Betrieb Bornemann in Rhenegge mit drei Standbeinen

Austausch mit dem Kasseler Regierungspräsidenten

Auf dem landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Bornemann in Diemelsee-Rhenegge trafen sich vergangene Woche Vertreter des Hessischen Bauernverbandes (HBV) und der Kommunalpolitik mit dem Kasseler Regierungspräsidenten Hermann-Josef Klüber. Der Jurist bekleidet seit September vergangenen Jahres dieses Amt und bereiste im Rahmen einer Sommertour verschiedene Betriebe und Projekte. In Rhenegge ging es um die Themen Wertschätzung der Landwirtschaft, um stabile rechtliche Rahmenbedingungen und um aktuelle Probleme wie beispielsweise die rückläufige Entwicklung der Tierhaltung in Hessen, die wachsende Zahl von Wölfen und deren Angriffe auf Nutztiere, die Umsetzung der Düngeverordnung und um die Versorgung mit schnellen Datenleitungen.

Gruppenbild mit (v. l.) Landrat Dr. Reinhard Kubat, Bürgermeister Volker Becker, Regierungspräsident Hermann-Josef Klüber, KBV-Vorstand Heiko Kieweg, HBV-Präsident Karsten Schmal, den KBV-Geschäftsführern Matthias Eckel (Frankenberg) und Stephanie Wetekam (Waldeck) und der Familie Bornemann. Auf dem Mähdrescher KBV-Vorsitzender Olaf Fackiner (Frankenberg).

Foto: Mohr

Mit dem Besuch wolle er zeigen, „dass wir auf Ihrer Seite stehen“, und ein Gegengewicht zu den ideologisch geführten Debatten bilden, sagte der Regierungspräsident. Klüber machte deutlich, dass er vor allem zuhören wolle, und forderte die Anwesenden dazu auf, ihre Probleme zu benennen.

Verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen

Für Betriebsleiter Karl-Friedrich Bornemann sind verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen entscheidend. Man könne beispielsweise nicht einfach einen bestehenden Schweinestall in einen Außenklimastall umbauen. Das sei betriebswirtschaftlich nicht möglich, werde aber in den öffentlichen Diskussionen gewünscht. Und am Ende werde an der Ladentheke ganz anders abgestimmt. Der Landwirt beklagte den Einfluss der Umwelt- und Tierschutzverbände auf die öffentliche Meinung und das politische Handeln. Beispielhaft nannte er die Diskussion um Glyphosat.

Sorge um rückläufige Tierhaltung

HBV-Präsident Karsten Schmal verwies auf die stark rückläufige Tierhaltung in Hessen, insbesondere die Schweinehaltung. Noch mehr Ferkel kämen aufgrund der aktuellen deutschen Regelungen zur Ferkelkastration und zur Sauenhaltung künftig aus dem Ausland. „Wir schießen uns aus der Produktion, wenn wir immer höhere Standards als das Ausland festlegen“, so Schmal. Auch er mahnte Planungssicherheit an. „Wir müssen Investitionen auf 20 Jahre abschreiben, da hat der Gesetzgeber aber schon dreimal die Rahmenbedingungen geändert.“ Mit Blick auf die Roten Gebiete im Rahmen der Düngeverordnung stellte er klar, dass es bei der Binnendifferenzierung um Gerechtigkeit gehe. Die Landwirtschaft sei nicht für jede Belastung verantwortlich.

Große Bedeutung für die Gemeinde

Für die Gemeinde Diemelsee sind die landwirtschaftlichen Betriebe von großer Bedeutung, wie Bürgermeister Volker Becker betonte. Man unterstütze die Landwirtschaft beispielsweise beim Wegebau. Allerdings wolle Hessen die Förderung hierfür zurückfahren, wie er beklagte. Die Versorgung mit einem leistungsfähigen Mobilfunknetz sei nicht gegeben und die Internet-Verbindungen nicht ausreichend. Hier verwies der Regierungspräsident auf die langwierigen Genehmigungsverfahren beim Bau von Funkmasten.

Der Landrat des Kreises Waldeck-Frankenberg, Dr. Reinhard Kubat, lobte die Familie Bornemann für ihr vorbildliches Wirtschaften. Die Gülleausbringung sei beispielhaft. Das sei vorsorglicher Grundwassersschutz. Olaf Fackiner, Vorsitzender des KBV Frankenberg, wies auf die Probleme infolge der zunehmenden Ausbreitung des Wolfes hin. Eine Weidetierhaltung werde nicht mehr möglich sein. Wolfssichere Zäune könne man vergessen, so Fackiner. Ein weiteres Thema waren die Stichtagsregelungen, beispielsweise beim Düngen. Sie seien nicht praxisgerecht, weil die Vegetation allein zwischen Süd- und Nordhessen zwei bis drei Wochen auseinander liegen. Hier müsse Flexibilität möglich sein.

Milchvieh, Mastschweine und Lohnarbeiten

Zuvor hatte Karl-Friedrich Bornemann seinen Betrieb, den er zusammen mit seiner Frau Silke und den Söhnen Tim und Steffen führt, vorgestellt. Nachdem der Hof 1963 ausgesiedelt wurde, erfuhr der Betrieb eine stetige Entwicklung und stützt sich heute auf drei Säulen: Milchviehhaltung, Schweinemast und Lohnarbeit. Die Milchviehhaltung besteht mittlerweile aus 125 Kühen, die eine durchschnittliche Leistung von 11 800 Kilogramm Milch im Jahr haben. Sie werden von zwei Melkrobotern gemolken.

Da der Stall zuletzt 2002 umgebaut wurde und weiterhin den Anforderungen entspricht, entschloss sich die Familie, auch weil die beiden Söhne auf dem Betrieb bleiben wollen, im Jahr 2015 in die Schweinemast zu investieren. Für die ausgesprochene Grünlandregion ist das ungewöhnlich. Allerdings verfügt der Betrieb neben den 100 Hektar Grünland auch über 120 Hektar Ackerland, so dass das Getreide über die Schweinemast verwertet werden kann, wie Bornemann betonte. Der Maststall hat 1 448 Plätze. Die rund 4 000 Schweine, die jährlich produziert werden, werden an Tönnies vermarktet. Die Ferkel bezieht der Betrieb komplett von einem 25 Kilometer entfernten Erzeuger.

Das dritte Standbein sind die Lohnarbeiten, die die Bornemanns für die Getreideernte, die Gülleausbringung, den Pflanzenschutz, die Aussaat, die Bodenbearbeitung und die Düngung anbieten. Hierbei helfen ihnen zwei Saisonarbeitskräfte. Außerdem erledigen die Bornemanns die Arbeiten in einem 70-Hektar-Betrieb im Rahmen eines Bewirtschaftungsvertrags.

„Wir verfolgen eine Kreislaufwirtschaft in unserem Betrieb“, betonte Karl-Friedrich Bornemann. Die Erzeugnisse von den Flächen werden über die Tiere veredelt und die Gülle bringen wir sehr emissionsarm und punktgenau auf den Flächen aus. Hierzu steht ein großes Güllefass mit 18,5 Kubikmeter Fassungsvermögen und mit einem 21 Meter breiten Schleppschlauchverteiler zur Verfügung, der bei den Besuchern Eindruck machte.

CM – LW 34/2020