Beobachtungs- und Zieloptik für Drück- und Bewegungsjagden
Beim Kauf auf Lichtstärke, Sehfeld und Handhabung achten
Die für Pirsch und Ansitz auf den Repetierer, der Doppelkugel- oder kombinierten Waffe angebrachten Beobachtungs- und Zieloptiken als Fernglas oder Zielfernrohr werden häufig auch für den Einsatz auf der Bewegungsjagd genutzt. Denn diese unterscheidet sich, wenn sie fachgemäß geplant, organisiert und ausgeführt ist, nur dadurch von der Ansitzjagd, dass Wild nicht aus eigenem Antrieb, sondern von Treibern und Hunden auf großer Fläche und optimaler Weise nur langsam bewegt wird und bei Tageslicht vor die Büchse des wartenden Jägers kommt.
Anders ist dies auf den Drückjagden. Deren enge Stände und schmale Schneisen sind oft nur mit „flintenmäßiger“ Reaktion der Schützen zu meistern. Dort machen Doppel- oder Selbstladebüchsen oder schnelle Repetierer ohne ein Zielfernrohr manchmal einen besseren Eindruck als mit einem „dicken“ 56er Zielglas bestückte Ansitzwaffen.
Großes Sehfeld ist in Situationen mit wenig Büchsenlicht wichtig
Auch ist auf Drückjagden ein Fernglas unüblich, was aber nicht heißt, dass man nicht doch eines mitführen sollte – ein kleines, leichtes „für alle Fälle“.
Wer sich für den Ansitz durch hoch vergrößernde Optik mit einem dafür zwar gut geeigneten, aber schweren 12- oder 15-fachen Fernglas samt dem für Nachtansitz und Dämmerung optimierten Zielglas 6-24x72 spezialisiert hat (wobei bereits ein gängiges 8x56 oder das Standard am Ansitz darstellende Zielfernrohr 3-12x56 auf bewegten Jagden zuviel des Guten sein kann), der muss den besonderen Umständen der Bewegungs- oder Drückjagd Rechnung tragen: Die werden stets am Tage und bei bestem Büchsenlicht abgehalten.
Lediglich „mittlere“ Beobachtungs- und Schussdistanzen kommen vor, doch liegt der Fokus viel eher auf „Weitwinkelsehen auf Kurzdistanz“. Das Fernglas dafür braucht also weder übertrieben lichtstark noch hoch vergrößernd sein. Dagegen muss das Sehfeld groß sowie Handhabung und Gewicht als bequem und leicht empfunden werden.
Handhabung und Anschlag erfordern kompakte Ausführung
Der zügige Anschlag des flüchtigen Schusses fordert ein nicht störendes, nicht voluminöses Fernglas, das möglichst nicht hoch auf der Brust getragen wird (wo es beim Anschlag stört) und auch nicht vor dem Bauch (wo es mit der auf den Knien liegenden Waffe kollidiert) und auch nicht auf dem Sitz abgelegt (dort kann es um- oder herunterfallen oder wird in Eile doch nicht schnell genug gefunden), sondern vorteilhaft am langen Umhängeriemen, am besten seitlich an der Hüfte getragen.
Diese von Praktikern schon lange auch auf der Pirsch genutzte Trageweise ermöglicht einen raschen, zur Not einhändigen Zugriff und wer nach dem Ansprechen sehr schnell schießen muss, lässt das Fernglas einfach ohne Schaden und geräuschlos in den langen und elastischen Neoprenriemen fallen.
