachen. Nach dem Beifüllen sind die Behälter tunlichst spundvoll zu halten. Alternativ ist eine zeitlich befristete Überlagerung mit Kohlensäure oder Stickstoff möglich.

Beim 2013er Jahrgang war Entsäuerung notwendig.

Foto: Marbé-Sans

Zum Zeitpunkt der Jungweinschwefelung gibt es verschiedene Überlegungen. Zunächst muss der Abbau von Gärungsnebenprodukten (Acetaldehyd, Brenztraubensäure, 2-Ketoglutarsäure) abgewartet werden. Unter reduktiven Bedingungen (spundvoll) wird der Gehalt der Gärungsnebenprodukte reduziert, was die Schwefelbilanz verbessert. Eine frühe SO2-Gabe, sieben Tage nach Gärende, gibt mikrobiologische Sicherheit, dagegen ist die Weinreifung etwas gehemmt. Eine späte Schwefelung, zwölf Wochen nach Gärende, beschleunigt die Weinreifung, erhöht aber das mikrobiologische Risiko.

Die Ermittlung der richtigen SO2-Menge hängt davon ab, wie hoch der Gehalt an Gärungsnebenprodukten ist, von der SO2-Bildung durch die Weinhefen während der alkoholische Gärung und dem pH-Wert des Weines. Bei gesundem Lesegut und niedrigen pH-Werten reichen SO2-Gaben von 8 g/hl bei Weiß- und Roséweinen aus, um einen Gehalt an freier SO2 von 35 bis 50 mg/l zu erreichen. Bei Weinen aus faulem Lesegut oder restsüßen Weinen sind erhöhte Gaben von 10 bis 15 g/hl eher sinnvoll. Auch hier gilt das Ziel einer freien SO2 von 35 bis 50 mg/l. Die Stabilität des SO2-Spiegels ist ein bis zwei Tage nach der Schweflung nochmals zu überprüfen.

Jungwein kann auf der Feinhefe gelagert werden

Eine gute Mostvorklärung vorausgesetzt, ist der Zeitpunkt des ersten Abstichs nicht mehr so entscheidend wie in der Vergangenheit, wo große Mengen an Mosttrub mitvergoren wurden. Bei gesundem Lesegut kann der Jungwein durchaus für bis zu zwölf Wochen auf der Feinhefe gelagert werden. Dabei gibt die Hefe Eiweiss, Fettsäuren und andere Inhaltsstoffe an den Wein ab, was die sensorischen Eigenschaften wie Mundgefühl und Dichte weiter steigern kann. Dazu sollte die Hefe in Schwebe gehalten werden, um diese Autolyse zu verbessern. Das periodische Aufrühren der Feinhefe (maximal 1 x Tag, mindestens 1 x Woche) kann durch ein langsam laufendes Rührwerk (Frequenzumrichter) oder vorsichtiges Umpumpen vom Restablauf zum Spundloch erreicht werden. Bei kleinen Holzfässern kann manuell mit einem Edelstahlstahl-Stab („Löffel“) die Hefe aufgerührt werden.

Entsäuerung mit Kalk oder Kaliumhydrogencarbonat?

Der aktuelle Jahrgang ist geprägt von erhöhten Gesamtsäuregehalten. Wenn keine Mostentsäuerung im Herbst durchgeführt wurde, besteht in der Regel noch Entsäuerungsbedarf. Neben dem Biologischen Säureabbau ist die chemische Entsäuerung ein probates Mittel, um die Gesamtsäure zu reduzieren. Je nach Entsäuerungsumfang und eingesetztem Kalktyp kann unterschieden werden in einfache Entsäuerung mittels Calciumcarbonat oder Kaliumhydrogencarbonat oder Doppelsalzentsäuerung mittels DS-Spezialkalk.

Um den richtigen Entsäuerungsumfang und das geeignete Verfahren zu bestimmen, sind die im Wein vorliegenden Verhältnisse an Wein- und Äpfelsäure zu beachten. Je nachdem, ob im Moststadium bereits eine Entsäuerung durchgeführt worden ist oder nicht, ist ferner der zu erwartende Weinsteinausfall unterschiedlich hoch. Die analytischen Werte sind von Wein zu Wein sehr verschieden, daher sollte vor jeder Entsäuerungsmassnahme eine Analyse von pH-Wert, Gesamtsäure, Wein- und Äpfelsäure im Fachlabor erfolgen. Ziel ist eine einmalige Säurekorrektur direkt auf den Endwert. Dazu dient am besten ein Vorversuch, weil die analytischen Werte von den Vorjahren wahrscheinlich nicht zutreffen werden. Letztendlich entscheidet der Geschmack, die Analysenwerte liefern nur Anhaltspunkte.

