Betriebsleiter aus Russland informieren sich in Deutschland
Delegation zum Informationsaustausch in Hessen
In den vergangenen Jahren nahm Russlands Landwirtschaft im eigenen Land an Bedeutung zu. In manchen Produktionsbereichen wechselte es vom Import- zum Exporteur. Einen großen Anteil daran haben die zum Teil im dortigen Bauernverband vertretenen FamilienÂbetriebe. Eine Delegation der „Vereinigung bäuerlicher Betriebe und Genossenschaften Russland“ (AKKOR) war in der vorletzÂten Woche zu Gast beim Hessischen Bauernverband in Friedrichsdorf.
Dort erfuhren sie einiges über die Landwirtschaft in Deutschland sowie die Organisation, Arbeitsweise und das vielfältige Dienstleistungsangebot des Bauernverbandes.
Informationen aus der Praxis, um die Privatlandwirtschaft auszubauen und zu stärken, sammelte man auch im Landkreis Fulda. Nicht erst seit dem Embargo erlebt die russische Landwirtschaft, die sich auf dem Weg zur Selbstversorgung befindet, ein wiedererstarken. Großinvestoren und Agrarholdings haben den Agrarbereich, nachdem er 1991 nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion an Bedeutung verloren hatte, entdeckt. Auch private Bauernbetriebe sehen in dem Aufholprozess von Agrarprodukten eine Chance, müssen sich aber weiterhin in vielen Bereichen organisieren. Sowohl ihre Höfe als auch weiterverarbeitende Betriebe von landwirtschaftlichen Erzeugnissen vertritt „AKKOR“.
90 000 Betriebe sind dem Verband angeschlossen
AKKOR vertritt rund 90 000 private Landwirte sowie landwirtschaftliche Kooperativen und private Nebenerwerbslandwirtschaften in der RusÂsischen Föderation. 8 000 von ihnen sind Mitglieder. Die Betriebsgröße umfasst im Mittel 130 ha, berichtete der die Gruppe begleitende Dr. Franz-Josef FeiÂter, Staatssekretär a. D. im Bundesministerium für Landwirtschaft sowie ehemaliger Generalsekretär des europäischen BauÂernverbandes (COPA).
Ferner informierte Dr. Monika Erath, Geschäftsführerin von „Agrar-Kontakte International“. Die russischen Bauern haben vor allem mit Problemen, wie ungeregelte Bodenverhältnisse, schwerer Zugang zu zinsgünstigen Krediten und einer schrumpfenden staatlichen Förderung im eigenen Land zu tun, da die Politik auf Großbetriebe setzt. Auch um Probleme, der sich immer weiter öffnenden Preisschere in der Landwirtschaft, der Vermarktung bäuerlicher Erzeugnisse, dem Verwaltungs- und Finanzdruck, den Schwierigkeiten der Landwirte beim Markteinstieg und dem Höfesterben.
Kontaktaustausch
seit neun Jahren
Der Deutsche Bauernverband (DBV) und AKKOR pflegen seit neun Jahren einen intensiven Kontakt. Mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft führt man Projekte wie dieser aktuelle gemeinsame Austausch sowie Schulungen und Beratungsmaßnahmen durch.
Dienstleister, Betriebe und Unternehmen besichtigt
Die unter der AKKOR-Vizepräsidentin Olga Baschmachnikova angereisten Kreisverbandsvorsitzenden, einem Ratsmitglied sowie den Geschäftsführern aus 70 regionalen russischen Bauernverbänden (ihnen sind 600 Kreisverbände angeschlossen) informierten sich während ihres einwöchigen Aufenthaltes beim Hessischen Bauernverband in Friedrichsdorf unter anderem in der Landwirtschaftlichen Rentenbank in Frankfurt, dem HessiÂschen Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht sowie in der Zucht- und Besamungsunion Hessen in Alsfeld.
Ihnen wurde die LBH-Steuerberatungsgesellschaft in Friedrichsdorf ebenso vorgestellt wie der Acker- und Milchviehbetrieb (Schulbauernhof/Landwirt des Jahres 2016) der Familie Dörr in Roßdorf, den Pfalzmarkt für Obst und Gemüse in Mutterstadt, die Odenwälder Winzergenossenschaft (mit Weinprobe) in Groß-Umstadt als auch das Funktionieren von hessischen Maschinenringen. Ausführliche Einblicke in die Arbeit der Raiffeisenwaren GmbH Kassel gab deren Vorstandssprecher Reinhard Stieglitz.
In Hünfeld stellte sich Geschäftsführer Thomas Hoenig bei einem Rundgang durch den Betrieb der Landwirtschaftlichen Vieh- und Fleischvermarktung Fulda-Hünfeld den Fragen der Gäste. Dabei handelte es sich unter anderem um den Aufbau dieser Genossenschaftsorganisation, deren Vertriebs- und Vermarktungswege, den Tierschutz, Hygienevorschriften und weiteren Vorgaben.
Dr. Hubert Beier, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Fulda-Hünfeld, informierte die Besucher aus Russland über Aufbau, Struktur und Aufgaben des Bauernverbandes zur Vertretung der Anliegen der Mitgliedsbetriebe.
Burkhardt – LW 44/2017