Absehen bei Zielfernrohren für Bewegungsjagden
Das Zielfernrohr für die Bewegungsjagd sollte ein deutlich abgegrenztes, visuell klar zum Zentrum des Sehfeldes und damit zum Ziel hinleitendes Absehen aufweisen. Es haben sich gegenüber den normalen schwarzen sowie gegenüber den speziell für den Schuss auf beÂwegtes Wild konzipierten nur-schwarÂzen, das heißt unbeleuchteten Absehen vor allem die kräftig beleuchteten „Tag- und Nacht-Absehen“ in verschiedenen Formen und Versionen durchgesetzt. Der lange selbst unter erklärten Fachleuten schwelende Streit „einerseits Zielfernrohre mit einem Tag- und Nacht-Leuchtabsehen (wie Zeiss Varipoint oder Schmidt und Bender Flash Dot) und andererseits Rotpunktzielgeräte (wie Aimpoint, Doctersight II oder Zeiss Z-Point)“ ist in der Praxis längst entschieden und läuft auf eine Spezialisierung hinaus: Denn Rotpunktzielgeräte können nur dann ihren Vorteil einer schnellen Zielakquisition leisten, wenn das Stück nicht angesprochen werden muss. Das ist aber nur zum Beispiel auf der Nachsuche der Fall oder wenn es auf winterlichen Saujagden nur den Frischlingen gilt.
Bei anderen Gemeinschaftsjagden auf Schalenwild ist sauberes Ansprechen nach Alter, Geschlecht und SozialÂstruktur dagegen unabdingbar. Weil das Ansprechen jagdartbedingt jedoch nicht immer leicht mit einem Fernglas erfolgen kann, sind gute Qualität und ausreichende Vergrößerung des Zielmittels wichtig.
Drückjagd-Zielglas mit stabiler Mechanik
Welchen Zielglastyp man nun für die Drückjagd oder die Bewegungsjagd auswählt, hängt von taktischen und örtlichen Gegebenheiten ab und das unabÂhängig davon, ob ein „Erstglas“ auf eine Drückjagdwaffe oder ein „Zweitglas“ auf die Alltagswaffe montiert werden soll. „Zweitglas“ ist übrigens aus technischer Sicht ein recht unpassender Begriff, denn das Zweitglas wird im Gebrauch zum „Erstglas“ und hat dessen sämtliche (gute) Eigenschaften zu haben. Andererseits sagt „Zweitglas“ durchaus richtig, dass die TageslichtnutÂzung keine (so) hohen optischen Ansprüche stellt und deswegen ein Drückjagd-Zielglas etwas preisgünstiger sein könnte. Dagegen muss seine Schussfestigkeit und Rückkehrgenauigkeit des Absehens sowie allgemein eine gute Mechanik vorausgesetzt werden.
Von den Nenndaten gibt der Markt alles her, was unter den veränderten Jagdverhältnissen heute praktisch ist und darüber hinaus einiges mehr. Die früher Standard bildenden 1,5- und 2,5-fachen Zielgläser mit häufig nur 15 oder 18 mm Objektiven mussten 1,1-/1,5-fachen bis 4-/4,5-fach Variablen mit 20 oder 24 mm Objektiv weichen. Denn bei der Jagd soll die jeweils bestmögliche Technik nicht in erster Linie den Beute- oder Trophäenerfolg des Jägers steigern, sondern die immer besser werdende Technik dient dem Tierschutz und der Waidgerechtigkeit, um das Wild rasch und ohne unnötige Schmerzen aus der Wildbahn nehmen zu können.
Welcher Objektivdurchmesser in der jeweiligen Situation ideal ist
Zielfernrohre für die Bewegungsjagd ermöglichen das für unbeteiligte und beteiligte Teilnehmer an den Jagden „sichere“ Ansprechen und die Auswahl der „richtigen“ Stücke. Wobei keinesfalls dem gefährlichen „Abglasen“ des Geländes mit dem auf der schussbereiten Waffe sitzenden Zielfernrohr das Wort geredet werden soll. Gemeint ist richtiges Ansprechen im Zuge des Anvisierens. Dazu trägt auch die hohe Vergrößerung bei, welche wegen der im Bestandsdunkel oft mangelnden Helligkeit einen größeren Objektivdurchmesser erforderlich macht, der wieder vorteilhaft die für gutes Sehen so wichtige Austrittspupille vergrößert. Waren zuvor für Drückjagden die kleinen Objektive Trumpf, so führten auch diese Anforderungen zur Nenngröße 1,5-6x42, welche zwar eine leichte unaufwändige Zielfernrohrdimension noch zulässt, aber bereits in den Bereich der mittleren Pirsch- und Ansitzzielfernrohre hineinreicht. Wer also keine ausgesprochenen Drückjagden in Aussicht hat sowie deren Anforderungen mit einer anderen Zieltechnik abarbeitet, der könnte für Bewegungsjagden sogar ein 2,5-10x42 oder 2,5-10x50 Ansitz-/Allroundzielfernrohr verwenden. Allerdings bleiben die etwa 1(,5)-4(6)fache Vergrößerungskombinationen die optimalen Daten für Drück- und gleichermaßen Bewegungsjagdgläser, bei jeweils 24 bis 42 mm Objektiven.