Bei der Entsäuerung mit Calciumcarbonat setzt die sensorische und analytische Säureminderung sofort ein. Der gebildete Weinstein in Form von Calcium-Tatrat benötigt sechs bis acht Wochen Wartezeit bis zur vollständigen Ausfällung. Die Reaktion kann weder durch Kälte beschleunigt, noch durch Zusatzstoffe wie Metaweinsäure oder CMC verhindert werden. Vorteilhaft ist, wenn die berechnete Menge an CaCO3 nicht in das Gesamtvolumen gegeben wird, sondern in eine Teilmenge von 25 Prozent. Nach einer Einwirkzeit von einer Viertelstunde wird die Restmenge dazugegeben. Durch den stark erhöhten pH-Wert und die höhere Ionenkonzentration wird die Reaktion intensiviert. Außerdem wird die größere Teilmenge etwas geschont.

Die Praxis gibt der Entsäuerung mit Kaliumhydrogencarbonat häufig den Vorzug, weil hier kein Calciumtatrat entsteht, sondern „echter“ Weinstein (Kaliumhydrogentatrat). Letzterer lässt sich durch Kälte relativ schnell ausfällen. Im Unterschied zum Calciumcarbonat tritt hier die sensorische Säureminderung nur um 50 Prozent nach der Zugabe ein, die analytische aber erst zeitlich verzögert nach Auskristallisa­tion des KHT. Beim Einsatz von Kalinat sollte auch beachtet werden, dass die Weinsäure nur auf einen Endwert von 1,5 g/l reduziert wird. Zusätzliche Mengen an Kalium wirken dann als Puffer.

Die Doppelsalzentsäuerung sollte, sofern überhaupt notwendig, bevorzugt im Most angewendet werden, weil es im Wein nicht schonend eingesetzt werden kann. Um Aromaverluste durch Rühren und Filtration möglichst gering zu halten, sollte sie bei niedrigen Temperaturen erfolgen. Die Notwendigkeit zur Doppelsalzentsäuerung ergibt sich dann, wenn für die gewünschte Entsäuerungsspanne nicht genügend Weinsäure zur Verfügung steht. Dabei sollte ein Restweinsäuregehalt von 1 bis 1,5 g/l (gesetzlicher Wert 0,5 g/l) als Sicherheit einkalkuliert werden. Hierzu ein Beispiel:

  • Wein A mit 9,0 g/l GS und 4 g/l WS soll um 2,5 g/l auf eine Endsäure von 6,5 g/l entsäuert werden. Einfache Entsäuerung mit CaCO3 ist ausreichend (Aufwandmenge 2,5 x 67 g/hl)
  • Wein B mit 9,0 g/l GS und 2,5 g/l WS soll um 2,5 g/l auf eine Endsäure von 6,5 g/l entsäuert werden. Eine einfache Entsäuerung mit CaCO3 ist nicht ausreichend, weil dadurch der Restweinsäuregehalt auf 0 g/l reduziert werden würde. Deshalb Doppel­salzentsäuerung erforderlich mit einer Aufwandmenge von 2,5 x 67 g/hl DS-Spezialkalk, Teilmenge % = 2,5 / (9,0 – 3) = 41,6 %.

Eine fehlerhafte Durchführung der Doppelsalzentsäuerung führt dazu, dass mehr Weinsäure entfernt wird als berechnet und dass deshalb überschüssiges Calciumcarbonat im Wein gelöst bleibt. Erhöhte Calcium-Werte ab etwa 200 mg/l können zu einem unangenehmen, papierartigen Geschmack führen. Aber vor allem kann es durch Verschnitte mit weinsäurehaltigen Partnern (Weine, Süßreserven) wieder zu Kristallausscheidungen kommen. In diesem Fall muss nach einem solchen Verschnitt, wie nach einer Entsäuerung, eine Wartezeit von sechs bis acht Wochen bis zur Abfüllung eingehalten werden. Bei erhöhten Calcium-Werten (Normalwerte 70 bis 100 mg/l) ist auch eine Ausfällung mit der DL-Weinsäure unter Aufsicht eines Oenologen (Labor) erlaubt.

