Bessere Preise gefordert

BWV-Kreisversammlung Mainz-Bingen tagte in Wolfsheim

Kreisvorsitzender Ludwig Schmitt forderte in seinem Rückblick auf das trockene vergangene Jahr immer wieder höhere Preise, für Wein, Obst, Gemüse, Getreide und Milch. Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Peter Bleser, würde diese Forderung gerne erfüllen, derzeit sehe er jedoch nur eine Lösung: Durchhalten.

Ludwig Schmitt, Kreisvorsitzender des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd im Kreis Mainz-Bingen, wurde mit überwältigender Einheit wieder zum Vorsitzenden gewählt.

Foto: Setzepfand

„Wir konnten in Rheinhessen zwar eine durchaus gute Getreideernte 2015 einfahren, womit wir nicht gerechnet haben, der Wermutstropfen waren und sind allerdings die Preise für Getreide. Auch die Änderung der Zuckermarktordnung macht uns große Sorgen. Hier brauchen wir langfristige Perspektiven über Preise und Lieferbedingungen“, betonte Schmitt, der in einer geheimen Wahl einstimmig erneut zum Kreisvorsitzenden gewählt wurde.

Ausland verliert deutlich an Kaufkraft

Und Peter Bleser, der Parlamentarische Staatssekretär aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin, erwiderte: „Die Forderung nach höheren Preisen würde ich gerne erfüllen. Doch wir leben in einer Welt, die extrem unsicher geworden ist. Wir haben die Währung der EU retten müssen, wir haben Kriege in der Ukraine und in Syrien, die Flüchtlingskrise und dazu eine EU, die derzeit nicht überzeugt.“ Und da sei Deutschland, dem es bei all diesen Krisen relativ gut gehe, das extrem stark sei, wie die Nachbarländer immer wieder betonen, die uns das neiden. „Die Preise sind weltweit im Keller, ob Stahl, Öl, Getreide oder Wein. Es hängt alles zusammen“, sagte Bleser. „Die landwirtschaftlichen Betriebskosten steigen. Besonders der Mindestlohn treibt die Kosten in den Sonderkulturen in die Höhe. Auf der sozialen Seite hat man den Mindestlohn festgeschrieben. Warum nicht auch bei den Agrarpreisen ein Mindestpreis?“ fragte Schmitt. Auf der einen Seite gebe es eine festgeschriebene Sozialordnung und auf der anderen Seite einen freien Markt, wo die Marktmacht des Einzelhandels eine ganz gezielte Ausbeutung betreibe, besonders eine Ausbeutung der Landwirtschaft, konstatierte der frisch Gewählte. Diese Ausbeutung werde unbewusst durch die Verbraucher mit „Geiz ist Geil“ noch forciert. Dies spitze sich durch die Fusion von Tengelmann und Edeka noch zu. „Die fünf großen Lebensmittel-Einzelhandelsketten bestimmen, was der Verbraucher isst und trinkt. Sie beuten weltweit die Landwirtschaft aus“, fasste Schmitt zusammen. „Wir bräuchten keine Entwicklungshilfe und keine EU-Beihilfen für die Landwirtschaft, wenn alle kostendeckende Preise zahlen würden.“

„Durch die Kriege können sich die Russen und Nordafrikaner deutsche Lebensmittel kaum mehr leisten, der Rubel verlor stark an Wert“, erklärte Bleser.

Landwirtschaft hat eine Zukunft

„Und doch bin ich überzeugt, dass die Landwirtschaft eine Zukunft hat. Die Weltbevölkerung wird steigen, diese Menschen brauchen Nahrungsmittel, die sie nicht selbst anbauen können, da sie überwiegend in Städten wohnen. Wir sind Landwirte, Winzer oder Obstbauern, ja, Unternehmer und wir tragen das Marktrisiko“, entgegnete Bleser.

Beim Flächenverlust durch Ausgleichflächen fordere Schmitt seit mehreren Jahren ein Ende. Im Kreis Mainz-Bingen seien mehrere 100 ha an Ausgleichfläche, Sozialbrache und Ãœberflutungsflächen der Landwirtschaft weggenommen worden. Viele dieser Flächen werden nicht gepflegt. Das habe einen Rückgang der dortigen Biodiversität zur Folge. „Ich fordere, dass diese Flächen alle gepflegt werden. Wir Landwirte sind gerne bereit, für ein Entgelt bei der Pflege zu helfen. Denn die Pflege ist notwendig, um Schädlingen, wie der Kirschessigfliege, aber auch anderen Schädlingen und Krankheiten keine Vermehrungsflächen zu bieten“, schlug Schmitt vor.