Beim Kauf nicht ins Extrem verfallen
Das Fernglas für die Bewegungsjagd kann das auf dem Ansitz geführte sein, sofern es nicht zu schwer und sperrig ist. Ein bereits für die Pirsch speziell angeschafftes ist meist kleiner und deshalb besser geeignet. Wer ein ganz kleines Fernglas im obigen Sinn haben möchte, sollte aber nicht ins Extrem verfallen und eines mit (zu) kleinen 25 oder gar nur 20 mm Objektiven kaufen.
Nicht dass solche per se schlecht wären, zumindest keine mit gutem Namen. Man muss aber an die für schwierige, schnelle Fälle, wie sie auf bewegten Jagden auftreten, zu kleine Austrittspupille denken. Die Größe der AustrittsÂpupille des Fernglases soll im Idealfall den gleichen Durchmesser haben, wie die Eintrittspupille des beobachtenden Auges. Nur dann wird die volle Lichtleistung des Fernglases auch vom Beobachter genutzt. Die „Leichtigkeit des Sehens“ hängt aber davon ab, so dass sich aus Erfahrung eine Austrittspupille (AP) von ungefähr 4 mm als ausreichend erweist.
Ein 7x30 (AP 4,3 mm) oder ein 8x32 (AP 4 mm) sind prima. 7x35 (5 mm), selbst 7x32 (4,6 mm) wären hier sogar noch besser. Nicht umsonst sind die Objektivdurchmesser von Ferngläsern mit den früher noch beliebteren Nenndaten 8x30 (AP 3,75 mm) überwiegend auf 8x32 (AP 4 mm) angewachsen.
Die durch das größere Objektiv des 8x32 im Vergleich zum 8x30 bedingte Unterschied von 0,25 mm Austrittspupille erscheint winzig, aber kann doch die erhebliche Differenz zwischen „vollem Sehfeld“ und „störende seitliche Abschattung“ ausmachen, besonders im schnellen, einhändigen Gebrauch. Was nicht heißt, dass die einhändige Benutzung eines Fernglases für gut gehalten wird. Jede Optik profitiert von einer möglichst stabilen Haltung. Gerade ein sehr leichtes Fernglas sollte möglichst zweihändig gehalten werden. Wenn aber nur eine Hand die Waffe hält und nur die andere Hand fürs Fernglas bleibt, kann dann ein kleineres Glas mit einer größtmöglichen Austrittspupille eher einen Beitrag zur Leichtigkeit bei zugleich hoher Präzision leisten.
Art der Nutzung bestimmt die Wahl des geeigneten Glases
Festzuhalten bleibt: So vielfältig wie der Einsatzbereich der Zieloptik auf der Jagd ist, so groß ist auch die Auswahl an Technik und Typen. Aber eines gilt für alle. Die Art der Nutzung bestimmt die Art des Fernglases. Benötigt man ein Fernglas für die Pirsch, den Ansitz bei Tageslicht, die Drückjagd oder für den routinemäßigen Revierbegang, so wird man sich für ein kompaktes Glas und einem Objektivdurchmesser zwischen 30 mm und 42 mm entscheiden. Ferngläser mit Objektivdurchmessern von mehr als 50 mm wird man eher beim späten Ansitz gebrauchen können sowie bei Wildtierbeobachtungen vom Hochsitz aus.
Reb – LW 52/2016