Die Ausscheidung der Kristalle dauert bestenfalls vier bis sieben Tage, aber auch Zeiträume bis zu vier Wochen wurden in der Praxis beobachtet. Alternativ zur DL-Weinsäure kann auch Dikaliumuvat verwendet werden, dass eine schnellere und sichere Caliciumstabilisierung ermöglichen soll. Die notwendigen Aufwandmengen an DL-Weinsäure oder Dikaliumuvat bestimmt das Weinlabor.

Igelförmige Calcium-Malat-Tatrat entstanden nach der Doppelsalzentsäuerung.

Foto: Marbé-Sans

Entscheidung für oder gegen Biologischen Säureabbau (BSA)

Vor der Entscheidung für einen BSA steht die Frage, ob dieses Entsäuerungsverfahren zum entsprechenden Weintyp passt. Weißweinsorten, wie Chardonnay, Weiß- und Grauburgunder sind für den BSA gut geeignet und werden international so hergestellt. Beim Riesling wird man, wenn überhaupt nur eine Teilmenge mit dem BSA entsäuern, die dann zum Rückverschnitt genutzt werden kann.

Beim Biologischen Säureabbau wird durch Milchsäurebakterien der Gattung Oenococcus oeni die Äpfelsäure zur weicher schmeckenden Milchsäure und CO2 umgesetzt. Dabei entstehen aus 1 g Äpfelsäure rund 0,67 g Milchsäure. Die titrierbare Gesamtsäure erniedrigt sich on der Praxis um rund 50 Prozent. Für einen erfolgreichen BSA sollte der Wein auf 15 bis 20 °C temperiert werden. Der pH-Wert sollte zwischen 3,2 und 3,5 liegen und die freie SO2 darf einen Wert von 15 mg/l nicht überschreiten. Weine mit mehr als 4 g/l Restzucker oder Weine aus faulem Lesegut sind aufgrund mikrobiologischer Gefahren für den BSA eher ungeeignet.

Im Sinne einer Qualitätssicherung sollte vor und nach dem BSA eine Kontrolle der Gesamtsäure, Äpfelsäure und Milchsäure im Fachlabor erfolgen. Beginn und Abschluss des BSA lassen sich am Äpfelsäuregehalt beziehungsweise Milchsäuregehalt ablesen. Dabei zeigen Äpfelsäuregehalte von kleiner 0,5 g/l zeigen das Ende vom BSA an. Auch hier ist der Einsatz von Starterkulturen zu empfehlen. Die am Markt verfügbaren Stämme bieten die Sicherheit auch bei niedrigeren Temperaturen und pH-Werten sowie erhöhten Alkoholgehalten den Säureabbau rasch zu vollziehen.

Der BSA verleiht den Weinen in der Regel mehr Dichte und Fülle. Die Komplexität der Weine wird durch buttrige, nussige und leicht süßliche Aromen erhöht. Der BSA verbessert die mikrobiologische und chemische Stabilität der Weine durch den Abbau von Gärungsnebenprodukten. Gegenüber der chemischen Entsäuerung gilt der BSA aber schwieriger zu steuern. Vor allem gilt es die Gefahr von Weinfehlern wie Essigsäurebildung und Diactely zu vermeiden. Letztere sind aber in der Regel nur bei spontan einsetzenden BSA bei pH-Werten > 3,5 durch Lactobacillen und Pediokokken zu beobachten. Der BSA verursacht etwas höhere variable Kosten (0,02 Euro/l) als die chemische Entsäuerung mit Kalk (2 Euro/kg CaCO3).

Entsäuerung bis zum 15. März des folgenden Jahres

Eine Entsäuerung darf nur in Most oder Jungwein bis zum 15. März des auf die Ernte folgenden Jahres durchgeführt werden. Auch die mehrmalige Entsäuerung ist möglich. Wichtig ist dabei, dass es sich noch im Jungwein handelt, das heißt der Wein ist noch nicht vollständig von seiner Hefe getrennt. Die Definition von Jungwein wird in diesem Zusammenhang sehr weit gefasst, sodass auch der bereits einmal abgestochene Wein als Jungwein entsäuert werden darf, sofern er noch eine leichte Trübung durch Hefen aufweist. Der Jungwein ist im Kellerbuch oder in den Begleitpapieren beim Fassweinverkauf entsprechend zu deklarieren. Nach dem 15. März dürfen Weine nur maximal um 1 g/l feinentsäuert werden. Zugekaufte Weine dürfen aber zu keinem Zeitpunkt entsäuert werden.

Dr. Dietrich Marbé-Sans – LW 50/2013