Berufsunfähig – was dann?

Die Arbeitskraft eines Landwirts ist sein größtes Kapital

Die Landwirtschaft hat sich zum kapitalintensiven Wirtschaftszweig entwickelt. Betriebliche Investitionen werden heute in der Regel mit hohem Fremdkapitaleinsatz finanziert. Der Abschluss einer Risikolebensversicherung zur Absicherung der Darlehen im Todesfal­le des Unternehmers wird von der kreditfinanzierenden Bank in aller Regel gefordert. Bei einem frühzeitigen Tod des Kreditnehmers während der Laufzeit des Darlehens ist zumindest die Darlehensrückzahlung gesichert. Nun gibt es aber eine ungesicherte Phase zwischen der vollen Leistungsfähigkeit eines Landwirts und dessen frühzeitigem Tod, beziehungsweise des regulären Bezuges von Altersrente.
 
Junge Landwirte und Hofnachfolger benötigen vor allem eine gute Absicherung ihrer Arbeitskraft durch Berufsunfähigkeits- und Risikolebensversicherung.

Foto: LW/Moennig

Die Rentenversicherungsträger bezeichnen diesen Abschnitt als Zeiten der Erwerbsunfähigkeit beziehungsweise Erwerbsminderung. Was passiert zum Beispiel mit einem Betrieb, in dem der 35-jährige Unternehmer einen Boxenlaufstall mit einer Fremdkapitalbelastung von 430 000 Euro errichtete und kurz nach der Fertigstellung des Stalles an einer Tierhaarallergie erkrankte? Der Stall schied somit auf Dauer als Erwerbsquelle und Motor für die Rückzahlung des Darlehens aus. In einem anderen authentischen Fall aus der Praxis errichtete ein 40-jähriger Landwirt einen Schweinemaststall mit einer Fremdkapitalbelastung von 320 000 Euro. Noch während der Bauzeit erkrankte er unheil­bar an Krebs. In jedem der Fälle hatten die Banken auf den Abschluss einer Risi­kolebensversicherung bestanden;  nur half diese Versicherung zunächst keinem der Landwirte weiter. Im ersten Fall konnte durch betriebliche Neuausrichtung, verbunden mit erheblichen wirtschaftlichen Problemen, über einen lan­gen Zeitraum der Boxenlaufstall, der nunmehr als Maschinenhalle diente, abbezahlt werden. Im zweiten Fall hatte der Unternehmer eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen, von der er eine monatliche Rente in Hö­he  von 2 000 Euro erhielt. Mit der Rente konnte er eine Ersatzkraft einstellen und den Betrieb über die ersten schwie­rigen Jahre hinüberretten. Das Risiko, vor Erreichen der Altersrente berufs- oder erwerbsunfähig zu werden, wird allgemein von vielen Er­werbstätigen nicht erkannt, verdrängt oder verharmlost. So wie jeder Raucher davon ausgeht, nicht an Lungenkrebs zu erkranken, glaubt eine große Zahl von Er­werbs­tä­ti­gen, nicht berufs- oder erwerbsunfähig zu werden. Das wahre Aus­maß dieser Fehl­einschätzung offenbart schonungslos die Statistik. Hiernach scheidet etwa ein Drittel der Erwerbs­tätigen aus gesundheitlichen Gründen vor Erreichen der gesetzlichen Altersrente frühzeitig aus dem Erwerbsleben aus. Nur ein gerin­ger Prozentsatz der Erwerbstätigen besitzt für solch einen Fall eine absichernde Berufsunfähigkeitsversicherung. Der PKW ist in der Regel über eine Kaskoversicherung geschützt. Der eigenen Leis­tungsfähigkeit, unabdingbar zum Versorgen der Familie und Erhalt des Betriebes, wird vielfach der für das Auto selbstverständliche Schutz verweigert. Daher: Rechtzeitige Vorsorge treffen, da niemand weiß, ob und wann es ihn „trifft“! Vor Abschluss von Versicherungen sollte grundsätzlich eine eingehende Analyse des abzusichernden Risikos stehen. Hier wäre zunächst der monatliche Einkommensausfall bei einer vorzeitigen Berufsunfähigkeit festzustellen, wobei ggf. Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit eingerechnet werden können.

Was ist zu tun?