„Ich verlange, dass die Landwirtschaft ihre Leistungen für Umwelt und Naturschutz anerkannt bekommt, ohne dass weitere Auflagen gemacht werden. Beschimpfungen der Landwirtschaft durch Umweltverbände und Behörden helfen der Umwelt nicht, sondern schaden ihr. Hier ist ein Dialog die bessere Lösung. Auch die Landwirtschaft muss geschützt werden vor zum Teil übertriebenen Forderungen der NGOs und einiger Politiker, sonst gibt es bald keine deutsche Landwirtschaft mehr“, bemerkte Schmitt und fuhr fort: „Es macht mich sehr wütend, dass immer mehr nichtlandwirtschaftliche Käufer bei Grundstücksgeschäften auftreten, um zu spekulieren. Siehe Dexheim, wo nicht nur die US-Kaserne sondern auch Agrarflächen durch einen Immobilien-Unternehmer beansprucht werden.“

Den Winzern riet Schmitt angesichts der EU-Vorgabe für Dauergrünland, unbestockte Rebflächen keine fünf Jahre brachliegen zu lassen, denn sonst können sie als Dauergrünland eingestuft werden.

Schauen Sie, dass Sie am Markt bleiben

Im Obstbau sei die Lage 2015 sehr verschieden gewesen. Die Trockenheit belastete viele Obstplantagen gewaltig. Durch den Trockenstress wurde der Ertrag reduziert, es entstanden qualitativ gute Früchte, die beim Steinobst zu einem besseren Preis als 2014 führten, beim Kernobst leider nicht. Deutlich zeigte sich der Unterschied zwischen Sand und Lehmböden in der Größe der Früchte.

Eine zusätzliche Belastung für die Betriebe sei die Dokumentationspflicht, vor allem beim Arbeitszeitgesetz. Bei den sensiblen Früchten in der Landwirtschaft müsse zeitgerecht geerntet werden. Denn dies entscheide über Sein und Nichtsein der Betriebe. Ãœberreife Früchte seien am Markt nicht mehr abzusetzen, klärte Schmitt auf. „Ich hoffe, dass wir auch in Zukunft unsere Region, unsere Betriebe und damit auch unsere Familienbetriebe in Rheinhessen weitere 200 Jahre positiv gestalten können“, schloss Schmitt seine Rede. Und Bleser gab folgende Ratschläge: „Reduzieren Sie die Kosten, schauen Sie, dass Sie am Markt bleiben und warten Sie bis bessere Zeiten kommen“. Als Zeichen der Solidarität habe der Staat 78 Mio. Euro in die Sozialversicherung investiert, 30 Mio. Euro zusätzlich für den Ländlichen Raum bereitgestellt und 69 Mio. Euro als kurzfristige Liquiditätshilfen für Schweinehalter zur Verfügung gestellt. Derzeit sei man mit Brüssel um 400 Mio. Euro am Verhandeln. Das wären höchstens 80 Mio. Euro für Deutschland. „Doch ich bleibe dabei: Die Weltbevölkerung wächst, die Jugend darf weiterhin eine Zukunft in der Landwirtschaft sehen“, fasste Bleser zusammen. Um die Diskussionen über die landwirtschaftliche Produktion in der Bevölkerung zu lenken, sei das Bundeslandwirtschaftsministerium dabei, ein Grünbuch aufzulegen. Mit Umweltverbänden, Kirchen und der Landwirtschaft wolle man so die Stimmung im Land verbessern und die Gesellschaft mitnehmen. Derzeit habe man folgende Ziele im Bundeslandwirtschaftsministerium: Die schwierige Marktlage zu überwinden, weiterhin Qualität auf hohem Niveau zu produzieren, den Tierschutz mit modernen Methoden verbessern und die Dörfer zu erhalten, beendete Bleser seinen Vortrag.

zep – LW 10/2016