Die Leistungen der landwirtschaftlichen Alterskasse, der gesetzlichen Rentenversicherung der Landwirte, sind im Falle einer vollständigen oder teilweisen Erwerbsminderung  äußerst bescheiden. Um überhaupt einen Anspruch auf vorzeitige Erwerbsminderungsrente zu begründen, müssen mindestens 60 Beitrags­monate nach­gewiesen werden. So erhielt ein 30-jähriger Landwirt, der fünf Beitragsjahre erfüllt hat und heute nach den Feststellungen der LAK erwerbsgemindert wäre, eine monatliche Rente von 280 Euro. Eine weitere Voraussetzung für die Rentenzahlung wäre aber, dass dieser Landwirt seinen Betrieb abgibt (Ãœbergabe oder Verpachtung auf mindestens neun Jahre). Zur Bestreitung des Lebensunterhaltes reicht diese Minirente bei weitem nicht aus. Existenzsichernd wäre hier eine private Berufsunfähigkeits­rente, die das fehlende Erwerbseinkommen ausgleichen würde. Eine private Berufsunfähigkeitsrente wird unabhängig davon, ob die gesundheitliche Beeinträchtigung auf einen Unfall oder auf eine Erkrankung zurückzuführen ist, gewährt. Im Regelfall zahlt die Versicherung die Rente ungekürzt, wenn der Versicherte infolge von Krankheit oder eines Unfalls, zumindest zu 50 Prozent dauerhaft außer Stande ist, seine beruflich bedingten Tätigkeiten auszuüben. Es können jedoch auch individuell hiervon abweichende Regelungen getroffen werden.  Die monatlich zu versichernde Berufsunfähigkeitsrente sollte nicht zu gering bemessen sein. Je nach persönli­cher und familiärer Situation sollte zumindest der nicht durch die gesetzliche Rentenversicherung abgedeckte monatliche Einkommensausfall versichert werden. Eine monatliche zu versichernde Rente sollte jedoch nicht unter 1 500 Eu­ro betragen. Der schleichenden Kaufkraft­entwertung sollte mit einer entsprechen­den Dynamik vorgebeugt werden. Oftmals empfiehlt sich, in dem Versicherungsvertrag eine Nachversicherungsgarantie zu vereinbaren. So besteht zu einem späteren Zeitpunkt, wie bei Heirat oder Geburt eines Kindes, die Möglichkeit, ohne weitere Gesundheitsprüfung die monatliche Rente zu erhöhen.


Berechnungsbeispiel

Die Laufzeit der Versicherung wird vielfach auf das 60. Lebensjahr abgeschlossen.  Hier wird beispielhaft dargestellt, welche monatlichen Beiträge bei einer Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1 000 Euro monatlich als Risikoversicherung für einen Landwirt mit einem Endalter von 60 Jahren zu zahlen wären, beim Eintrittsalter von:

  • 20 Jahre, Monatsbeitrag 34,90 Euro
  • 30 Jahre, Monatsbeitrag 40,20 Euro
  • 40 Jahre, Monatsbeitrag 47,00 Euro.

Bei einer Monatsrente von 2 000 Eu­ro würden sich die dargestellte Beiträge verdoppeln. Es empfiehlt sich aber, die Laufzeit nicht nur bis zum 60. Lebensjahr, sondern bis zum 65. Lebensjahr oder besser noch bis zum 67. Lebensjahr abzuschließen, da mit zunehmendem Alter das Risiko einer Berufsunfähigkeit überproportional zunimmt. Bei einer Verlängerung auf das 65. beziehungsweise 67. Lebensjahr verdoppeln sich leider wegen des erhöhten Risikos die zu zahlen­den Beiträge. Soll am Beitrag gespart werden, ist es besser, zumindest die Leistungsdauer bis 65 oder sogar bis 67 zu ver­einbaren und den Risikoschutz mit 60 Jahren zu beenden. Die Versicherung zahlt dann zwar nur, wenn die Berufsunfähigkeit bis zum 60. Geburtstag eintritt, die Rente läuft aber dann bis zum 65. oder 67. Lebensjahr je nach Vereinbarung. Die Versicherung sollte frühzeitig, das heißt, im Idealfall mit Beginn der Be­rufstätigkeit abgeschlossen werden. Hier sollte unbedingt eine Nachversicherungs­garantie und eine dynamische Anpassung vereinbart werden. Je früher solch eine Versicherung abgeschlossen wird, desto früher ist auch der Versicherungsschutz gewährleistet.
Ein Abschluss in jungen Jahren empfiehlt sich auch wegen der güns­tigeren Beitragsstruktur. Mit zunehmen­dem Alter besteht auch ein erhöhtes Risiko der sogenannten Vorerkrankun­gen. Gesundheitsfragen sind bei dieser Versicherung obligatorisch. Werden bereits bestehende Krankheiten arglistig verschwiegen, kann die Versicherung auch noch nach Jahren den Vertrag wegen Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten anfechten.  Es ist dann arg, wenn im Leistungsfall die Versicherung wegen arglistiger Täuschung nicht zahlt.

Vor dem Abschluss Rat einholen

Da man sich mit solch einer Versicherung im Regelfall auf Jahrzehnte bindet, sollte vor Abschluss professioneller Rat eingeholt werden. Über eine beachtliche Kompetenz in allen landwirtschaftlichen Versicherungsfragen verfügen die Versicherungsmakler der Bauernverbände. Steuerlich sind die Beiträge zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung im Rahmen der Höchstbeiträge bei den sonstigen Vorsorgeaufwendungen abzugsfähig. Rentenleistungen aus einer ungekoppelten Berufsunfähigkeitsversicherung sind vom Empfänger nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern. Auch für den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsrente gilt, erst umfassend informieren, dann Leistungen, Versicherungsbedingungen und Beiträge vergleichen. Friedrich Rudert, Dipl.-Hdl., Dipl.Bw.